Mit WhatsApp for Business fängt Facebook nun an, das 19-Milliarden-Investment zu refinanzieren. Wir erklären euch, was sich dahinter versteckt. Eine Analyse.
Weltweit nutzen mehr als eine Milliarde Menschen WhatsApp. Dem Messenger ist es gelungen, etablierte Kommunikationsmodelle wie die SMS zu verdrängen und hat damit großen Telekommunikationskonzernen beträchtliche Umsatzeinbußen eingebrockt.
Auch in Deutschland ist WhatsApp von kaum einem Smartphone mehr wegzudenken. Mehr als 37 Millionen WhatsApp-Nutzer gibt es hierzulande. Das entspricht fast 70 Prozent der deutschen Internetnutzer.
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Die Update-Logik von WhatsApp
Der Fokus der App, die 2014 von Facebook für 19 Milliarden US-Dollar gekauft wurde, liegt ursprünglich auf dem Verschicken von Nachrichten zwischen Privatpersonen. Bis zur umstrittenen Einführung von WhatsApp Status konnte die Anwendung in allen App-Stores Top-Bewertungen verzeichnen.
Schließlich war es WhatsApp über einen langen Zeitraum beständig gelungen, den Nutzern neue Features zu präsentieren ohne gleichzeitig das Kernelement – den Nachrichten-Versand – aus dem Fokus zu verlieren. Sprachnachrichten und eine immer größer werdende Palette an Smileys und Emoticons zählen hierzu.
Läuft bei #WhatsApp. 🤔 pic.twitter.com/Qa9iCxzfnz
— BASIC thinking (@basicthinking) March 7, 2017
Spätestens 2016 jedoch veröffentlichten die beiden WhatsApp-Gründer Jan Koum und Brian Acton eine Reihe von Innovationen, die für den täglichen Bedarf eines WhatsApp-Nutzers vollkommen sinnlos sind.
Beispiel gefällig? Seit Ende April 2016 können Nachrichten im Messenger in Word-Manier bearbeitet werden. Neben der Standard-Schrift können die User über Shortcuts Teile ihrer Nachrichten kursiv, fett oder durchgestrichen schreiben.
Tests für die professionelle Nutzung
In die gleiche Kategorie fällt die Bereitstellung einer Webapp für WhatsApp. WhatsApp wurde für die mobile Nutzung konzipiert. Warum sollten die Nutzer den Dienst auf einmal am PC nutzen? Eine klare Antwort gibt es auf den ersten Blick nicht. Die Nutzer wundern sich über die Einführungen und ignorieren sie.
Wechselt man jedoch die Perspektive und beginnt, aus Unternehmenssicht zu denken, so entsteht schnell ein neues Bild. Gruppenchats, Sprachnachrichten, Telefonie über das Internet, Schriftarten und Vorschaubilder für Links sind attraktiv für Werbetreibende und Firmen, die WhatsApp für die professionelle Kommunikation nutzen wollen.
Heute aktualisieren wir zum ersten Mal seit vier Jahren die Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinie von WhatsApp, als Teil unserer Pläne in den kommenden Monaten Wege zu testen, wie Personen mit Firmen kommunizieren können.
Die aktualisierten Dokumente spiegeln auch wider, dass wir jetzt ein Teil von Facebook sind und wir kürzlich viele neue Funktionen, wie Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, WhatsApp Call und Messaging-Werkzeuge, wie WhatsApp für Web und Desktop eingeführt haben.
Dieses Zitat stammt aus einem Beitrag im offiziellen Firmenblog von WhatsApp. Weiter heißt es in dem Text vom 25. August 2016:
Wie wir Anfang des Jahres bekanntgegeben haben, möchten wir Wege erkunden, wie du mit Unternehmen, die dir wichtig sind, kommunizieren kannst, während wir dir weiterhin ein Erlebnis ohne Bannerwerbung von Dritten oder Spam bieten.
Ob es eine Nachricht von deiner Bank ist, die dir eine möglicherweise betrügerische Transaktion meldet oder eine Nachricht einer Fluggesellschaft, die dich über eine Flugverspätung informiert – viele von uns bekommen Informationen auf verschiedenen Wegen, inklusive SMS oder über Anrufe.
Wir möchten diese Funktionen in den nächsten Monaten testen, aber müssen dafür unsere Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinie aktualisieren.
Die Einordnung macht deutlich, dass WhatsApp mit seinem Service in absehbarer Zeit Geld verdienen möchte. Bislang können Unternehmen WhatsApp nur mit einem sehr großen Personalaufwand per Smartphone lösen oder auf die Dienste von Dritt-Anbietern wie WhatsBroadcast oder Whappodo zurückgreifen. Die Nutzung dieser Dienstleister birgt jedoch ein gewisses Risiko. Sobald WhatsApp die Schnittstelle schließt, verlieren die Unternehmen alle ihre „Nutzer“. Außerdem ist es vor allem zu Beginn häufig zu Accountsperrungen gekommen. Ein sicheres Modell sieht folglich anders aus.
WhatsApp for Business kommt
Den nächsten Schritt auf dem Weg zum Firmen-Medium hat nun kürzlich WhatsApp-Mitbegründer Brian Acton in einem Interview in Neu Delhi bekannt gegeben. Das Tool heißt WhatsApp for Business und soll es kleinen Unternehmen ermöglichen, eine andere Version der App herunterzuladen.
This is for very small businesses, employing less than 10 people, and they are asking for a mobile client, which will help them manage businesses in an easier manner, whether it is about managing customer contact lists or multi-agent support.
erklärt Acton. Kleine Firmen erhalten mit WhatsApp for Business die Chance, getargete Nachrichten und Videos an Nutzer zu senden, die sich in der Nähe eines bestimmten Ladens aufhalten. Der Test beginnt in Indien.
In Verbindung mit den anderen Daten aus dem Facebook-Universum entsteht in kürzester Zeit ein vollständiges Nutzerprofil. Ob sich die User gegen eine Weiterverwertung der Daten für geschäftliche Zwecke wehren können, ist zu bezweifeln.
Im drastischsten Fall bleibt lediglich das Löschen von WhatsApp. Sollte der Messenger tatsächlich diesen Schritt gehen, werden kurze Zeit später ernsthafte Alternativen für die private Kommunikation aufpoppen.
Blick in die Zukunft
In Indien gibt es 200 Millionen WhatsApp-Nutzer. Das sind zwischen 15 und 20 Prozent der globalen Nutzerschaft. Gelingt das Experiment dort, wird WhatsApp for Business in einem nächsten Schritt in Brasilien und Indonesien ausgerollt, wie Acton erläutert.
Wie viel Unternehmen für WhatsApp for Business bezahlen müssen, ist noch nicht bekannt. Vorstellbar wäre beispielsweise eine kostenpflichtige werbefreie Version und eine kostenlose Variante mit Werbeinhalten oder eingeschränkten Features.
Fest steht jedoch, dass Facebook mit der Monetarisierung seines grünen Messengers beginnt. Es wird Zeit, das 19-Milliarden-Invest zu refinanzieren. Hinzu steht der Konzern von Mark Zuckerberg zunehmend vor dem Problem, dass es kaum noch Anzeigenplätze im Newsfeed auf Facebook gibt. Damit wird die Gewinnmarge durch Werbung beschränkt. Um diesem Trend entgegenzuwirken, wäre WhatsApp for Business ein lukrativer Geschäftsansatz.
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