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Nehmen Autos uns den Platz weg?

geschrieben von Marinela Potor

Parkplatz statt Park. Tiefgarage statt Spielplatz. Autos – und vor allem die dazugehörige Infrastruktur –  nehmen verdammt viel Platz in unseren Städten ein. Wie viel Lebensraum wir tatsächlich für Fahrzeuge aufgegeben haben und warum das gefährlich ist, zeigen zwei interaktive Karten.

„They paved paradise to put up a parking lot“, sang schon im Jahr 1970 die kanadische Folkkünstlerin Joni Mitchell. Mit dem Lied „Big Yellow Taxi“ sprach Mitchell bereits vor beinah 50 Jahren an, was heute vor allem im urbanen Raum heiß diskutiert wird.

Autos nehmen uns Menschen den Platz weg.


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Autos sind nicht effizient

Dabei sind nicht nur die Fahrzeuge selbst das Problem, sondern die Infrastruktur, die sie benötigen: Straßen, Autobahnen und vor allem Parkraum.

Insbesondere in Großstädten, in denen Autos im Schnitt 23 Stunden pro Tag ungenutzt herumstehen, wurden in der Vergangenheit als Lösung dafür riesige Flächen für Parkplätze freigeräumt. Wie viel Lebensraum dafür drauf geht, hat jetzt das Team von moovel Lab in einem neuen Mobilitätsreport mit interaktiven Karten (und einigen lustigen Infografiken) verbildlicht.

„What the Street?!“ heißt das Projekt von moovel Lab, einem Kreativ-Think-Tank der von Daimler gegründeten moovel Group aus Stuttgart. Hierbei wurden unter anderem mithilfe der Plattform OpenStreetMap, Daten zu Autos, Straßen und Parkplätzen aus 23 Städten weltweit ausgewertet und in Grafiken sowie interaktiven Karten veranschaulicht. Mobilitätsdaten wurden dafür beispielsweise in weiße Rechtecke umgerechnet, um zu zeigen, wie viel Platz Autos in Städten tatsächlich einnehmen.

Freier Raum vs. Raum für Autos  in Berlin (Bild: moovel Lab)

Flächen, die von Parkplätzen eingenommen werden, können auch als Werkzeuge dargestellt werden … weil … warum nicht? (Bild: moovel Lab)

Die zentralen Fragen hinter diesen Darstellungen waren: Wie viel Raum nimmt die Infrastruktur für Autos ein? Und: Ist diese Verteilung im urbanen Raum gerecht? Die Antworten in der Kurzversion: Zu viel und nein!

Das Kernproblem, das das moovel Lab dabei identifiziert, ist die Ineffizienz von Autos. Vor allem im städtischen Raum werden sie kaum genutzt, und rein logistisch betrachtet sind Autos nicht die effektivste Variante, um Menschen von A nach B zu bringen.

These: Autos sind ineffizient – bildlich dargestellt (Bild: moovel Lab)

Interessanterweise wurde in der Städteplanung der Raum bisher trotzdem zugunsten der Autos verteilt. In den meisten Großstädten dieser Welt, haben Autos mehr Platz als Fußgänger oder Radfahrer. Das wiederum führt dazu, dass Menschen eher dazu neigen, die vorhandene Infrastruktur für Autos zu nutzen. Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass alternative Transportmöglichkeiten wie Fahrräder vernachlässigt werden, da die notwendige Infrastruktur fehlt.

Straßen zerstückeln die Erde

Doch während das Platzproblem in dicht besiedelten Räumen natürlich am deutlichsten zu spüren sind, reichen die Konsequenzen viel weiter.

In einer globalen Studie zu straßenlosen Räumen der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde haben Wissenschaftler auf einer interaktiven Karte zusammengestellt, welche Ort auf dieser Welt eigentlich noch frei von Straßen sind. Die Studie ist das Ergebnis einer internationalen Kooperation von zehn Naturschutzforschern aus sechs Ländern – alle Mitglieder der Roadless Initiative der Society for Conservation Biolog.

Eine Welt zerrissen durch Straßen (Bild: HNE Eberswalde)

Auch in dieser Darstellung wurden Daten von OpenStreetMap als Grundlage genutzt und ein Datensatz von über 36 Millionen Kilometer Straßen ausgewertet. Die ernüchternde, aber wohl nicht überraschende Erkenntnis: Sehr wenige Flächen sind frei von Straßen! Denn Straßen bedeuten natürlich auch Anbindung, Entwicklung, Handel und Mobilität, sodass bisher eher galt: Je mehr, desto besser.

Die Forschungsgruppe sieht dies anders.

Straßen seien demnach wie Risse in der Natur. Sie unterbrächen natürliche Regulationsmechanismen, störten den Genpool der Artenvielfalt und erleichterten nach Ansicht der Forscher auch die Verbreitung von Säuchen und Schädlingen.

Prof. Dr. Pierre Ibisch, führender Autor der Studie, fasst daher zusammen: „Wir fordern die Regierungen dringend auf, die verbleibenden großen und ökologisch wertvollen, straßenfreien Räume zu priorisieren und hier den Bau von Straßen zu vermeiden.“

Wie viel Raum wollen wir für Autos aufgeben?

Ob Regierungen dieser Forderung in dieser Form tatsächlich nachkommen, sei einmal dahingestellt. Doch klar ist auch: Immer mehr Städte denken über alternative Mobilitätskonzepte nach.

Denn Visualisierungen wie diese zeigen anhand von greifbaren Daten, wie eng Mobilität und Raum zusammenhängen und welche Probleme sich daraus ergeben. Sie legen damit zumindest nahe, dass es wohl Zeit wird, die Raumaufteilung zwischen Auto und Mensch zu überdenken. Eine der Kernfrage für die Mobilität der Zukunft scheint daher zu sein: Wie viel Platz wollen oder sollen wir für Autos aufgeben? Oder, um es mit Joni Mitchells Worten zu sagen:

Why you want give,
Why you want give it all away?

Auch interessant: Wer braucht denn heute bitte noch ein Auto?

Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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