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Hyperboard: Aus Crowdsourcing und 3D-Druck mach‘ E-Skateboard

(Bild: Faraday Motion)
geschrieben von Marinela Potor

Kann Mobilität mit einem Skateboard verändert werden? Sune Pedersen, Mitgründer von Faraday Motion, glaubt fest daran. Das Berliner Start-up hat ein elektrisches, teilautonomes Skateboard entwickelt, das Hyperboard. In diesem Herbst soll es auf den Markt kommen.

Treffen sich ein Skateboard, ein 3D-Drucker und ein Roboter auf einer offenen Plattform… Heraus kommt kein schlechter Witz, sondern ein E-Skateboard namens Hyperboard. Elektrische Skateboards sind nun wahrlich keine Neuheit mehr, doch das Hyperboard hat den Anspruch, mehr zu sein als nur ein Transportmittel. Es soll unsere Idee von Mobilität revolutionieren.

Entweder abheben oder untergehen

„Entweder heben wir damit richtig ab oder wir gehen unter”, fasst Sune Pedersen dieses hohe Ziel im Gespräch mit Mobility Mag lachend zusammen. Überhaupt scheint Pedersen alles sehr gelassen zu sehen. Und das, obwohl er all sein Hab und Gut in sein Start-up gesteckt hat. Der Däne ist einer der beiden Gründer von Faraday Motion, dem Berliner Mobilitäts-Start-up hinter Hyperboard.

Das Hyperboard ist im Grunde ein batteriebetriebenes, automatisch steuerbares Skateboard, das über eine offene Plattform mit Hilfe von anderen Nutzern entwickelt und schließlich mit einem 3D-Drucker produziert wird.

Eine etwas ungewöhnliche Herangehensweise an E-Mobilität. Doch wer wie Sune Pedersen Mobilität neu denken will, muss möglicherweise um die Ecke denken.

Dafür scheint Pedersen alle Voraussetzungen mitzubringen. Denn eigentlich hat der Wahl-Berliner weder etwas mit Skateboards noch mit Mobilität zu tun. Sune Pedersen ist nämlich kein mechanischer Ingenieur, und ein begeisterter Skateboarder ist er erst recht nicht. Eigentlich ist er ein Softwareentwickler, der sich schon immer von Grund auf alles selbst beigebracht hat. Vorgefertigte Bahnen waren also noch nie Pedersens Ding. Vielleicht setzt er sich auch gerade deshalb hohe Ziele und hat so wenig Angst vorm Scheitern – oder vor verrückten Ideen.

Von der Tanzverletzung zum Skateboard

Die Idee zum ultraleichten Transport per E-Skateboard kam Pedersen nach einer schweren Tanzverletzung, die ihn beinahe zwei Jahre ans Bett fesselte. „Da hatte ich plötzlich viel Zeit zum Nachdenken und so machte ich mir in der Lage natürlich auch viele Gedanken zur Mobilität – und über Menschen, die genau so eingeschränkt oder noch eingeschränkter in ihrer Beweglichkeit waren als ich.“

Heraus gekommen sind dabei zwei grundlegende Erkenntnisse. Erstens: Sune Pedersen wollte ein Transportmittel entwickeln, mit dem sich im Prinzip jeder mühelos fortbewegen konnte – eine Art Skateboard. Zweitens: Er wollte und konnte diesen Weg nicht alleine gehen. „Ich habe zwar grundlegende Kenntnisse in der Mechanik und Elektrik, aber mir war auch recht schnell klar, dass ich natürlich nicht alles weiß“, sagt Pedersen.

Sune Pedersen überwacht den Druck der Hyperboards (Bild: Faraday Motion)

Er hätte sich nun – wie die meisten Gründer – Experten suchen und so sein eigenes Konzept entwickeln können. Doch erstens war die Unternehmensgründung damals noch gar nicht das Ziel und zweitens widerstrebte ihm diese Herangehensweise grundlegend. „Ich wollte ein Produkt entwickeln, auf dem andere aufbauen können. Etwas, das für alle zugänglich sein könnte.“

Was liegt da näher als das Schwarmwissen zu nutzen, und das Hyperboard-Konzept per Crowdsourcing und über eine offene Onlineplattform entwickeln?

Ungewöhnlich ist das Grundprinzip

Ganz so einfach war es natürlich letztlich doch nicht. Denn auch wenn er Hunderte von aktiven „Geeks und Makers“, wie Pedersen die Hyperboard-Fans liebevoll nennt, für seine Idee eines Roboter-Skateboard begeistert hat, das Grundgerüst mussten schon er und sein Mitgründer auf die Beine stellen.

Denn auch wenn Faraday Motion fast alle Teile des Hyperboards mit einem 3D-Drucker herstellt, wird das Gerüst manuell gebaut. Einerseits, um dem Board mehr Stabilität zu geben. Andererseits aber auch, um das Design individueller und nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten zu können. „Wir mussten lange suchen, haben dann aber interessanterweise eine Bootsbauerin in Dänemark gefunden, die uns bei der Produktion hilft“, erzählt Pedersen.

