Ein fremdes Auto leihen, die Bohrmaschine mit der ganzen Nachbarschaft teilen, im Gästebett völlig unbekannter Menschen schlafen – die Sharing Economy ist im Mainstream angekommen. Doch sie bietet nicht nur Privatpersonen, sondern auch Unternehmen echte Vorteile. Für diese gehen Sharing-Anbieter noch einen Schritt weiter.
Leihen statt kaufen, teilen statt behalten – auf diesen Prinzipien basiert die Sharing Economy. Wer in der Großstadt wohnt, benötigt im Alltag kein Auto. Wer doch mal dringend eins braucht, mietet es bei einem der Carsharing-Anbieter – kurzfristig und auf Minutenbasis abgerechnet. Ebenso verhält es sich mit anderen Dingen: Warum eine Bohrmaschine kaufen, wenn man nur ein einziges Mal ein Loch bohren möchte? Dann doch lieber vom Nachbarn leihen, der sowieso eine besitzt. Unterwegs in fernen Ländern? Über spezielle Portale bieten Eigentümer ihre Wohnung tageweise an – als günstige Alternative zum Hotel.
Neu ist die Ökonomie des Teiles nicht. So prägen etwa landwirtschaftliche Genossenschaften die Branche schon seit Jahrhunderten: Wenn sich zehn Bauern einen Mähdrescher teilen, ist es für den einzelnen günstiger. Aber erst mit den Internet und zahlreichen Plattformen, die auf dem Prinzip fußen, konnte sich die Sharing Economy in der breiten Masse und auf vielfältige Weise durchsetzen. Laut einer YouGov-Studie aus dem letzten Jahr haben 81 Prozent der Deutschen schon mindestens einmal eine Sharing-Plattform genutzt.
Carsharing für Geschäftskunden
Doch die Sharing Economy kann nicht nur Privatleuten das Leben erleichtern und Kosten senken, sondern auch Unternehmen ganz konkret im Arbeitsalltag unterstützten. Carsharing-Anbieter offerieren zum Beispiel spezielle Konditionen für Firmenkunden. Wer seine Mitarbeiter nur unregelmäßig auf Geschäftsreise schickt, muss sich keine teure Dienstwagenflotte leisten. Andere Anbieter vermieten hingegen ausschließlich Liefer- und Lastwagen oder vermitteln freie Ladeflächen auf den LKWs fremder Speditionen. Sie drehen die Idee des Carsharings weiter und konzentrieren sich damit auf Geschäftskunden.
Diese Zielgruppe haben auch Plattformen im Fokus, die Konferenz- und Veranstaltungsräume in Städten rund um den Globus vermitteln. Wie beim Carsharing nutzen und bezahlen Firmen Ressourcen nur dann, wenn sie sie tatsächlich benötigen. Flexibilität und Kostenkontrolle sind die Vorzüge dieses Modells.
Ressourcen-Teilung in der Cloud
Schon vor dem Boom der Sharing Economy im topaktuellen Sinne existierte das Prinzip in der IT-Welt. Die Rede ist vom Cloud Computing und File Sharing. Auch hier teilen sich viele verschiedene Nutzer gemeinsame Ressourcen. Angebote für Endverbraucher haben das Konzept erst populär gemacht, doch im Unternehmen lassen sich diese Dienste nicht so einfach nutzen. Daten langfristig in der Cloud – also auf fremden Servern – zu speichern, ist vielen Firmen einfach zu riskant. Sind die Daten vor Angriffen von außen und vor den Blicken des Anbieters sicher? Sind die Daten rund um die Uhr verfügbar? Das sind Fragen, die die Verantwortlichen quälen.
Eine Möglichkeit ist es, eine so genannte private Cloud zu nutzen, also die entsprechende Management-Software sowie den Speicherplatz auf eigenen Servern einzurichten, die im eigenen Rechenzentrum stehen. Doch die entsprechende Infrastruktur ist in vielen Firmen nicht vorhanden – zumindest nicht im nötigen Umfang.
Sharing Economy für Unternehmen
Daher stellen einige Cloud-Anbieter eine hybride Cloud-Lösung bereit, bei der sowohl die Server des Kunden wie auch die Server des Anbieters im Mix zum Einsatz kommen. Durch Fragmentierung und Aufteilung sowie Verschlüsselung der Daten des Kunden, sind diese über verschiedene Server verteilt. So kann der Provider diese nicht auslesen und Hacker haben es ungleich schwerer. Zudem dürfen Kunden den Programmcode auf mögliche Schwachstellen und Hintertüren prüfen. Durch solch große Transparenz versuchen Cloud-Anbieter Vertrauen zu schaffen und letztlich die Datensicherheit für Cloud-Nutzer zu erhöhen. Anders ist das in der Branche kaum zu schaffen. Denn einzig auf das Wort eines Anbieters zu vertrauen, erscheint vielen Unternehmern verständlicherweise zu heikel.
In die gleiche Kerbe schlagen Anbieter von „Software as a Service“ (SaaS), „Platform as a Service“ (PaaS) und „Infrastructure as a Service“ (IaaS). Diese bieten ihren Kunden Software, Entwicklungsumgebungen sowie Netzwerk- und Server-Infrastruktur zur Miete an. Google Apps, Microsoft Azure und Amazon Web Services sind drei der größten Vertreter für diese Spielarten des Cloud Computing. Statt teure Server-Farmen anzulegen und diese aufwändig zu warten, buchen Firmen bei Bedarf Rechenleistung außer Haus. Einige der bekanntesten Webseiten der Welt nutzen etwa die Hardware von Amazon. Viele Provider werben inzwischen mit der Zusicherung, dass die Server in Deutschland stehen und damit dem hiesigen Datenschutzgesetz unterliegen – wichtig für zahlreiche Unternehmen.
Sharing is caring
Mit der nächsten Stufe dieser Entwicklung wird es noch abstrakter: In der Knowledge Sharing Economy geht es um das Teilen von Wissen – eine Sache, die Menschen schon immer gemacht haben. Mit den entsprechenden Plattformen im Internet wird das Ganze nun professionalisiert. Hier geht es etwa um Kollaboration oder E-Learning. Plattformen bieten passende Werkzeuge an, um den Wissensaustausch im Web zu erleichtern. Neue Ideen entwickeln, neues Wissen aneignen – das geht in der Gruppe und sogar über Unternehmensgrenzen hinweg viel effektiver. Es setzt natürlich die Bereitschaft voraus, das eigene Wissen auch teilen zu wollen. Doch gerade so profitieren am Ende auch die Mitarbeiter der eigenen Firma vom kompetenten und kreativen Input anderer.
Über den Autor: Thomas Müller ist Geschäftsführer der SOLCOM GmbH, einem der führenden branchenübergreifenden Technologiedienstleister in den Bereichen Informationstechnologie und Engineering. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet SOLCOM als Partner global agierender Spitzenunternehmen. Aus dieser Erfahrung heraus schreibt er über Trends und technische Neuerungen im Bereich der IT und der Digitalisierung. www.solcom.de