Ob nun auf den Online Marketing Rockstars oder in Interviews: Immer wieder fällt beim Gespräch über KPIs (Key Performance Indicator) auf Instagram die Engagement Rate. Wer sich jedoch mit den Statistiken von Instagram auseinandersetzt, stellt fest, dass diese Kennzahl völliger Schwachsinn ist.
Zuletzt hatte ich auf den Online Marketing Rockstars ausführliche Gespräche zum Influencer Marketing auf Instagram geführt. Der Tenor bei allen Anbietern ist folgender: Eine gute Engagement Rate ist eine Grundvoraussetzung für einen guten Influencer.
Julian Freese, CMO bei Reachbird IO, einem Anbieter von Influencer-Software, erklärt in einem Gastbeitrag bei der Absatzwirtschaft zum Beispiel: „Die Engagement Rate berechnet man, indem man alle Likes und Kommentare addiert und diese durch die gesamte Anzahl an Followern des Influencers teilt.“ Wenn ein Account auf Instagram 10.000 Follower hat und auf ein Bild 500 Likes und Kommentare bekommt, hat er eine Engagement Rate von fünf Prozent.
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Wie hoch der Prozentsatz bei den Interaktionsraten mit einem Beitrag im Idealfall ist, schwankt nach Gesprächspartner und Größe eines Accounts. Ein Wert zwischen drei und acht Prozent gilt in der Regel als gut.
Dabei wird stets betont, dass je größer ein Account wird desto schlechter wird das Verhältnis zwischen Account-Größe und Interaktionen.
Deswegen erfahren die sogenannten Micro-Influencer (1.000 bis 20.000 Follower) seit einiger Zeit einen großen Aufschwung. Sie haben noch eine persönliche Bindung zu ihrer Community und können auf die Reaktionen der Nutzer reagieren. Bei Branchengrößen wie Bianca „Bibi“ Heinicke oder Sami Slimani alias „Herr Tutorial“ ist das kaum noch möglich.
Der Denkfehler bei der Engagement Rate
Die eigentliche Frage bei der Diskussion um den KPI der Engagement Rate ist: Wieso wird er als so wichtig erachtet, wenn er jedoch kaum eine Aussage über die Strahlkraft eines Influencers treffen kann? Zunächst müssen wir dafür einen Blick in die Statistiken von Instagram werfen, die jedes Business-Konto hat.
Dort gibt Instagram drei relevante Werte aus, die für die Berechnung der wirklichen Engagement Rate sinnvoll sind: die Impressionen (So oft wurde ein Beitrag gesehen), Reichweite (so viele Einzelpersonen haben deinen Beitrag gesehen) und die Interaktionen (Likes, Kommentare und Speicherung des Inhalts).
Das oben gezeigte Beispiel aus unserem Account macht deutlich, dass die Anzahl der Follower (zu diesem Zeitpunkt rund 1.300) wenig bis gar nicht mit den Interaktionsraten eines Accounts zusammenhängt.
Spätestens seit der Einführung des Instagram-Algorithmus und der damit einhergehenden Neusortierung des Instagram-Feeds bekommen Nutzer längst nicht mehr alle Beiträge eines Accounts, dem sie folgen, zu sehen.
Deswegen ist die Followerzahl der falsche Bezugspunkt zur Berechnung von Interaktionsraten. Wirklich aussagekräftige Werte erhält man, wenn man die Reichweite als Ausgangspunkt der Berechnungen nimmt. Übrigens: Ein ähnliches Problem hatte Facebook-Experte Thomas Hutter auch im Bezug auf das Facebook-Marketing festgestellt.
Eine kleine Rechnung:
- Interaktionen (140) / Followerzahl (1.300) = 10,8 Prozent
- Interaktionen (140) / Impressionen (439) = 31,9 Prozent
- Interaktionen (140) / Reichweite (324) = 43,2 Prozent
Hinterfragt alle KPIs
Die Zahlen machen deutlich, dass zwischen der klassischen Interaktionsrate (Interaktionen / Follower) und der realen Engagement Rate (Interaktionen / Reichweite) große Welten liegen. Es ist aus meiner Perspektive klar ersichtlich, welcher der beiden Werte die wertvolleren Ergebnisse liefert.
Damit im Influencer Marketing auf Instagram und auch auf anderen Kanälen sinnvolle Kennzahlen zur Analyse etabliert werden können, braucht es von allen Seiten (Influencer, Agentur, Werbungtreibender) absolute Ehrlichkeit und Offenheit. Denn klar ist auch: Die Reichweite eines Posts kann nur der Influencer einsehen. Außenstehende können diesen Wert nicht sehen. Der Influencer sollte innerhalb einer Werbepartnerschaft diese Angaben im Idealfall mit dem Kooperationspartner teilen.
Die Engagement Rate ist dabei nur einer unter vielen Faktoren, die auf ihre Sinnhaftigkeit hinterfragt werden muss. Trotzdem ist sie exemplarisch für die zum Teil unausgegorenen Abrechnungs- und Kennzeichnungspflichten im Influencer Marketing.
Wenn die Branche fortbestehen möchte, braucht es endlich klare Regeln und einen offenen Diskurs.
