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Wird die Sharing Economy zum Problem für das Sportbusiness?

Wird die Sharing Economy zum Problem für das Sportbusiness?
geschrieben von Philipp Ostsieker

Sie sind ein elementarer Bestandteil im Sportbusiness: Dauerkarten. Dauerkarten gibt es seit vielen Jahrzehnten. Sie bieten den Vereinen vor jeder Saison eine sichere Einnahmequelle. Ein Branchenexperte stellt dieses Modell nun in Frage.

Michael Broughton ist Partner und Co-Gründer von Sport Investment Partners. Auf LinkedIn diskutiert der Experte umfangreich den Einfluss der Sharing Economy auf das Sportbusiness. Seine Ausführungen möchte ich in diesem Beitrag aufgreifen.

Wir Fans betrachten die Dauerkarte unseres Teams tatsächlich als Privileg. Das Konzept der Dauerkarte gibt uns die Möglichkeit jedes (Heim-)Spiel unseres Teams zu sehen. Dafür geben wir gerne eine große Summe Geld aus, um sicher zu gehen, immer dabei zu sein. Für dieses Recht stellen wir uns in Schlangen an oder lassen uns auf lange Wartelisten setzen.

Woran wir selten bis gar nicht denken: Das primäre Ziel des Klubs ist ein anderes. Denn die Teams nutzen das Saison-Ticket, um schon vor der Saison einen sicheren Umsatz zu generieren. Je nach Sportart erhalten die Klubs das Geld also schon mehrere Monate vor einem Event.

Wie beeinflusst die Sharing Economy den Sport?

Ein vergleichsweise junges Phänomen ist, verteilt über die verschiedene Branchen, die Sharing Economy. Laut Wikipedia ist diese „ein Sammelbegriff für Firmen, Geschäftsmodelle, Plattformen, Online- und Offline-Communitys und Praktiken, die eine geteilte Nutzung von ganz oder teilweise ungenutzten Ressourcen ermöglichen.“

Das Sportbusiness hat vorsichtig begonnen, diese Philosophie zu adaptieren. Die Adaption drückt sich bislang in Deals mit Unternehmen wie Uber aus. Beispiel: Manchester United. Das Ergebnis sind letztlich interessante Sponsorings, aber noch keine Game Changer.

Broughton verweist auf einen spannenden Podcast. In diesem diskutieren Bill Simmons und Ex-Ticketmaster CEO Nathan Hubbard das Phänomen Dauerkarte.

Hubbard behauptet im Gespräch, dass das Dauerkarten-Modell in Gefahr sei. Hubbard bezieht sich bei seinen Statement insbesondere auf den US-Sport. In drei der großen Ligen absolvieren die Teams zwischen 40 und 80 Heimspiele. Das Commitment, an allen Spielen teilzunehmen, ist tatsächlich sehr hoch. Die NFL profitiert bei nur acht Heimspielen innerhalb der Regular Season von einer gegebenen Verknappung.

Die Rolle von Ticketbrokern

Die Behauptung erscheint uns in Deutschland bei dem Gedanken an Traditionsvereine wie Borussia Dortmund oder Schalke 04 weit her geholt. Schließlich werden Dauerkarten hier oftmals nur vererbt. Aber könnte die These auch für den Fußball in Deutschland oder in Europa riskant werden?

Sehr viel Vorstellungsvermögen ist hierbei gar nicht erforderlich. Viele Klubs und Ligen verweisen darauf, dass sie frühzeitig ausverkauft sind und hohe Zuschauerzahlen haben. Sie ignorieren laut Broughton den Fakt, dass viele der Tickets von sogenannten „Brokern“ gekauft werden. Einige dieser Broker täten dies (semi-)professionell, andere sind „echte Fans“. Aber in beiden Fällen entsteht ein Maklerszenario.

Dauerkarteninhaber dürfen jedes Spiel besuchen. Dass sie dies tatsächlich auch tun, wird immer unwahrscheinlicher. Die Fälle, in denen Fans ihr Ticket, bezahlt oder unbezahlt, mit Freunden oder Fremden teilen, nehmen zu. In einigen Fällen erfolgt dies über Plattformen, die von den Klubs unterstützt werden. Beispiele sind SeatGeek, viagogo oder fanSALE. Dennoch erfolgen viele Verkäufe unter vier Augen. Wie hoch der Umfang ist, wissen die Klubs nicht. Die Technologie beschränkt sich meist auf die Prüfung, ob ein Ticket bereits genutzt worden ist. Datenauswertungen der Klubs zeigen vermutlich, dass die meisten Dauerkarten bei 90 Prozent der Spiele genutzt wurden.

Uber & Co. als Warnung?

Vermutlich berufen sich die meisten Klubs darauf, dass Fans trotzdem immer Dauerkarten kaufen werde und der Weiterverkauf oder das Teilen kein Risiko darstellen. Ein weiterer Blick auf das Beispiel Uber gibt zumindest einen Denkanstoß.

Das erste eigene Auto mit 17 oder 18 Jahren, ist eigentlich zum festen Ritual geworden. Schaut man auf die Straßen, scheint sich dies nicht geändert zu haben. Der internationale Aufstieg von Anbietern wie Uber, Lyft und auch Diensten wie car2go setzen das klassische Modell zumindest unter Druck. In den Städten entwickelt sich die Nutzung immerhin dahingehend, dass die On-Demand-Nutzung von Autos eine ernsthafte Alternative zum Besitzt eines eigenen Autos geworden ist.

Michael Broughton empfiehlt dazu zwei spannende Lesestücke (die ich ebenfalls empfehlen kann):

Zurück zur Sharing Economy im Sport: Sind in einer Welt, in der Zugang wichtiger ist als Besitz oder Eigentum ist, auch Dauerkarten noch unantastbar? Der Zugang zu einzelnen Spielen war vermutlich noch nie so herausragend wie heutzutage. Die Fülle an Ticketing-Plattformen schützt vielfältig den Stellenwert von Einzeltickets. Die Interessen der Menschen werden vielfältiger. Gleichzeitig wird die Zeit knapper.

Mit etwa 17 bis 20 Heimspielen sind Fußball-Klubs im Zweifel näher an der NFL als an MLB & Co.. Verbreitet Michael Broughton also etwas zu viel Panik? Kurzfristig sind vermutlich nur Ligen mit sehr vielen Spieltagen betroffen. Die Fußball-Manager sollten dennoch Modelle erwägen, die eine Alternative zum derzeitigen Modell bieten könnten.

Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.