Marinela Potor ist digitale Nomadin. Kein fester Wohnsitz, immer unterwegs, Leben und Arbeiten auf Reisen. Für viele ein Traum, für andere ein Graus. Bei BASIC thinking und auf MobilityMag berichtet Marinela wöchentlich über das ortsunabhängige Leben und den digitalen Wandel in der Arbeitswelt.
Kind oder Karriere? Das ist für viele Eltern nicht mehr die richtige Frage. Sie wollen beides und zwar ohne Kompromisse. Eine kreative Lösung dafür ist das Modell der Work-At-Home-Parents, also Eltern, die von zu Hause aus arbeiten.
Work-At-Home-Modell: Kinder weg, PC an?
Es ist 09.30 Uhr als Katrin Härtl Zeit hat für das BASIC thinking-Interview. Sie hat gerade ihre beiden Töchter in den Kindergarten und in die Kita gebracht, jetzt beginnt ihr Arbeitstag. Seit etwa zweieinhalb Jahren ist ihr Haus ihr Büro und umgekehrt.
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Sie wohnt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern (sechs und drei Jahre alt) in Hürth bei Köln und arbeitet als Webentwicklerin für eine Firma in Neuss. Das Work-At-Home-Modell ist für sie ideal: „Wenn die Kinder aus dem Haus sind, arbeite ich sehr konzentriert und kann danach aber wieder Zeit mit meiner Familie verbringen.“
Konzentriert Arbeiten + Quality Time
Diese Regelung musste sie aber mit ihrem Arbeitgeber hart verhandeln, denn dieser wollte sie eigentlich als Festangestellte jeden Tag im Büro sehen. Das tägliche Pendeln hätte für Härtl aber jegliche Qualitätszeit mit ihrer Familie aufgefressen, sodass sie jetzt einen vollen Bürotag pro Woche in Neuss arbeitet und den Rest vom Homeoffice aus.
Dieses Modell kommt für sie aber auch nur in Frage, wenn die Kinder nicht zu Hause sind während sie arbeitet. Ansonsten käme sie nicht zum Arbeiten, sagt Härtl. „Wenn wie jetzt zum Beispiel die Kinder Ferien haben, kann ich das Arbeiten eigentlich vergessen. Denn dann kommen meine Töchter alle zehn Minuten zu mir, damit ich den Klebestift halte oder die Legosteine auseinander baue.“
Work-At-Home-Eltern ja, aber nur wenn die Kinder nicht stören können?
„Das erste Jahr im Homeoffice war das anstrengendste“
Absolut, findet auch Work-At-Home-Papa Hans-Christian Blecke. Der Paderborner ist alleinerziehnd und selbständig und schreibt unter anderem Werbetexte für Kunden oder organisiert große Werbekampagnen für Unternehmen.
Bevor Blecke sich selbständig gemacht hat, arbeitete er zum Teil über 100 Stunden pro Woche in einer großen Agentur. „Es war irgendwann klar, dass ich diesen Job mit einer Familie einfach nicht mehr unter einen Hut bringen konnte“, sagt Blecke im Gespräch mit BASIC thinking. Er probierte noch einige andere Agenturen-Jobs, die ihn aber nach einiger Zeit dennoch so stark einspannten, dass für die Familie keine Zeit mehr blieb.
Seit 2013 ist er deshalb Freelancer und arbeitet von Zuhause aus. Er erinnert sich noch gut an sein erstes Jahr als Homeoffice-Vater. Damals war er noch verheiratet: „Das war das anstrengendste Jahr von allen! Meine Tochter war ein Jahr alt und mit mir zu Hause und ich kam überhaupt nicht zum Arbeiten. Da musste man Besorgungen machen, zum Arzt gehen – ständig fiel etwas an und da ich ja immer daheim war und „Zeit“ hatte, war ja klar, wer das alles übernehmen musste.“
Erst als er und seine Frau sich dazu entschieden, sich eine Tagesmutter als Hilfe zu holen, entwickelte sich das Homeoffice zu dem, was es ursprünglich hätte sein sollte: einem Raum, in dem er arbeitete, wenn er kreativ war und ansonsten Zeit mit seiner Familie verbrachte.