PS: Ein gekauftes Gütesiegel ist nicht der richtige Ansatz.
Bin da komplett bei dir, nur eine Sache: Die klassische „Engagement Rate“ wurde natürlich komplett falsch berechnet, aber gibt zumindest einen Hinweis darauf, wie stark die Leserschaft an den „Influencer“ gebunden ist, also wie gut er/sie im Algorithmus da steht und wirklich Reichweite in seiner Followerschaft aufbauen kann, anstatt nur wild mit Hashtag-Reichweiten außerhalb zu punkten (oder eben gar nicht). Klar macht es mehr Sinn, den potenziellen Kooperationspartner einfach mal im Vorfeld um echte Reichweiten zu bitten, aber das nur als kleinen Gegengedanken (wie gesagt, soll keine Verteidigung oder so sein). Wird jedenfalls Zeit, dass Instagram allen Accounts diese Daten zugänglich macht!
sehr schön geschrieben und sehr interessant! ich danke Christian!!
Danke, Han! 🙂
Stimmt, KPIs sind Quatsch. Heißt ja auch KPI, wie du selbst innerhalb der Klammer festgestellt hast 😉
[…] Instagram können allerdings auch als fragwürdige KPI gesehen werden. venturebeat.com (Zahlen), basicthinking.de […]
[…] Warum die Engagement Rate als Instagram-KPI völlig wertlos ist https://www.basicthinking.de/blog/2017/05/16/engagement-rate-instagram/ […]
[…] von heute auf morgen deine Engagement-Rate auf Instagram deutlich zurückgeht, du auf jedes Bild weniger Likes und Kommentare bekommst als im Normalfall, […]
[…] und wie viele anschließend in Form von Likes und Kommentaren mit ihm interagiert haben. Aus dieser detaillierten Engagement-Rate wiederum können auf Unternehmensseite auch Rückschlüsse über die Beschaffenheit der Community […]
Das ist natürlich Irrsinn. Instagram selbst gibt ja eine Definition ihrer Interaktionsrate in der Statistik: „Zu den Interaktionen zählt die Gesamtanzahl der einzelnen Instagram-Konten, die deinen Beitrag mit „Gefällt mir“ markiert, ihn kommentiert oder gespeichert haben.“ Warum sollte das dann über die gesamte Followerzahl berechnet werden?!
[…] bei „mint & berry“ sind ohne Profil-Einsicht nur schwer zu treffen. Selbst wenn die Engagement-Rate nicht der beste KPI ist, gibt er jedoch einen kleinen Aufschluss über das Verhältnis zwischen Followern und […]
[…] Warum die Engagement Rate als Instagram-KPI völlig wertlos ist […]
[…] Hypetap erreichen die Posts von Neymar auf Instagram eine Engagement Rate von 2,8 Prozent. Mit diesem Wert lässt sich feststellen, dass das Verhältnis zwischen generierter […]
Also mittlerweile ist die App sehr unübersichtlich geworden und hat die Qualität für den Freizeitnutzer völlig verloren. Im Prinzip ist es nur noch eine Shoppingmall bestehend aus Fake- und Markenprofilen.
Es ist für den gewöhnlichen User super anstrengend geworden sich auf Instagram zu bewegen. Hier muss dringend eine Lösung her, denn ansonsten sehe ich trotz derzeitiger Wachstumszahlen keine Chance für die Zukunft. Das ist eine sehr krasse Prognose aber ich als Medienstudentin halte an dieser These fest. Hat hier zu Instagram eine Lösung? Ich meine da muss eine Appveränderung stattfinden, dass müssten doch die Entwickler erkannt haben.
Was denkt ihr dazu?
Liebe Grüße
Da Instagram die API ja für Fakebots nach wie vor nicht schliesst und hunderte von Plattformen nach wie vor diese Dienste anbieten, sind die meisten Kennzahlen sowieso nicht mehr aussagekräftig. Noch schwerer bei den ganzen Engagement Groups, da hier die Interaktionen von echten Accounts kommt, die sich gegenseitig aber nur die Kommentare und Likes zu schieben. Instagram hat es verpasst einen sauber Plattform aufzubauen. Leider ist da nichts mehr echt
Klassisches PoV Problem:
Die ER als Metrik finden alle doof, die ihren Kunden erklären müssen, warum ihre doch so mies ist – und die deswegen gar nicht so wichtig ist und man doch eigentlich ganz gute Arbeit leistet. Auch… wenn die nicht wirklich (als Umsatzplus) messbar ist.
Die ER als Metrik finden alle gut, die damit „Realness“ vermarkten wollen und keine mit Fakes durchseuchten Metriken. Mal abgesehen davon, dass, siehe Beispiel, die ER in Bezug zu verschiedenen Positionen berechnet werden kann.
Aber: Erfahrungsgemäß stinkt der Fisch immer vom Kopf her, sprich: Wenn eine der ERs zu sehr nach oben/unten ausreißt, muss man sich schon die Frage gefallen lassen, wie das sein kann. Die Erklärung ist dann doch meist… dass da nicht alles ganz so real ist.
Natürlich gibt es im Marketing nicht DIE eine KPI, die man außerhalb des Kontextes sehen kann – das ist aber auch nichts Neues.