Unsere neue Reihe „Kontrovers unterwegs“ greift Mobilitätsthemen auf, über die sich trefflich streiten lässt. Thema heute: Bahnfahren in Deutschland. Es diskutieren: die beiden Chefredakteure des Mobility Mag. Während Ekki Kern seine Reise im ICE und Regionalexpress als „meist entspannt“ und nicht selten sogar als „kostengünstig“ (zum Beitrag) beschreibt, empfindet Marinela die Reise auf Schienen hierzulande als „teuer, umständlich und unzuverlässig“, wie hier zu lesen ist.
Das, was jetzt kommt, ist natürlich oftmals sehr plakativ gesagt. Aber es stimmt eben auch. Ich bin ich jedes Mal, wenn ich in Deutschland Zug fahre, am Ende so sauer, dass ich am liebsten nie wieder in die Bahn steigen möchte.
Dabei gehöre ich, zugegeben, zu einer ganz besonderen Spezies von Bahnreisenden, den Gelegenheitsfahrern. Wir sind diejenigen Kunden, die nicht täglich pendeln, sondern nur hin und wieder den Service der Bahn nutzen möchten – oder eben müssen.
Nur leider macht die Bahn es Gelegenheitsfahrern wie mir sehr schwer zu treuen Kunden zu werden. Warum? Weil Bahnfahren für mich hierzulande nicht bequem, nicht planbar und nicht bezahlbar ist.
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Es fehlen günstige Angebote für Gelegenheitsfahrer
Bahnfahren muss doch nicht teuer sein! Das weiß ich (theoretisch), und es stimmt auch für Dauerfahrer. Die Bahncard 50 lohnt sich bei häufigem Fahren natürlich und macht preislich einen großen Unterschied. Auch die Sparpreis-Aktionen machen das Fahren günstiger.
Doch wenn ich als eben jener Gelegenheitsfahrer, der ich nun mal bin, zwei oder dreimal im Monat Zug fahre, dann bringen mir derartige Angebote herzlich wenig. Stattdessen zahle ich den vollen und, wie ich finde, sehr happigen Preis. Die einzige Ausnahme ist hier für mich die aktuelle Bahncard 25, mit der die Bahn endlich auch mal für Kunden wie mich ein attraktives Angebot bietet.
Darüber hinaus muss ich aber dann beim Zahlen an den Automaten schon schlucken. So fuhr ich etwa im Oktober 2016 mit dem Zug von Dortmund nach Düsseldorf. Eine einfache Strecke kostete im billigsten Fall 12 Euro. Das sind 12 Euro für eine Stunde Zugfahrt. Ich bin die gleiche Strecke auch mit einer Mitfahrgelegenheit gefahren – und habe dafür nur 5 Euro gezahlt. Damit ist die Zugfahrt mehr als doppelt so teuer – ein beachtlicher Unterschied.
Fahrten aufs Land dauern ewig
Doch Bahnfahren geht nicht nur ins Geld, es ist auch umständlich. Ich meine damit den großen persönlichen Aufwand, den ich damit habe, wenn ich von A nach B gelangen will. Wenn ich von einer deutschen Großstadt in die andere will, ist alles ganz einfach. Keine Frage. Doch wenn es dann darum geht, in weniger dicht besiedelte Regionen (a.k.a. aufs Dorf) zu kommen, sieht es ganz anders aus.
Ein Beispiel: Wenn ich von Dortmund nach Köln mit dem Zug fahre, dauert das bei einer direkten Verbindung etwas über eine Stunde. Genau so lange fahre ich mit dem Auto, nur dass ich dabei natürlich noch im Stau stecken kann und unter Umständen sehr viel Zeit bei der Parkplatzsuche verliere. Der Zug ist hier also eindeutig die bessere Option.
Wenn ich nun aber mit dem Zug beispielsweise von Dortmund nach Winterberg ins Hochsauerland fahren möchte, wird es kompliziert. Eine direkte Verbindung gibt es nur alle zwei Stunden. Wenn ich diese erwische oder mir der Zeitplan passt, habe ich Glück, denn dann bin ich genauso lange wie mit dem Auto unterwegs, also etwa eineinhalb Stunden.
Ansonsten muss ich entweder ein oder sogar zwei Mal umsteigen (ein Mal davon in einen Bus), und die Fahrt dauert dann schon zweieinhalb Stunden. Wenn wir das als Hin- und Rückfahrt hochrechnen, wäre ich fünf Stunden statt drei unterwegs und könnte dabei auch im Zug nicht bequem sitzen oder arbeiten, da ich alle Nase lang umsteigen muss.
Mal abgesehen davon, dass wir hier natürlich von der Regionalbahn ohne WLAN und ohne ruhige Abteile sprechen. Das finde ich mühsam und langwierig. Wenn ich also die Wahl habe, bevorzuge ich immer das Auto.
Immer zu spät ist kein Klischee
All das, also die teuren Tickets, das Umsteigen und der Zeitaufwand, wären sogar noch irgendwo vertretbar, wenn ich mich auf die Bahn verlassen könnte. Denn Autofahren zu Stoßzeiten ist schließlich auch kein Spaß und so würde ich sogar bei etwas längeren Fahrzeiten immer noch die Bahn bevorzugen. ABER: Was zu alldem hinzu kommt: Die Bahn ist unzuverlässig.
