Wann wird autonomes Fahren endlich zum Standard? Und wie lassen sich schon heute innovative Mobilitätsideen konkret umsetzen? Auf den „Future Mobility Days“ in Nürnberg wurde viel diskutiert – und eine ganze Nacht gehackt.
Die Erfindung des Automobils der Zukunft wurde bekanntlich schon mehrere Male vertagt. In einem meiner „Was ist Was?“-Bücher aus den Siebzigerjahren, daran erinnere ich mich noch, waren Fahrzeuge abgebildet, die man heute wohl als „autonom“ bezeichnen würde und die über eine Art Bügel mit der Leitplanke der Straße verbunden waren. Freilich schon damals eine Zukunftsvision. Der Fahrer muss sich nicht mehr auf die Straße konzentrieren, sondern kann seinen Sitz herumdrehen und Zeitung lesen. Neben der Abbildung im Buch hieß es: „Niemand weiß, wie das Auto der Zukunft aussehen wird.“
Vierzig Jahre später macht man sich (mal wieder) konkretere Gedanken über alles, was uns Menschen zukünftig fortbewegen könnte. Der Komplex, über den nachgedacht wird, lässt sich unter dem Begriff „Mobilität von morgen“ fassen und wurde am gestrigen Freitag in Nürnberg von vielen jungen, aber auch einigen älteren Menschen diskutiert.
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Zum ersten Mal finden an diesem Wochenende die „Future Mobility Days“ statt. Die Veranstalter der Firma Insert Effect um Hoody-Träger Benno Bartels haben sich zum Ziel gesetzt, „aus Visionen erlebbare Prototypen zu machen“, wie es heißt. Man wolle den „Austausch zwischen Unternehmen, Startups, Wissenschaft, Entwicklern, User-Experience-Designern sowie Vertretern aus Politik und Gesellschaft im deutschsprachigen Raum fördern“.
„Korsett verhindert Wandel“
Der Ort der Veranstaltung ist bedeutungsschwanger. Es sind Säle des traditionsreichen Verkehrsmuseum der Deutschen Bahn in der Nähe des Hauptbahnhofs und solche des Museum für Kommunikation. Einführen ins Thema wird heute Andreas Knie vom Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (innoZ), zu dessen Gesellschaftern neben der Deutschen Bahn auch etwa Siemens und T-Systems gehören.
Er referiert über die „innovationsfeindliche Haltung der Wissenschaft“ und Ungetüme wie das Carsharing- oder das Personenbeförderungsgesetz. Eine wesentliche Aufgabe der nächsten Jahre dürfte es werden, Rahmenbedingungen für moderne Formen der Mobilität zu schaffen, sagt Knie. Und die Zeit drängt. Derzeit, zum Beispiel, gebe es noch keine Zulassung für Fahrzeuge ohne Lenkrad: In dem derzeit bestehenden Korsett aus Vorschriften und Regelungen werden man keinen wesentlichen Wandel vollziehen können, sagt er.
„Hyperloop“ auf dem Abstellgleis
Denkbar schlecht steht es folglich wohl auch für eine baldige Markteinführung des von Unternehmer Elon Musk bereits vor Jahren vorgestellten Transportsystems Hyperloop aus, das Josef Stoll anspricht. Zumindest in Europa mit seinen zersplitterten Zuständigkeiten sei ein solches Röhrensystem undenkbar.
Der Mann muss es wissen. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit der Entwicklung und Einführung von Innovationsprozessen, wobei Lösungen verschiedenster Branchen genutzt werden. Von Haus aus ist er Diplom-Ingenieur für Luft- und Raumfahrttechnik, und in seinen Vortrag “Urbane Mobilität der Zukunft” ist heute auch ein Video über autonome, rollende Kapseln eingebettet, die sich je nach personeller Besetzung voneinander abkoppeln und, ähnlich dem Prinzip des Platoonings, auch wieder aneinanderdocken können.
Einordnen in einen philosophischen Kontext kann solche Konzepte Markus Junginger von der Porsche-Tochter MHP, der über “menschliche Natur und Systemrationalität“ referiert. Dann wird es wieder praktisch, denn mit den sogenannten „BarCamp Sessions“ beginnt das eigentliche Hauptprogramm der „Future Mobility Days“. Hier werden verschiedenartige Themen aus dem Bereich Mobilität diskutiert, etwa die Möglichkeiten (und derzeitigen Grenzen) von Open Data, konkrete Projekte von Entwicklern, Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum oder Gamification und somit der Versuch, konkrete Produktideen anhand verspielter Anwendungen für den Nutzer attraktiv zu gestalten.
„Design Thinking Jam“
Beim „Design Thinking Jam“ geht es anschließend darum, Vorarbeit für den nächtlichen Hackathon zu leisten. In kleinen Gruppen von fünf bis sieben Leuten werden Pläne für Fortbewegungsmittel der Zukunft erdacht, diese anschließend mit Hilfe von Knetmasse und Lego-Bausteinen konkreter geformt.
https://twitter.com/inserteffect/status/830114972151771137
Herausgekommen ist dabei etwa die „MoBox“, ein Kapsel gewordenes Wohnzimmer, das entweder im Garten stehen oder (vielleicht helfen die Nachbarn dabei) auf einen fahrbaren Untersatz gehoben werden und so Straßen autonom befahren, aber eben auch im Meer schwimmen oder auf einen Reisezug auffahren kann.
Nach dem Abendessen („Bier, Brezen und & Musik“), zu dem es Spaghetti und eine Auswahl an Antipasti gibt, startet der Hackathon der „Future Mobility Days“. Hier sollen interdisziplinäre Teams aus Programmierern, User-Experience-Designern und stets praktisch verwendbare „Universalgenies“ Prototypen, Apps oder auch Hardware-Komponenten entwickeln , die im besten Fall die „Mobilität von morgen“ prägen könnten.
Und auch zur späten Stunde wir hier noch gearbeitet #FMDNUE @FMDNUE 😊 pic.twitter.com/RZcToiFbxg
— Museum für Kommunikation Nürnberg (@mfk_nuernberg) February 10, 2017
Feldbetten für die Hacker
Morgen Abend, am Samstag, werden die Konzepte dann vorgestellt. Für alle, die im Lauf der Nacht müde werden, hat man im Kommunikationsmuseum einen Raum mit Feldbetten klargemacht. Überhaupt waren die ersten „Future Mobility Days“ eine interessante und humorvoll präsentierte Veranstaltung, bei der man den Elan der Veranstalter spüren konnte.
Es war mehr als eine Konferenz mit Häppchen, was wohl auch ein wenig an der selbstgemachten Koriandersuppe lag, die wunderbar aromatisch war und an der seine Ehefrau die ganze Nacht geschnippelt habe, erzählt Benno Bartels, einer der Geschäftsführer.
Während der Hackathon in die Crunch Time eintaucht, rauchen auch beim #FMDNUE Brunch die Köpfe für ein lokales Experimentierfeld… pic.twitter.com/fisuZMXZvx
— Future Mobility Days (@FMDNUE) February 11, 2017
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