Abschied nehmen fällt vielen von uns schwer: Da werden schöne Erinnerungen und Taschentücher ausgepackt, da fließen Tränen und da nimmt man sich nochmals ganz fest in den Arm. Wie ist das aber für Menschen, die ständig reisen und sich damit auch ständig verabschieden? Haben Auswanderer, Dauerreisende oder digitale Nomaden es nicht sogar leichter beim Abschiednehmen?
Jeder Abschied hat zwei Seiten
Bei meinem ersten Abschied war ich sechs Jahre alt. Ich stand am Flughafen in Bukarest, meine Großeltern hatten mich gerade der Stewardess für den Flug nach Deutschland anvertraut. Gut 1.000 Kilometer entfernt warteten meine Eltern schon aufgeregt auf mich. Ich war zu jung, um all die Hintergründe dieser Reise zu verstehen.
Doch eins war mir damals schon klar: Abschied nehmen hat zwei Seiten. Wir lassen nicht nur etwas zurück, es kommt auch etwas Neues auf uns zu. Fast 30 Jahre später ist der Abschied ein fester Teil meines Alltags als digitale Nomadin.
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„Habʼ ein schönes Leben!“
Abschiede sind für alle von uns tägliche Begleiter. Wir sagen „tschüss“, wenn wir morgens zur Tür herausgehen, „bis gleich“, wenn wir kurz zum Supermarkt gehen und „man sieht sich“, wenn wir unseren Nachbarn zuwinken. All das sind keine besonders großen Momente: Der Abschied wird den Alltag nicht verändern, denn er ist nur kurzfristig, nur temporär.
Anders sieht es aus bei Menschen, die für einen längeren Zeitraum oder auf unbestimmte Zeit unser Leben verlassen. Diese Abschiede werden mit Ritualen zelebriert, da sie einen größeren Einschnitt markieren. Das kann ein Abschiedsgeschenk sein, die Abschiedsparty oder das letzte Abendessen im Lieblingslokal. Wir sind uns bewusst, dass wir einen Abschnitt beenden. Meist erfüllt uns das auch mit Trauer und Nostalgie und dem Bewusstsein, dass eine unbekannte Zukunft vor uns liegt. Für den Zurückgelassenen ist das ein Alltag ohne die geliebte Person, für den Abschiednehmenden ein neuer, unbekannter Anfang.
Als digitale Nomaden wiederum erleben wir Abschiede in ungewöhnlich hoher Zahl. Ich verabschiede mich jedes Jahr aufʼs Neue von meinen Eltern und Freunden („bis zum nächsten Jahr!“). Auf Reisen verabschiede ich mich vielleicht alle zwei Tage von Hostelbekanntschaften („habʼ ein schönes Leben). Von manchen Freunden, die genau so gerne reisen wie ich, verabschiede ich mich sogar für die nächsten fünf Jahre („bis wir mal wieder am selben Ort sind“).
Jedes Mal, wenn dieser Moment ansteht, habe ich immer noch das gleiche Gefühl wie damals am Flughafen in Bukarest: Ich bin traurig, dass etwas Altes aufhört und gleichzeitig aufgeregt, dass etwas Neues beginnt.
Digitale Nomaden erleben Abschiede intensiver
Viele Nicht-Nomaden werfen uns digitalen Nomaden ja häufig vor, dass wir mit unseren vielen Reisen vor etwas weglaufen würden. Ich glaube aber vielmehr, dass wir zu etwas HIN reisen.
Zum Unbekannten. Aufregendem. Unerwartetem.
Dieses Hineinstürzen in immer neue Abenteuer kann für manche sogar zur Sucht werden. Dann wird das Abschiednehmen zur Dopamin-Spritze. Für die meisten von uns jedoch, ist das Abschiednehmen kein Spaß. Auch wenn wir wissen, wir sehen diese Menschen bald wieder, auch wenn Spannendes auf uns wartet – wenn wir zum letzten Mal aus dem Zug winken oder uns nochmal am Check-in Schalter umdrehen, dann kommt doch dieser unangenehme Kloß im Hals hoch.
Deswegen glaube ich nicht, dass digitale Nomaden das Verabschieden anders verspüren oder als weniger schmerzhaft empfinden als sesshafte Menschen. Ich glaube aber, dass wir Abschiede intensiver wahrnehmen – gerade weil sie einen so große Konstante in unserem Leben sind.
Digitale Nomaden wissen: Die Zeit zusammen ist kurz und kostbar
Das fängt schon bei der Zeit an, die wir mit unseren Lieben verbringen. Wir wissen, dass jede Zusammenkunft zeitlich begrenzt ist. Vielleicht haben wir nur drei Tage zusammen oder drei Monate – aber das Ende ist immer in Sicht. Ich habe deshalb gemerkt, dass ich viel sorgsamer mit meiner Zeit umgehe.
Wenn ich drei Monate in Deutschland bin, und es gibt die entfernte Möglichkeit einen lieben, alten Freund zu treffen, dann setze ich so ziemlich alles in Bewegung, damit das klappt. Denn wer weiß, wann wir mal wieder zusammen kommen?
Früher hätten wir das Treffen wahrscheinlich verschoben, mit dem Gedanken, dass wir ja alle Zeit der Welt haben. Nur um ein Jahr später zu merken, dass wir uns immer noch nicht gesehen haben. Das passiert mir nicht mehr.
Auch bin ich wählerischer geworden, mit wem ich meine Zeit verbringe. Wenn der Abschied stets in greifbarer Nähe ist, möchte ich meine Zeit nicht mit Menschen verschwenden, die mir nicht wichtig sind. Dann sage ich der entfernten Bekannten ab, und treffe mich stattdessen lieber ein Mal mehr zum Kaffee mit der Freundin.
Innehalten und dankbar sein
Doch nicht nur die Zeit vor dem Abschied, auch das Verabschieden selber, zelebrieren wir wohl etwas mehr als andere. Das muss nicht unbedingt mit einer Party sein, aber definitiv im Geiste. Am Ende eines Zeitabschnittes an einem Ort, setze ich mich zum Beispiel gerne in einem ruhigen Moment hin und denke über all die schönen vergangenen Momente nach. Eine bewusstere Nutzung meiner Zeit hat auch dazu geführt, dass ich tatsächlich viel mehr schöne, wertvolle Momente erlebe – und diese dann mehr schätzen kann.
Ich denke beispielsweise über die Personen nach, die ich in den vergangenen Monaten getroffen habe und bin dankbar für all die schönen Augenblicke, die sie mir geschenkt haben. Kitschig? Und wie! Ich glaube aber, dass die häufigen Abschiede bei mir tatsächlich dazu geführt haben, dass ich mich mehr mit meiner emotionalen Seite auseinandersetze. Täte ich das nicht, könnte ich diese Abschiede und Zusammenkünfte gar nicht richtig verarbeiten und dann wäre ich wahrscheinlich wirklich ein totales emotionales Wrack. So verspüre ich beim Abschiednehmen jedes Mal tiefe Dankbarkeit.
Auf zu neuen Ufern
Damit kann ich mich dann aber auch voll auf die Zukunft konzentrieren. Ich kann den Abschiedsschmerz besser verarbeiten, und die Vorfreude einfacher zulassen.
Denn ich weiß, auf mich warten andere Freunde, neue schöne Momente und – wie immer – viel Unbekanntes.
Wie sieht das bei euch aus? Fallen Abschiede euch schwer oder vermeidet ihr es komplett, euch zu verabschieden? Wie geht ihr damit um, dass ihr stets liebe Menschen zurück lasst?