Eine Bootsbauerin, die Gerüste für E-Skateboards herstellt? Warum nicht! Ungewöhnlich scheint ja ohnehin das Grundprinzip bei Faraday Motion zu sein. „Meine Einstellung ist es einfach, offen für alles zu sein“, erklärt Pedersen.

E-Skateboard per App steuerbar

So ist seit der ersten Idee im Jahr 2014 über die offizielle Gründung 2016 bis hin zum heutigen Ideenpool aus der offenen Plattform die aktuelle Version des Hyperboards entstanden.

Das Hyperboard (Bild: Faraday Motion)

Ein 8 Kilo leichtes batteriebetriebenes Skateboard mit einer Spitzengeschwindigkeit von 30 km/h und einer Mindestreichweite von zehn Kilometern. Je nach Anzahl der Batterien kann die Reichweite verlängert werden.

Die Steuerung erfolgt über drei verschiedene Punkte: dem Brett, einer Smartphone-App und über Sensoren. Bei der App müssen Nutzer die Applikation lediglich starten, der Rest wird über intuitive Handbewegungen mit dem Smartphone geregelt. Wollen Fahrer bremsen, ziehen sie lediglich das Smartphone hoch, wie bei einer Handbremse. Wollen sie beschleunigen, drücken sie es leicht nach unten.

Dabei überlässt Faraday-Motion es den Nutzern, welche Methode sie anwenden wollen. „Denkbar sind auch ein Joystick oder eine Steuerung über Handbewegungen. Das wollen wir aber bewusst offen lassen, sodass Nutzer dies selbstständig gestalten können.“

Ab dem frühen Herbst 2017 soll das Hyperboard über eine Crowdfunding-Kampagne schließlich an Endkunden gehen. Es wird zwei Versionen geben, eine Community-Version zum Eigenbau und eine bereits fertige Konsumentenversion. Der Basis-Preis liegt bei 500 Euro.

Das Grundmodell – das übrigens trotz Elektronik auch bei Schnee und Regen fährt – kommt auch mit mehreren Sicherheitsfeatures daher. So kann beispielsweise eine Geschwindigkeitssperre eingeschaltet werden. Das Hyperboard reagiert darüber hinaus auch automatisch auf das Gewicht der Fahrer. „Wenn zum Beispiel meine 11-jährige Nichte auf das Board steigt, erkennt das Hyperboard automatisch am Gewicht, dass es nicht so viel Power geben kann, wie wenn ich als erwachsener Mann darauf fahre“, sagt Sune Pedersen.

All diese Features seien aber nur eine Grundausstattung. Diese soll zwar so sicher wie möglich sein, doch Nutzer sollen darüber hinaus stets die Möglichkeit haben, diese Einstellungen an ihre spezifischen Bedürfnisse anzupassen.

Das Hyperboard ist nur der Anfang

Derzeit geschieht dies noch im offenen Austausch mit der Crowd. Pedersen berichtet beispielsweise von einem 60-jährigen Nutzer, der selbst in seiner Mobilität eingeschränkt ist und die Faraday-Motion-Technologie nutzen möchte, um sein eigenes E-Gefährt zu bauen. „Genau darauf wollen wir eigentlich hinaus“, sagt Pedersen. Das Hyperboard ist nur der Anfang.

Es soll als Beispielprodukt nicht nur Nutzern, sondern auch Unternehmen zeigen, wie vielfältig die E-Technologie sein kann. „Das was wir hier entwickeln, lässt sich wunderbar auf andere Transportmittel übertragen, wie etwa auf ein Fahrrad oder einen Rollstuhl oder gerne auch auf ein Skateboard für Businessfrauen mit High Heels. Alles ist möglich.“

Genau mit dieser Vielfältigkeit will das Start-up letztendlich Geld verdienen. „Denn das Hyperboard ist ein Nischenprodukt. Das lässt sich nur schwer skalieren“, gibt Pedersen zu. „Das wirkliche Kapital ist unsere Technologie. Damit können Unternehmen Mobilitätslösungen innerhalb von Wochen oder Monaten entwickeln, anstatt von Jahren. Ich denke, wir haben hier ein wirklich spannendes Konzept“.

Noch braucht dieses aber Investoren. Gerade in Deutschland stößt das Start-up auch auf einige gesetzliche Hürden. Denn ein Skateboard, das mehr als 6 km/h fährt, ist für den Straßenverkehr hierzulande gar nicht zugelassen. Große Sorgen scheint Sune Pedersen das aber nicht zu bereiten. „Der Markt in Deutschland ist selbst für ein reines Gelände-Skateboard sehr groß und ich bin sicher, dass wir das Hyperboard in anderen Ländern auf die Straße bringen können.“

Da Faraday Motion vor allem seine Technologie als B2B-Modell verkaufen möchte, spielen einzelne Produkte keine so große Rolle für die Gründer. Tatsächlich gibt es bereits eine Reihe von Businessangels, die sich immerhin für die Kombination aus 3D-Druck und E-Mobilitätstechnologie interessieren.

Wohin die Reise damit hingehen könnte? „Ich habe keine Ahnung“, lacht Pedersen, „aber ich freue mich darauf!“

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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