Gute Organisation ist alles
Doch was so verlockend klingt, produktiv arbeiten und dabei gleichzeitig Zeit für die Familie haben, ist in der Praxis nicht immer so leicht. „Es braucht dafür wirklich eine sehr gute Organisation“, sagt Katrin Härtl, die neben Job und Familie auch noch für die SPD im Hürther Stadtrat sitzt.
Denn wenn Beruf und Freizeit so ineinander übergehen wie bei den Work-at-Home-Eltern, dann wird es auch für Familie, Arbeitgeber oder Kunden schwer, die Bereiche voneinander zu trennen.
„Wenn ich zum Beispiel gerade mit meinen Töchtern spiele, kann das Telefon klingeln und ein Kunde möchte, dass ich ein Projekt ganz dringend fertig stelle. Dann muss ich mitten in der Freizeit ins Büro. Andersherum ist es auch für Kunden sehr schwer zu verstehen, dass ich Urlaub habe. Da werde ich am Strand angerufen und zur Arbeit gebeten. Wenn ich dann darauf hinweise, dass ich eigentlich frei habe, kommt dann sofort die Frage, ob ich denn nicht meinen Computer dabei hätte“, erklärt Blecke.
Eltern im Homeoffice brauchen verständnisvolle Partner und technische Tricks
Der fliegende Wechsel zwischen Familie und Büro ist für viele Work-At-Home-Eltern daher nicht immer leicht zu manövrieren. „Es braucht sehr verständnisvolle Partner im Privatleben und viele technische Tricks wie eine Stummschaltefunktion am Handy, damit ein solches Lebensmodell nicht nur für einen selbst, sondern auch für das Umfeld funktioniert“, glaubt Blecke.
Andererseits hat genau diese Flexibilität natürlich auch viele Vorteile. Abgesehen davon, dass am Ende mehr Zeit für die Familie bleibt, läuft auch das Arbeiten flüssiger. Gerade in seinem kreativen Beruf schätzt Hans-Christian Blecke die fließenden Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit: „Man ist ja nicht unbedingt nur zu Bürozeiten kreativ“, sagt er.
„Wenn ich also mal eine Schreibblockade habe, hänge ich dann die Wäsche auf oder mähe den Rasen. Dabei kommen einem sowieso die besten Ideen. Und dann setze ich mich wieder eine Stunde ins Büro und schreibe.“ Kein anderes Umfeld könne ihm diese Kombination bieten, auch kein Coworking Space oder ein Café. Das Modell Work-At-Home-Parent möchte er daher nicht mehr missen.
Arbeitgeber trauen Eltern im Homeoffice nicht
Dass auch sie genau dieses Lebensmodell umsetzen würde, hätte Katrin Härtl vor einigen Jahren nie gedacht. „Als ich mit der Uni fertig war, war für mich klar, dass ich keine Kinder wollte. Ich komme aus einem kleinen Ort in Bayern und da ist es traditionell so, dass eine Frau mit Kindern nicht arbeitet. Ich hatte mir das Studium komplett selbst finanziert, das wollte ich nicht alles aufgeben müssen.“ So hat sie im Homeoffice ein perfektes System gefunden, um Arbeit und Familie zu kombinieren.
Als Webentwicklerin, wo man ohnehin projektorientiert arbeitet, ist das aber vielleicht auch einfacher als in anderen Berufen. Denn gerade in Deutschland wird Arbeit immer noch mit Anwesenheit anstatt mit Leistung gleichgesetzt. Natürlich erfordern gewisse Berufe eine körperliche Anwesenheit und es ist auch bei einigen Jobs aus Sicherheitsgründen bedenklich, sensible Daten mit nach Hause zu nehmen.
Doch darüber hinaus herrscht in Unternehmen auch großes Misstrauen gegenüber der Arbeit im Homeoffice. Viele Arbeitnehmer befürchten, dass die Produktivität bei der Arbeit zu Hause sinken könne.
Dennoch glauben Härtl und Blecke, dass deutsche Unternehmen offener für die Arbeit im Homeoffice sein sollten. Zumindest als Option für Eltern, die das möchten. Aktuelle Studien geben ihnen Recht. Sie zeigen: Glückliche Eltern sind nicht nur produktiver im Job, auch ihre Kinder sind glücklicher!
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