Seit Adam Rice in einem indischen Riksha eine Marketingerleuchtung hatte, ist er von den dreirrädrigen Fahrzeugen fasziniert. So sehr, dass er begann in seiner Wahlheimat Berlin, E-Tuk-Tuks zu vertreiben. Und damit eine spannende Marktlücke auftat.
Die Liebe ist voller Überraschungen. Eine davon ist, dass man nie vorher weiß, wo sie hinfällt. Und manchmal – wie im Fall von Adam Rice – fällt sie auf ein Tuk-Tuk. So saß der Marketingexperte auf einer seiner vielen Indienreisen mal wieder im Jahr 2009 in einem der Gefährte mit drei Rädern, als es ihn plötzlich überkam. Er hatte eine Idee. Diese süßen Fahrzeuge wären doch ideal für Markenwerbung! Das war der Beginn einer großen Liebesgeschichte.
Das allererste E-Tuk-Tuk
Der US-Amerikaner, der bereits seit 13 Jahren in Berlin lebt, wollte aber nicht einfach die stinkenden Umweltsünden aus Asien nach Deutschland importieren. Er wollte eine nachhaltige Lösung. So machte er sich auf die Suche nach einer umweltfreundlichen Version, einem elektrischen Tuk-Tuk. Glücklicherweise fand er in der Tuk-Tuk-Factory aus den Niederlanden einen idealen Partner. Die Tuk-Tuk-Factory hatte ursprünglich als Tuk-Tuk-Company gestartet und war von einem deutschen Thailand-Fan ins Leben gerufen worden, der Tuk-Tuks aus Südostasien importierte. Die Fahrzeuge wurden zunächst als „Last-Mile-Lösung“ angeboten, um Amsterdamer Wochenendurlauber vom Bahnhof zum Strand zu fahren.
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Unzufrieden mit den Motoren und dem Ausstoß der thailändischen Benzin-Tuk-Tuks, wollte das Unternehmen ein eigenes – umweltfreundlicheres – Fahrzeug designen. Im Jahr 2011 hatte die Tuk-Tuk-Factory schließlich gemeinsam mit der Technischen Universität Delft einen batteriebetriebenen Prototypen entwickelt, das erste e Tuk.
Adam Rice war begeistert und begann als Distributor die Fahrzeuge nach Berlin zu bringen. Er wollte sie hier mit seinem Unternehmen, der eTukTuk GmbH, als Touristenattraktion einsetzen, um Besucher zu verschiedenen Sehenswürdigkeiten zu bringen. Doch dann stieß er auf ein Problem, deutsche Regulierungen.
Laut Gesetz ist der entgeltliche Transport von Personen in Deutschland nämlich nur erlaubt, wenn das Fahrzeug vier Räder hat. Menschen auf einem E-Tuk-Tuk hin- und herfahren durfte Adam Rice damit nicht. Doch so leicht wollte er sich nicht geschlagen geben. „Wir haben eine Lobbybewegung gestartet und ich habe lange versucht, eine Sondergenehmigung zu bekommen“, erzählt er Mobility Mag. Leider ohne Erfolg. Doch wahre Liebe wäre nicht wahre Liebe, wenn sie nicht doch einen Weg finden würde.
Ein Fahrzeug, das fröhlich macht
Anstatt also den Fokus auf den Personentransport zu legen, konzentrierte Rice sich lieber auf einen neuen Markt, den „Light Commercial Vehicles“, kurz LCVs. Die E-Rikshas werden dabei für kommerzielle Zwecke genutzt. Zum Beispiel als Lieferwagen oder auch als Mini-Foodtrucks. So testet Google in Kalifornien derzeit beispielsweise ein E-Tuk-Tuk als Lieferfahrzeug auf dem eigenen Gelände und Starbucks hat auch schon Interesse angemeldet. Sie wollen die Tuk-Tuks in ein mobiles Café umwandeln.
Mit diesem Konzept hat Adam Rice also offenbar eine spannende Marktlücke aufgetan. „Wir verkaufen dabei nicht nur ein Fahrzeug“, sagt er, „sondern ein Businessmodel.“ Erstens können Händler damit ein umweltfreundliches Image zeigen. Zweitens können sie mit den kleinen E-Tuk-Tuks ihre Ware auch an Orten verkaufen, zu denen große Trucks keinen Zugang haben. In Einkaufszentren oder im Flughafen etwa. Kein Wunder, dass auch der Flughafenkiosk-Betreiber HMSHost an den E-Tuk-Tuks interessiert ist.
Und drittens sind die elektronischen Dreiräder einfach ein Hingucker. „Sie sehen besonders aus, stechen heraus und zaubern Menschen einfach ein Lächeln ins Gesicht“, bewirbt Adams die Fahrzeuge.
Asien will e Tuk Tuks
Seine Leidenschaft für die E-Tuk-Tuks scheint sich herumgesprochen zu haben. Seit Januar arbeitet Adam Rice nun für den Hersteller Tuk-Tuk-Factory selbst. Diese schätzen die Unterstützung, die Rice für sie im Bereich des kommerziellen Vertriebs mitbringt. Denn gerade in diesen Sparten scheint das Interesse am größten zu sein. Das hat die Tuk Tuk Factory auch dringend nötig. Denn in den letzten fünf Jahren haben sie gerade einmal 850 Fahrzeuge verkauft. Gut die Hälfte davon allerdings allein im vergangenen Jahr – die Nachfrage steigt also.
Adam Rice ist deshalb überzeugt, dass sie mit ihrem Nischengeschäft vor allem im asiatischen Raum expandieren können. Seit Thailand etwa keine neuen Tuk-Tuk–Lizenzen für Benziner mehr vergibt, sind Unternehmen dort auf der Suche nach Alternativen. Das E-Tuk-Tuk scheint eine zu sein. So ist zum Beispiel der Postdienst Thailand Post an den umweltfreundlichen Fahrzeugen interessiert und eine Eiskette aus Bangkok setzt die E-Tuk-Tuks bereits ein.
Auch in Indien, wo vielerorts nur noch erdgasbetriebene Gefährte zugelassen werden, ist die Nachfrage groß. Die Tuk-Tuk Factory möchte hier eine Fabrik eröffnen, um die Fahrzeuge für Asien lokal zu produzieren. Auch, um damit ein günstigeres Angebot für den asiatischen Markt zu schaffen. Denn der aktuelle Preis (17.000 bis 20.000 Euro für ein Passagier-Tuk-Tuk und 25.000 bis 40.000 Euro für ein kommerzielles Tuk-Tuk) ist in Asien zu hoch.
Das Unternehmen verhandelt derzeit mit Regierungsvertertern aus der Region Punjab, die angeblich 1000 e Tuk-Tuks pro Jahr bestellen möchten. Im thailändischen Touristenhotspot Chiang Mai hat die Tuk Tuk Factory schon 450 neue Lizenzen erhalten.
Die Idee scheint sich mittlerweile sogar bis nach Südamerika herumgesprochen zu haben. Mototaxi-Betreiber in Peru haben Interesse signalisiert, genauso wie brasilianische Grillfleisch-Verkäufer.
Adam Rice ist sich daher ziemlich sicher, dass er sich schon bald vor Nachfragen nach E-Tuk-Tuks kaum retten können wird.
Dann bleibt eigentlich nur die Frage, ob er auch privat im E-Tuk-Tuk fährt. „Nein. Ich muss gestehen, dass ich in meiner Freizeit noch nicht aufs Tuk-Tuk umgestiegen bin“, lacht Rice. „Das ist bisher rein geschäftlich.“
Aha! Ganz so weit geht die Liebe also doch nicht…
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