Zwei Schritte vor, ein Schritt zurück. So fasst man das heutige #MicrosoftEvent in Shanghai, auf dem das neue Surface Pro vorgestellt wurde, wohl ganz gut zusammen.
Ich benutze Tablet-PCs seit fast 15 Jahren. Die meisten wissen ja heute gar nicht mehr, dass es Microsoft war, die die ersten Tablets vorgestellt haben, schon damals mit Stift-Unterstützung und Handballenunterdrückung. Ich würde nicht so weit gehen mich als „Windows“-Fanboy zu bezeichnen, wenn es um stiftbasierte Tablet-PCs geht, doch sogar mein 12 Jahre altes X41tablet ThinkPad besitzt eine gefühlt bessere Stifteingabe als das aktuelle Apple iPad Pro.
Microsoft hat sehr früh das Potential von dem entdeckt, was ich gerne als „digitales Papier“ bezeichne. Leider haben sie es nie geschafft, dieses Potential wirklich voll auszuschöpfen – obwohl ich ihnen zugestehen würde, dass Sie in den letzten Jahren eigentlich auf einem ganz guten Weg waren.
Der Verdacht, dass Microsoft aber leider die falsche Abfahrt genommen hat, hat sich schon ganz leise während der Vorstellung des Surface Laptop aufgedrängt. Ein Gerät in einer Bauform, die es so schon seit den 80er Jahren gibt! Und dann besitzen Sie auch noch die Dreistigkeit zu behaupten, dies wäre das ideale Gerät für Studenten und Schüler. Ich weiß nicht, ob Microsoft die Marketingmärchen glaubt, die sie da fabrizieren, aber wenn sie sich mal die Mühe machen würden und in einen Hörsaal schauen, dann stellen sie wohl fest, dass dieser immer noch fest in der Hand von Stift und Papier ist. Und wenn sich jetzt einer in den Kommentaren erdreistet mir erzählen zu wollen, der Surface Laptop unterstütze ja den Surface Pen, dem haue ich das Gerät höchstpersönlich über den Schädel. Selbst die Schiefertafel und die Kreide von meinem Opa hat mehr Ergonomie beim Schreiben geboten als das, was Microsoft da den Käufern unterjubeln will.
Will mir wirklich jemand weismachen, das sich Leute den Surface Pen für fast 65€ extra kaufen, nur um ein paar Linien und Kringel auf den Screen zu malen? Nicht nur das Stift nutzlos mit dem Surface Laptop ist, nein. Wenn man versucht, länger etwas zu schreiben, muss man dazu die Hand so unnatürlich halten, dass man wahrscheinlich dauerhafte Schäden zu befürchten hat. Die einzigen, die sich über die Unterstützung des Stifts für den Surface Laptop freuen, sind wahrscheinlich die Physiotherapeuten, weil sie in Zukunft endlich wieder etwas zu tun bekommen.
Wenn man die Bilder von dem heute vorgestelltem Surface Pro sieht fragt ihr euch sicher, warum ich so rumheule. Schließlich hat das Surface Pro ja wieder einen Stift? Dieses Mal sogar mit Unterstützung von bis zu 4096 Druckpunkten und sogar einem Neigungssensor ähnlich wie beim iPadPro. Falsch!
Ja sicher, es unterstützt den Stift, der irgendwann später im Sommer kommen soll. Wann genau das sein wird und was er kosten soll, wissen wir jetzt noch nicht. Tatsächlich wäre mir dieser Umstand fast entgangen, wenn ich nicht bei Twitter durch Zufall während des Events gesehen hätte, dass jemand Preis und Verfügbarkeit bei dem Launch-Event als Screenshot geteilt und im Kleingedruckten stand, das der Stift separat erhältlich sein wird.
Bei jedem Surface Pro gehörte der Stift zum Lieferumfang dazu, Microsoft! Sicherlich hat es etwas gedauert, bis die Leute angefangen haben, die Surface-Geräte als ernsthafte Tablet/Laptop-Alternative wahrzunehmen. Aber spätestens seit dem Surface Pro 3 und Pro 4 hat Microsoft unter Beweis stellen können, dass das Surface Pro das ultimative 2-in-1-Gerät auf dem Markt ist. Der Stift diente dabei zur weiteren Differenzierung gegenüber ähnlichen Geräten.
Das Surface Pro ist sicherlich weiterhin ein sehr gutes Gerät, aber durch den Verzicht auf den Stift hat man in meinen Augen einen riesigen Fehler gemacht. Keiner, der noch nicht vom Surface Pen überzeugt ist, wird ihn sich freiwillig separat kaufen.
Falls ihr jetzt auch zu den Leuten gehört die glauben, man brauche den Stift nicht, lasst euch gesagt sein: in nicht allzu ferner Zukunft wird Papier in etwa die selbe technologische Relevanz wie Schallplatten heutzutage besitzen.