Bereits seit Ende 2016 gab es Gerüchte, nun folgt die offizielle Bestätigung: Twitter schließt seinen Standort in Berlin und konzentriert sein Geschäft auf Hamburg. Wir analysieren, welche Gründe es für diesen Schritt gibt.
Als es am Montag letztendlich soweit war, blieb die große Überraschung aus: Pünktlich zum Jahreswechsel hatte der Kurznachrichtendienst sein Büro in Berlin geschlossen. Einige Mitarbeiter haben ihren Job verloren. Die Aufgaben werden über Partnerschaften und von anderen Standorten aus – Hamburg, Dublin, San Francisco – übernommen.
Der obligatorische Aufschrei blieb aus, weil bereits in den Wintermonaten 2016 Informationen an Journalisten durchgesickert waren. Die Bekanntgabe von Twitter bestätigt nun lediglich von offizieller Seite den Schritt.
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Stagnierendes Nutzerwachstum
Doch warum muss der Microblogging-Dienst seinen Standort in der deutschen Hauptstadt überhaupt schließen? Warum mussten Mitarbeiter aus Berlin ihre Stelle verlieren und warum konzentriert man sich für Deutschland ausschließlich auf Hamburg? Eine konkrete Antwort darauf hat wohl nur Twitter-Gründer und CEO Jack Dorsey.
Einen Erklärungsversuch liefert immerhin Vincent Nicolai: „Als börsennotiertes Unternehmen muss Twitter liefern. Leider nicht nur hitzige Tweet-Battles und vermeintlich guten Content, sondern vor allem Umsätze und Gewinne. In Deutschland hat sich das Netzwerk nie bei der breiten Masse durchsetzen können, sondern war immer das Spielzeug des „digitalen Intellektuellen“.
Entsprechend wurden Werbemaßnahmen und zu kommerzielle Kampagnen immer kritisch beäugt. Die Top-Werbespender waren auf Twitter, anders als in den USA und anderen Ländern, nie wirklich involviert“, ordnet der Geschäftsführer der Berliner Social-Media-Agentur Buddybrand ein.
Mit Schuld am Niedergang des einstigen Facebook-Konkurrenten dürfte das ausbleibende Nutzerwachstum sein. Während Facebook sich schrittweise der 2-Milliarden-Nutzermarke nähert und jedes Quartal neue User-Rekorde verkünden kann, dümpelt Twitter seit fast zwei Jahren bei rund 320 Millionen Nutzern.
Die Anzahl der monatlich aktiven Nutzer (MAU) hat sich seit dem ersten Quartal 2015 – insbesondere im Branchenvergleich – kaum verändert. Von 302 Millionen (Q1/2015) ging es hoch auf 319 Millionen (Q4/2016). Im gleichen Zeitraum hat Facebook mehr als 400 Millionen Nutzer hinzugewonnen. Und das, obwohl das Netzwerk bereits weiter verbreitet war. Ebenfalls an Twitter vorbeigezogen ist bereits Instagram. Snapchat ist auf dem besten Weg.
Finanzielle Nöte
Der ohnehin schwächere deutsche Markt wird in Zukunft von einem und nicht mehr wie bislang von zwei Standorten aus geführt.
Dadurch kann Twitter Personal- und Mietkosten einsparen und Aufgaben überregional bündeln. Nicht nur der Berliner Standort dürfte diesem Sparzwang zum Opfer fallen. Weitere Ländergesellschaften oder Büros könnten im Laufe der nächsten Monate und Jahre folgen.
Betroffen davon dürfte vor allem der europäische Markt sein. Hier schwächelt der Kurznachrichtendienst besonders. Dass dieser Weg eingeschlagen wird, hat die Konzernspitze bereits unterstrichen. Im Oktober 2016 wurden 350 Stellen (rund neun Prozent) gestrichen.
Fokussierung auf kommerziell erfolgreichere Kernmärkte + kleinere Burnrate = mehr Geld
Auf diese wirtschaftliche Gleichung konzentriert Social-Media-Experte Nicolai ein mögliches Geschäftsmodell.
Der Gedanke, der sich dahinter versteckt, ist folgender: Mit dem eingesparten Geld kann Jack Dorsey sein Unternehmen Schritt für Schritt in die Gewinnzone führen und somit Nutzer und werbungtreibende Unternehmen zufrieden stellen.
Bislang war es dem Kanal mit dem kleinen blauen Vogel in keinem einzigen Quartalsbericht gelungen, einen Gewinn auszuweisen.
Zukunft in Abhängigkeit
Ein solides, wirtschaftliches Gerüst ist die Grundlage für den Weg in die Zukunft von Twitter. Diese wird aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Selbstständigkeit liegen.
Potenzielle Interessenten für eine Übernahme gibt es einige. Neben Salesforce, das vor allem auf den Datenschatz hinter dem Kurznachrichtendienst schielt, werden auch die Google-Mutter Alphabet und seit kurzem auch Snapchat genannt. Der Börsengang hat Geld in die Kassen von Gründer Evan Spiegel gespült, das am besten in eine Expansion reinvestiert wird.
Trotz der schwierigen Situation im Werbeumfeld, Debatten über eine Hasskultur und Bots und stagnierenden Nutzerzahlen ist Twitter als Dienst etabliert. Die Standortschließung in Berlin ist schlüssig. Für den Tod des gesamten Netzwerks ist es jedoch zu früh.
Das sagt auch Geschäftsführer Nicolai: „Solange Twitter als Meinungsmacher-Medium erhalten bleibt und der digitalen Bohème eine Plattform bietet“, sei der Schritt vertretbar. „Denn die (Austauschplattform, Anm. d. Red.) ist mindestens genau so wichtig wie der lustige Filter auf Snapchat.“
[…] „Unseren Schätzungen zu Folge sind zwischen neun und 15 Prozent der aktiven Twitter-Accounts Bots“, schreiben die Studienautoren. Das sind im Worst-Case-Szenario fast 50 Millionen Twitter-Nutzer, die aufgrund von Algorithmen und Regeln mit anderen Accounts interagieren und somit auch das Meinungsbild im Kurznachrichtendienst verändern können. Weltweit sind laut Unternehmensangaben jeden Monat 319 Millionen Nutzer auf Twitter aktiv. […]
[…] endlich in die Gewinnzone führen sollen. Auf der einen Seite werden finanzielle Ressourcen durch Standortschließungen, Entlassungen oder das Einstampfen von unlukrativen Geschäftsideen und Werbeformaten eingespart. Auf der […]