Spruchbilder werden dank Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Pinterest immer populärer. Sebastian Meineck, Mitgründer der Seite RLY-News, stellen seine 5 Thesen zum Thema Spruchbilder in einem Gastbeitrag vor.
Der Postillon macht es und die Tagesschau macht es, Bento macht es und der Deutschlandfunk macht es auch: Spruchbilder sind Mainstream. Als wir RLY gegründet haben, wollten wir noch einen drauf setzen. RLY ist die vielleichte erste Seite, die sich allein dem Spruchbild-Journalismus verschreibt.
Es war ein Sommer, der vom Brexit, Donald Trump und der AfD dominiert wurde, als wir in der Lehrredaktion der Deutschen Journalistenschule dachten: Kann da nicht einfach mal jemand laut „RLY?“ sagen? Das ist das Motto von RLY-News. Wir kitzeln das aus den News, was einfach nur RLY ist. Eine tägliche Dosis WTF. Dazu liefern wir Hintergründe durch verlinkte Artikel und Videos.
Neue Stellenangebote
Growth Marketing Manager:in – Social Media GOhiring GmbH in Homeoffice |
||
Social Media und PR Specialist (m/w/d) BeA GmbH in Ahrensburg |
||
Social Media Manager B2B (m/w/d) WM SE in Osnabrück |
Mit RLY-News wollen wir Leute erreichen, die sich sonst eher durch lustige Sprücheseiten klicken. Seit Juli konnten wir mehr als 4.000 Fans sammeln. Fünf Thesen zum Spruchbild-Journalismus.
These 1: Die dümmsten Sprüche kriegen die meisten Likes
Jeden Tag posten Sprücheklopfer dumme Sprüche auf hunderten Spruchbildseiten – und sind damit enorm erfolgreich. Die Sprüche verblüffen durch radikale Witzlosigkeit. 9.000 Leute mögen zum Beispiel das Instagram-Spruchbild: „Like das, wenn du jemanden liebst“. Schwer nachvollziehbare 6.000 Likes gab es für: „Ich habe gerade das Bedürfnis, zu weinen“.
Solche Bullshitsätze sollen einen einzigen Reflex auslösen: „Kenn ich!, Daumen hoch!“ Aber Spruchbild-Journalismus verlangt andere Reflexe. Journalistische Sprüche sollen nicht mechanisch durchgeliked werden, sondern zum Nachdenken anregen. Der gewünschte Reflex lautet: „RLY?“
These 2: Nachrichten sind RLY.
Was in der Welt passiert, ist einfach irre. Trump behauptet, Hillary Clinton hätte den Islamischen Staat gegründet? Das Innenministerium nennt die Kritik an Erdogan ein „Büroversehen“? Bob Dylan bekommt den Literaturnobelpreis – und schweigt? Oft sind schon die Fakten Pointe genug. Das ist der Stoff, aus dem Spruchbild-Journalismus gemacht ist.
These 3: Spruchbilder sind ein eigenes Medium
Niemand würde ernsthaft versuchen, bei einer Romanverfilmung die bedruckten Buchseiten abzufilmen. Das Medium Film hat eben seine eigenen Ausdrucksmittel. Ähnlich doof ist es, irgendeinen Text auf ein Spruchbild zu packen – nur weil Bilder häufiger in den Feeds auftauchen. Sogar eine gute Schlagzeile könnte für ein Spruchbild ungeeignet sein.
Es geht beim journalistischen Spruchbild nicht um die wichtigsten Infos, sondern um das größte RLY auf kleinstem Raum. Sonst geht der Spruchbild-Journalismus im Feed unter, neben Sprüchen wie: „Like das, wenn du jemanden liebst“.
These 4: Fakten sind kein Wert für sich
Der Feed von Facebook und Instagram trennt nicht zwischen Fakten und Fiktion. Der normale Nutzer macht das auch nicht. Wer durch seinen Feed scrollt, bleibt eben bei dem hängen, was er irgendwie interessant findet. Unter Breaking News können Nonsens-Sprüche stehen wie: „Das W im Namen von George W. Bush steht für Waldemar„. In den ersten Wochen von RLY-News wollten einige Nutzer wissen, was „RLY“ von „Faktillon“ und „Faktastisch“ unterscheidet. Die Antwort: „Faktillon“ bringt Satire, unsere Meldungen sind wahr. „Faktastisch“ bringt random facts, unsere Meldungen sind aktuell. Die Reaktion: ¯_(ツ)_/¯.
Für den Nutzer sind Fakten und Aktualität vielleicht ein nettes Feature. Aber wenn der Blick nicht kleben bleibt, hat der Spruchbild-Journalismus verloren. Das RLY-Gefühl ist ein emotionaler Impuls, der die Nachrichten aus dem Feed hervorhebt. Ausgewogene Berichterstattung muss in den sozialen Medien ein RLY-Gefühl hervorkitzeln, sonst drängen sich Fakes und Propaganda in den Vordergrund. Auch der Wahlkampf von Donald Trump wäre ohne die sozialen Medien wohl nicht so erfolgreich gewesen.
These 5: Der Feed regiert
Im Sommer hat Facebook seine Algorithmen verändert und damit die Reichweite von RLY-News halbiert. Einfach so. Schon immer haben geteilte Links bei RLY-News nur halb so viele Leute erreicht wie Spruchbilder. Und Spruchbilder erreichen nur halb so viele Leute wie Videos: Einfach so. Facebook ist eine Infrastruktur mit gesetzten Regeln, und Seitenbetreiber müssen das hinnehmen.
Mit anderen Regeln wären die Spruchbild-Seiten vielleicht gar nicht erst groß geworden. Auch den Spruchbild-Journalismus wird es nur so lange geben, wie Bilder in den Feeds bevorzugt werden. Das kann sich ändern. Vielleicht zerbrechen wir uns also in fünf Jahren den Kopf über ganz andere Dinge wie: Augmented Reality-Journalismus.
Crowdfunding: RLY-Magazin sichern
Wer Lust auf noch mehr RLY hat, kann sich noch bis 17. November das gedruckte RLY-Magazin sichern. Das Magazin ist eine Sammlung gedruckter RLY-Longreads für alle, die mehr wollen als Spruchbilder. Im Magazin verraten wir, warum eine Transsexuelle zur AfD geht und warum junge Bayern ohne Sicherung auf den höchsten Kirchturm der Welt klettern.
Damit das RLY-Magazin gedruckt werden kann, brachen wir aber Unterstützung. Es fehlen nur noch ein paar Supporter, dann haben wir die Mindestsumme auf Startnext erreicht. Du kanst uns auch auf Facebook, Instagram und Twitter folgen.
Update: In einer früheren Version hieß das Projekt noch „Hä“, musste sich nun aber in „RLY“ umbenennen. Wir haben das entsprechend geändert.
[…] HÄ? – Fünf Thesen zum Spruchbild-Journalismus […]
[…] Auch interessant: RLY? – Fünf Thesen zum Spruchbild-Journalismus […]