Züge sind oft nicht pünktlich und selbst wenn ich verstehe, warum sie zu spät dran sind, hilft mir das als Reisender nicht unbedingt weiter. Ich verpasse dadurch trotzdem Anschlusszüge und bin dann eventuell statt der zweieinhalb Stunden im Beispiel schnell vier Stunden unterwegs.
Verbindung verpasst
Als ich beispielsweise vor wenigen Wochen in der hoch frequentierten Vorweihnachtszeit aus besagtem Sauerland gen Dortmund unterwegs war, kamen wir mit ca. 10 Minuten Verspätung am Umsteigebahnhof an. Dadurch verpasste ich meinen Anschlusszug und musste 30 Minuten auf die nächste Verbindung warten. Statt des geplanten Regionalexpresses landete ich nun in der Regionalbahn und kam dann im Endeffekt eine Stunde später in Dortmund an als geplant.
Sicher, das hätte mir auch mit dem Auto passieren können. Im Ruhrgebiet steht man oft eine Stunde im Stau. Nur wäre das natürlich im warmen Auto gewesen und nicht am kalten, dunklen Bahnhof. Wenn ich darüber hinaus noch einen wichtigen Termin gehabt hätte, wären mir über das Warten hinaus noch weitere Unannehmlichkeiten entstanden.
Das Schiff wäre ohne sie abgefahren
So traf ich einmal zwei Damen im Zug, die gerade von ihrer Kreuzfahrt zurückkamen und von Kiel nach Dortmund unterwegs waren. Ihr Zug war bei der Hinfahrt ebenfalls nicht pünktlich abgefahren, sie hatten dadurch ihren Anschlusszug verpasst und mussten dann tatsächlich vom Bahnhof einer anderen Stadt aus ein 100 Euro teures Taxi nach Kiel nehmen, nur um die Abfahrt ihres Schiffes nicht zu verpassen.
Natürlich kann man hier sagen, da hätten die zwei einen größeren zeitlichen Puffer planen sollen. Aber man kann ja nicht immer fünf Stunden früher losfahren, nur weil man sich auf die Bahn nicht immer verlassen kann. Als Service an die Kunden finde ich das untragbar.
Alles richtig gemacht und trotzdem nur Stress
Ein weiteres Beispiel kommt von meinem Vater. Er ist in seinem Leben etwa sechs Mal in Deutschland mit dem Zug gefahren, und jedes einzige Mal war der Zug entweder zu spät oder der gebuchte Zug fiel aus.
So mussten meine Eltern bei ihrer letzten Zugfahrt mitsamt Koffern von einem Gleis zum anderen rennen, und das ist für zwei Über-Sechzigjährige auch etwas anderes als für jemanden Mitte 20. In ihrer neuen (völlig überfüllten) Zugverbindung konnten sie dann natürlich auch nicht mehr ihre im Voraus reservierten Sitzplätze geltend machen.
So wurde eine eigentlich gut geplante, gemütliche Zugfahrt zum puren Stress. Und, glaubt mir, nach diesen Erfahrungen beeindruckt es meinen Vater recht wenig, wenn die Statistik sagt, dass die Bahn ja eigentlich gar nicht so unpünktlich sei, wie alle sagen.
Nur faule Ausreden
Und da wir schon gerade dabei sind: Ja, die Bahn erstattet natürlich auch einen Teil der Kosten, wenn die Unannehmlichkeiten sehr groß waren. Auch das ist mir schon einige Male passiert. Nur habe ich mein Geld nie tatsächlich zurückgefordert, weil ich nach einer achtstündigen Zugfahrt (die eigentlich vier hätte dauern sollen) keine Lust mehr hatte, nun auch noch eine Stunde lang in der riesigen Schlange zu stehen, um auf mein Geld zu warten.
An dieser Stelle ist es mir ehrlich gesagt auch relativ egal, wenn jetzt Argumente kommen wie: Die Bahn ist nicht immer Schuld an den Verspätungen. Oder: Wir müssen zwischen Regionalverkehr und den Zügen der Deutschen Bahn unterscheiden.
Als Fahrgast ist das für meine Fahrerfahrung absolut irrelevant, welches Unternehmen nun genau Schuld hatte. Meine Erfahrung nach so einer Fahrt ist einfach negativ, und ich überlege mir beim nächsten Mal sehr gut, ob ich mir das alles tatsächlich wieder antun möchte.
Ich habe auch das Totschlagargument satt, dass das Schienennetz der Bahn so groß ist und daher alle Probleme rühren. Ja, natürlich liegt es zum Teil auch daran. Doch ich bin ja auch nicht als Bahnversteher unterwegs, sondern als Kunde. Als Kunde interessiert es mich herzlich wenig, was genau in einem Unternehmen dazu geführt hat, dass ein Produkt nicht funktioniert.
Das ist hart, aber Kunden wollen eigentlich nur eins: Dass der Service, den sie nutzen, auch funktioniert. Wenn aber für mich als Kunde das Endprodukt teuer, unzuverlässig und schlicht und ergreifend schlecht ist, dann hat die Bahn mich verloren.
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