Social Media

Musical.ly: „Abgefahrene Mischung aus Kreativität und Ausdrucksstärke“

Johannes Lenz, Musically
Johannes Lenz, Corporate Blogger bei akom360 und Starcom Germany
geschrieben von Christian Erxleben

Musical.ly ist bei Teenagern die angesagteste Social-Media-App überhaupt. Für Erwachsene und Unternehmen ist die Anwendung jedoch ein Rätsel. Johannes Lenz bringt im Interview Licht ins Dunkel.

Musical.ly ist der Hidden Champion unter den Social-Media-Apps. Erstklässer und Teenager feiern Musical.ly, bei älteren Generationen ruft der Name nur selten eine Reaktion hervor. Wir haben mit Johannes Lenz, Corporate Blogger bei akom360 und Starcom Germany, über die Erfolgsfaktoren des Social-Media-Stars gesprochen.

BASIC thinking: Johannes, was ist Musical.ly?

Johannes Lenz: Eine Social Video App, bei der Nutzer zu im Hintergrund laufenden Liedern performen – Choreographien, Playback und so weiter. Die Videos sind maximal 15 Sekunden lang und können bearbeitet und geteilt werden.

Was zeichnet Musical.ly aus?

Das ist nicht ganz so einfach zu beschreiben. Mein Eindruck ist, dass dort sehr junge Nutzer ganz viele kreative Choreos zu Musik machen. Daneben, um das Ganze auch ein wenig anzuheizen, werden durch Musical.ly selbst Contests angestoßen. Die 15-Sekünder zeigen zum Teil eine ziemlich abgefahrene Mischung aus Kreativität und Ausdrucksstärke.

Gut gefallen mir da zum Beispiel @LisaandLena – auch von der ganzen Vernetzung auf anderen Kanälen und dem Online Shop. Dazu gehört auch die Fähigkeit, antizipieren zu können. Der Fokus liegt insgesamt auf kurzen Instant-Videos, die aber in vielen Fällen natürlich nicht Instant sind, weil sie schon recht professionell daher kommen.

Wie unterscheidet sich die App von anderen Sozialen Netzwerken?

Gute Frage. Zunächst einmal ist es eine Social Video App, die inzwischen um Live.ly sinnvoll ergänzt wurde. Alle bekannten Funktionen eines Social Networks sind enthalten: Likes als Hearts, Comments, Direct Messages, Sharing Options.

Musical.ly baut nach und nach um seine Haupt-App ein App-Ökosystem auf, das bisher aus Live.ly (Live Video Streaming), SQUAD (Gruppen-Videochat) und ganz frisch pingpong (Video Messenger) besteht.

Ansonsten ist es absolutes „Terrain der Jugend“. Man findet da kaum bis keine älteren Semester. Dessen sollte man sich bewusst sein. Interessant ist, das Musical.ly derzeit nicht danach trachtet – wie etwa Snapchat – sich neuen (älteren) Nutzergruppen zu öffnen.

Andreas Schneble, Director Digital Marketing & Social Media bei akom360, ergänzt: „Nach Snapchat die App,
die Teenager am spannendsten finden und die Erwachsene gar nicht kennen. Die App hat weltweit Millionen
von Teenies bereits begeistert und wird auch in Deutschland, wie man hier sieht, immer beliebter.“

Du hast die App ausprobiert. Wie fühlt sie sich an?

Was zunächst auffällt, wenn man die App öffnet, ist, dass von den gefeatureten Videos gleich das nächstbeste mit Sound abgespielt wird, ob ich will oder nicht. Finde ich jetzt nicht so gut, aber ein probates Mittel, um den Nutzer sofort in die Welt der App zu entführen. Sonst ist die App intuitiv, zumindest so gestaltet, das man sich fix zurechtfindet. Bei Snapchat zum Beispiel ist das anders.

Was ich cool finde, aber funktional nur ein weiteres aber wirksames Element zur Steigerung der Interaktionsrate ist, ist die Funktion „start a duett now“, übrigens genauso wie die Contests. Man schaut sich das Musical.ly eines anderen Nutzers an und kann, wenn er einem folgt, mit ihm sofort ein „Duett“ starten. Das ist natürlich eine tolle gemeinsame Erfahrung für die Nutzer.

Und wer nutzt Musical.ly?

Recherchiert man ein wenig, so stößt man auf eine Gesamtnutzerzahl von 200 Millionen Musern, die zu großen Teilen Teenager sind, jeden Tag rund 15 Millionen musical.lys hochladen und pro Tag rund eine Viertelstunde in der App verbringen. Zielgruppe sind Jugendliche zwischen 13 und 19, also eine Gruppe, die durch und durch mobil ist.

Wenn man die 200 Millionen einordnen will, müsste man sich mal Twitter, Instagram und Snapchat zum Vergleich anschauen. Musical.ly ist da mitunter nicht weit entfernt. Twitter hat weltweit um die 320 Millionen, Instagram um die 600 Millionen und Snapchat um die 200 Millionen Nutzer. In Deutschland liegt Instagram bei neun, Twitter wohl zwischen zehn und zwölf Millionen Nutzern und Snapchat ist nicht bekannt. Da kann sich Musical.ly mit seinen rund 9 Millionen Nutzern sehen lassen.

Danke für das Gespräch.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

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