Odyssey, eine noch junge soziale Plattform aus den USA für nutzergenerierte Artikel und Reportagen, ist schon jetzt sehr erfolgreich und trotzdem noch unbekannt. Dabei ist die Idee dahinter sehr interessant und beachtenswert.
Hier geht es nicht um das griechische Epos des Dichters Homer um den König Odysseus von Ithaka, der mit seinen Gefährten bei der Rückkehr aus dem Trojanischen Krieg eine Irrfahrt (Odyssee) bewältigen muss, sondern um ein junges Social Media-Unternehmen aus den USA, das dort bisher kaum jemand kennt.
Odyssey ist eine Plattform, die es seinen Nutzern ermöglicht, Texte zu verfassen und einer breiten Community zugänglich zu machen. Es basiert vollständig auf der Arbeit seiner Nutzer, macht sie quasi zu seinen Autoren.
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Das macht Odyssey wiederum zu einem Meinungsmagazin durch nutzergenerierte Inhalte, zu einer Art Instagram für ausführlich geschriebene Artikel, Meinungsbeiträge und Geschichten.
Wie Odyssey funktioniert
Diese Mischung aus Social Media und Publishing hat Erfolg. Denn es braucht keine professionellen Autoren, die für das Schreiben von Artikeln teuer bezahlt werden müssen.
Im Mittelpunkt sollen die Nutzer des Netzwerks stehen. Die Inhalte werden nicht von Odyssey produziert, sondern von ihnen. Die Plattform basiert auf der überwiegend unbezahlten Arbeit seiner Nutzer. Für die Qualität sorgen nachträglich angestellte Redakteure.
Derzeit kann das Netzwerk durchschnittlich 30 Millionen individuelle Klicks pro Monat aufweisen. Eine beachtliche Menge. Vor allem wenn man bedenkt, dass die Plattform dafür gar nicht viel tun muss.
Knapp 81 Prozent des Traffics stammt von anderen sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter. Die Autoren bewerben ihre Texte in ihrem eigenen sozialen Umfeld durch Postings selbst. Wachstum und Reichweite dürften daher fast von allein steigen.
Thematisch raushalten – nur am Ende nachbessern
Das Prinzip dahinter: Die meist jungen Autoren sind in Communities, jeweils bestehend aus ca. einem Dutzend Köpfen, organisiert. Sie schreiben wöchentlich Artikel, die wiederum von ihnen zugewiesenen, fest angestellten Redakteuren editiert werden.
Thematisch will sich Odyssey vollständig aus dem Schreibprozess heraushalten. Über das, was geschrieben wird, sollen die Autoren selbst bestimmen.
Wer mitwirkt, kann seine eigenen Gedanken ausdrücken, seine eigene Meinung zu einem von ihm selbst gewählten Thema artikulieren und einer breiten Masse zugänglich machen. Odyssey ermöglicht Geschichten, die sonst niemand hören würde, so zumindest die Theorie.
Odyssey selbst beschreibt sich als eine Plattform, die seine Inhalte demokratisiert. Als eine Möglichkeit für alle Beitragenden, die eigene Meinung kundzutun mit der Chance, gehört zu werden. Und die Inhalte sollen vor allem ehrlich sein, abseits der großen Medien stattfinden und eine viel breitere Perspektive ermöglichen.
Angefangen als Magazin von Studenten für Studenten
Ursprünglich entstand Odyssey 2010 als 16-seitiges Boulevardmagazin über das Verbindungsleben an ausgewählten US-amerikanischen Universitäten. (Im Englischen Greek Life, was im Übrigen den griechischen Namen der Plattform erklärt.) Ein Magazin von Studenten, für Studenten.
Erst seit 2014 ist Odyssey eine online Plattform für das Publizieren von nutzergenerierten Inhalten. Und die universitären Wurzeln sind noch immer zu erkennen. Die meisten Nutzer von Odyssey sind junge Menschen, meist Studenten, die über ihre Sicht der Dinge schreiben.
Beispielsweise aktuell über Trumps Pläne, eine Mauer zu bauen, über das Älterwerden von Studenten oder lokale Campusgeschichten wie “49 Things That All Penn State Students Have Done“.
Das Geschäftsmodell von Odyssey
Die nachhaltige Monetarisierung von sozialen Netzwerken ist immer schwierig. Werbung ist in sozialen Netzwerken, die auf Inhalte ihrer Nutzer setzen, nie gern gesehen. So ist auch das sich gerade entwickelnde Geschäftsmodell von Odyssey scharfer Kritik ausgeliefert, wie Jane Porter auf Backchannel schreibt.
Die Idee, mit Odyssey Geld zu verdienen, unterscheidet sich faktisch nur wenig von Instagram oder anderen sozialen Netzwerken, die auf nutzergenerierten Inhalten basieren. Unternehmen haben die Möglichkeit, sich Content zu erkaufen und Werbung durch die User zu schalten.
Besonders einflussreiche Autoren werden von Odyssey je nach Klicks mit kleineren Geldbeträgen bezahlt und häufig anschließend angehalten, gesponserte Beiträge zu verfassen. Das Problem dabei: Für solche Artikel sieht die Plattform häufig keine Bezahlung der User vor.
Einige fühlen sich von Odyssey ausgenutzt und kritisieren seine Methoden. So muss sich das Netzwerk momentan vorwerfen lassen, es sei vor allem auf das schnelle, viele Geld aus, dass es durch die überwiegend kostenlose Arbeit von Studenten erzeugt.
Kurzweiliges Campusphänomen oder neue Art der Medienproduktion?
So steht Odyssey momentan an einem Punkt, der in Zukunft wohl über Erfolg und Misserfolg entscheiden wird. Wie weit darf die meist unbezahlte Arbeit der Nutzer zu finanziellen Zwecken verwendet werden?
Wie können erfolgreiche Autoren außerdem langfristig auf der Plattform gehalten werden, wenn man sie nicht oder nur wenig für ihre Arbeit bezahlt?
Autoren müssen in irgendeiner Weise langfristig motiviert werden, Content zu produzieren. Auch in dieser Problematik unterscheidet sich Odyssey kaum von anderen erfolgreichen und erfolglosen user-generated Content-Plattformen.
Trotz allem ist Odyssey eine erfolgreiche und attraktive Plattform vor allem für Junge Menschen, die gerne schreiben, sich in der Arbeit als Autoren ausprobieren und beweisen wollen. Außerdem hat die Idee hinter der Plattform das Potenzial, wirklich authentische Inhalte hervorzubringen, die nicht allein aus der Motivation einer hohen Bezahlung heraus produziert werden.
„Das aufregendste Unternehmen seit Buzzfeed“
Und auch bei Investoren scheint das Modell Begeisterung auszulösen. So lobt Michael Lazerow, der 25 Millionen Dollar investiert hat, Odyssey in den Himmel, beschreibt es als das aufregendste Unternehmen seit Buzzfeed. Das Ziel, langfristig erfolgreich zu sein, eine gute Mischung aus Monetarisierung und Motivation der Autoren zu schaffen, ist schwer.
Hat das Modell Erfolg, kommt es vielleicht irgendwann auch nach Europa. Dann hoffentlich mit festem Ziel, Vorsatz und guter Koordination, damit die Reise nicht in einer endlosen Odyssee endet.
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