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Sechs autonome Rollstühle, die jetzt schon smarter sind als fahrerlose Autos

geschrieben von Marinela Potor

Ja, ja, wir haben es verstanden! Die Autoindustrie bastelt eifrig an autonomen Fahrzeugen und vielleicht können wir uns auch in 20 Jahren fahrerlos durch die Gegend kutschieren lassen. Bis dahin können wir aber schon über die beeindruckenden Fähigkeiten dieser rasanten Vehikel staunen: autonome Rollstühle!

Während viele von uns bei fahrerlosen Autos darüber nachdenken, was sie alles mit ihrer freien Zeit im Gefährt machen könnten, haben die autonomen Systeme für viele Menschen existentiellere Auswirkungen. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität etwa können autonome Fahrzeuge den Alltag ungemein erleichtern. Das reicht von Patienten in Krankenhäusern über Menschen mit Behinderungen bis hin zu älteren Menschen.

Da viele aber nicht auf die ersten funktionierenden voll-autonomen Autos warten wollen, haben Universitäten, Tüftler, Start-ups und sogar erste Autobauer sich eine schnellere Lösung dafür überlegt: autonome Rollstühle.

Von der Steuerung über Gehirnströme bis hin zur Lenkung per App – der Kreativität in diesem Berich scheinen keine Grenzen gesetzt. Wir stellen euch sechs innovative Modelle vor.

Der autonome Rollstuhl, der Gedanken lesen kann

Ein intelligenter Rollstuhl, der sich per Augenbewegung steuern lässt und auch noch Gedanken lesen kann. Wovon Autobauer noch träumen, stellte die Freie Universität Berlin schon im Jahr 2011 (!) auf der  Internationalen Funkausstellung vor.

Der smarte Rolli ist mit Lasern und Kamerasensoren sowie einem Computer unter dem Sitz ausgestattet und kann so die Umgebung wahrnehmen, den Rollstuhl sicher lenken und Zusammenstöße verhindern.

Der absolute Clou sind aber die Steuerungsmöglichkeiten des autonomen Rollstuhls. Er lässt sich per Augenbewegung lenken. Dazu wird mit einer speziellen Kamera der Blickwinkel des Passagiers verfolgt. Soll der Rollsuhl nach links oder rechts fahren, blickt der Fahrer entsprechend nach links oder rechts. Bremsen funktioniert durch einen Blick nach unten, Beschleunigen durch einen Blick nach oben.

Noch abgefahrerner ist die Steuerung über das Gehirn. Der Rollstuhlfahrer trägt eine Kappe mit 16 Sensoren, die Aktivierungsmuster im Gehirn messen. Das System lernt, welche Gehirnströme zu welchen Fahrbefehlen gehören. Der autonome Rollstuhl kann so quasi durch “Gedankenlesen” gelenkt werden.

„Rolland“ passt Tempo ans Hindernis an

Noch älter ist das Konzept hinter „Rolland“, einem Projekt der Universität Bremen aus dem Jahr 2002.

Auch hier haben sich die Forscher intensiv mit der Frage beschäftigt, wie der Rollstuhl, Menschen mit eingeschränkter Mobilität im Alltag helfen kann. Herausgekommen ist eine Steuerung per Joystick, der die Geschwindigkeit automatisch je nach Hindernisssituation anpassen kann. Kommt der Rollstuhl an ein Hindernis heran, bremst er bespielsweise automatisch ab. Der Rollstuhl kann automatisch wenden, hat eine Assistenz zum Fahren durch Türen und arbeitet auch schon mit Spracherkennung.

Als erste Applikation wurde ein Fahrassistent implementiert, der die vom Benutzer per Joystick vorgegebene Geschwindigkeit je nach aktueller Hindernissituation anpaßt, so daß z.B. bei der Annäherung an ein Hindernis langsam abgebremst wird. Außerdem kann eine Unterstützung bei der Türdurchfahrt erfolgen, das automatische Wenden auf der Stelle ist ebenfalls bereits umgesetzt. Im nächsten Entwicklungsschritt wird die Funktionalität des Fahrassistenten unter anderem um die Möglichkeit der Spracheingabe erweitert.

Dafür, dass die Idee schon gut 15 Jahre alt ist – recht beeindruckend.

„Alleine“ die Umgebung erkennen

Mit dem autonomen Rollstuhl „Alleine“ (kreative Namensfindung scheint im Gegensatz zur Technologie offensichtlich nicht die Stärke der Forscher zu sein), verfolgt die Freie Universität Berlin einen weiteren interessanten Ansatz: Elektrische Rollstühle in autonome Rollstühle umzuwandeln.

Das funktioniert in drei Etappen: Hinderniserkennung, Lenkung durch den Fahrer und völlig autonome Steuerung.

Zur ersten Stufe wird der Rollstuhl wird dazu zunächst mit Kameras und Sensoren ausgestattet. Im Vergleich zum Vorgängermodell der FU, kann „Alleine“ beim Abfahren durch ein hauseigenes Programm die Umgebung automatisch in eine 3-D-Karte verwandeln, was das Navigieren um einiges angenehmer macht.

Im zweiten Schritt reagiert „Alleine“ auf Sprachbefehle, Gesichts- oder Mundbewegungen und ebenfalls auf neuronale Ströme.

In der letzten Stufe kann der autonome Rollstuhl sich dann völlig eigenständig im Raum bewegen.

Dieser Rollstuhl soll die Mobilität der Zukunft verändern

Auch in den USA arbeiten Forscher an der Entwicklung von autonomen Rollstühlen. Das MIT (Massachusetts Institute of Technology) hat unlängst ihre Version eines smarten Rollis vorgestellt.

Daniela Rus, die das Projekt nach einem Besuch in einem Altersheim ins Leben gerufen hat, sagt dazu in einem Interview mit WIRED: „Ich sehe diese Technologie als etwas, das jeden Menschen, der in seinen Bewegungen eingeschränkt ist, stark beeinflussen wird.“

Der autonome Rollstuhl des MIT soll mit drei LiDAR-Sensoren ausgestattet werden, ähnlich wie auch autonome Autos. Das Gefährt ist allerdings noch in der Entwicklung, soll aber bald schon einsatzfähig sein.

eChair: Der Selbst-Verfrachter

Leider gibt es diesen smarten Rollstuhl bisher nur als Konzept, doch die Idee dahinter ist definitiv innovativ: Ein Rollstuhl, der sich selbst in den Kofferraum verfrachtet. Und auch selbst wieder herauskommen kann.

Der eChair stammt aus dem Kreativwettbewerb „Ford Global Mobility Challenge“ des Autobauers Ford und könnte Rollstuhlfahrern das Ein- und Ausladen des Stuhls erheblich erleichtern.

Der Tesla des Bürgersteigs

Wenn wir über autonome Rollstühle sprechen, darf dabei ein Unternehmen nicht fehlen: WHILL. Die Modelle des japanischen Unternehmens überzeugen Experten und Kunden seit Jahren durch moderne Technologie und schicke Designs. Viele haben WHILL deshalb schon als „Tesla des Bürgersteigs“ bezeichnet.

Das Modell M fährt mit Vierradantrieb, die Batterie hält zwölf Meilen und die Steuerung funktioniert über einen Joystick, Smartphone-App oder Körperbewegung. Billig ist das Gefährt allerdings nicht, der Preis liegt bei 14.000 Dollar.

Doch WHILL arbeitet schon an dem nächsten Produkt, dem Modell A. Dieses soll Sonar, LiDAR, GPS, Radar integriert haben und sogar den Bewegungen von Fußgängern folgen können.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.