Sind die Kinder erstmal da, ist die Freiheit vorbei. Quatsch, findet Mama, Selbstständige und digitale Nomadin Susanne Bux. Gerade die Elternzeit ist ein idealer Moment, um seinen Lebensentwurf zu überdenken – und neue Wege zur persönlichen Freiheit zu finden.
Elternzeit: Gut auf dem Papier, mangelhaft in der Praxis
Wir brauchen uns da nichts vorzumachen: Für die meisten Frauen ist der Karriereknick durch Elternzeit und Babypause vorprogrammiert. Aber auch Männer sind von dem Thema betroffen. Wollen sie sich stark in der Familie einbringen, stoßen sie häufig auf Unverständnis bei Kollegen und Vorgesetzten. Selbst wenn beide Elternteile recht schnell nach der Geburt des Nachwuchses wieder im Büro stehen, müssen sie sich eingestehen, dass ihre Flexibilität stark nachgelassen hat.
Wenn es nach der Gesetzeslage geht, ist Deutschland ein sehr familienfreundliches Land. Es gibt so viele Förderprogramme, wie in sonst keinem anderen Land. Neben dem Kindergeld gibt es z.B. die sehr lange, bezahlte Elternzeit oder Kinderkrankheitstage für Arbeitnehmer.
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Krankes Kind? Ist dem Arbeitgeber egal!
Das Verständnis für Eltern ist in den Betrieben jedoch keineswegs da. Wenn das Kleinkind nun zum vierten Mal innerhalb von ein paar Wochen krank wird, können die Eltern da auch nichts gegen machen, so unangenehm es ihnen auch ist. Der Arbeitgeber bekommt aber zwangsläufig das Gefühl, dass er sich nicht voll auf seinen Mitarbeiter verlassen kann.
Dienstreisen bedeuten für Eltern immer gleich einen viel höheren Aufwand, als für Kinderlose. Besonders für Frauen, die meist die primäre Bezugsperson für ihre Kinder sind, ist dies kaum zu bewerkstelligen, solange die Kinder noch klein sind. Von Männern wird oft unbewusst erwartet, dass sie sich von ihrer Familie nicht einschränken lassen. Wenn sie trotzdem einen Teil der Arbeit abfangen, weil z.B. die Partnerin selber auch berufstätig ist, müssen sie damit rechnen, dadurch einen Dämpfer in ihrer Karriere hinzunehmen.
Das Ergebnis ist, dass viele Väter gar nicht erst Elternzeit beantragen und Mütter feststellen müssen, dass „Kind und Karriere vereinen” eine große Lüge ist und sie stattdessen täglich damit kämpfen müssen, diesen Spagat zu bewerkstelligen.
Was bedeutet eigentlich Karriere?
Das Wort stammt vom lateinischen „carrus” (Wagen) und bezeichnet damit eigentlich die „Fahrstraße”. Es könnte also auch mit dem Weg – dem Lebensweg – gleichgesetzt werden. Meist wird Karriere aber für die berufliche Laufbahn verwendet, oder sogar nur mit dem beruflichen und sozialen Aufstieg gleichgesetzt.
Was ist ein Karriereknick?
Unter einem Karriereknick wird infolgedessen häufig verstanden, wenn der berufliche und soziale Aufstieg stagniert oder gar abfällt.
Aber fassen wir mal Karriere nicht so eng, sondern gehen auf die Bedeutung des Lebensweges ein. Der Lebensweg ist selten geradlinig und hat viele Kurven und Windungen. Ein Karriereknick ist in diesem Fall also einfach nur eine Kurve in deinem Lebensweg – das klingt doch eigentlich gar so schlimm. Ist ein geradliniger Weg überhaupt etwas Erstrebenswertes?
Ein Weg, der Veränderungen und neue Überraschungen hinter den Kurven enthält, klingt doch eigentlich ganz spannend. Jede Biegung in deiner Karriere muss also nicht zwangsläufig eine Schande sein, sondern kann als Chance begriffen werden! Ist es wirklich wichtig, dass du deinen Pfad wieder in die ursprüngliche Richtung zurückbiegst, oder ist es nicht vollkommen okay, in eine andere Richtung weiter zu laufen?
Für die meisten Eltern ist es unvermeidbar, dass sich durch die Geburt der Kinder die eigenen Prioritäten stark verschieben. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich viele die Frage stellen, ob sie nach der Elternzeit wirklich wieder in den alten Job, in das alte Muster zurückkehren wollen. Und so manch einer gelangt zu dem Schluss, dass er eigentlich viel lieber etwas Anderes machen würde.
Die Gesellschaft hat Erwartungen an jeden Einzelnen
Früher gab es einfach die Erwartung, dass der Vater das Geld verdient und die Mutter die Kinder hütet. Heute wird allerdings erwartet, dass beide Elternteile beides machen und zwar möglichst perfekt. Die Politik scheint der Meinung zu sein, dass das nur eine Frage des Geldes ist. Aber damit wird am eigentlichen Problem vorbeioptimiert – nämlich dem, dass dein Leben einen Knick genommen hat und du gar nicht unbedingt mit allen Mitteln wieder zurück in die ursprüngliche Richtung gehen möchtest…
Aber genau das ist gesellschaftlich gar nicht akzeptiert. Es wird zwar immer üblicher, dass man nicht 40 Jahre lang in derselben Firma arbeitet, aber sich komplett umzuorientieren, oder etwas Neues zu wagen, sollte doch bitte lieber jungen Menschen ohne eigene Familie überlassen werden.
Ich bin jetzt mal so frei zu behaupten: Als Eltern kann man es sowieso niemandem Recht machen. Von irgendeiner Seite kommt doch immer Kritik an der Art und Weise, mit der man versucht den Spagat zwischen Familie und Beruf zu bewältigen. Warum also nicht gleich komplett ausbrechen? Nimm den Karriereknick, den du sowieso has,t und mach daraus etwas, das dich glücklich macht. Hör nicht auf diejenigen, die sagen, dass du unbedingt schnell in deinen Beruf zurückkehren musst, um den Anschluss nicht zu verlieren.
Steh zu den Veränderungen, die dein Leben mit sich bringt. Mach nicht das, was die Gesellschaft von dir erwartet, sondern mach das was zu dir und deiner Familie passt.
Überdenke eingefahrene Lebensmodelle
Alte Lebensmodelle sind bequem und scheinen sicher. Gerade mit kleinen Kindern möchte man sich lieber an Altbewährtes halten. Doch machen diese Lebensmodelle dich auch wirklich glücklich?
Es lohnt sich, gerade mit Kindern nochmal darüber nachzudenken, was einem wirklich viel bedeutet im Leben. Ist dein langweiliger 40-Stunden Job wirklich das, was zählt? Willst du das deinen Kindern vorleben? Ist es nicht vielleicht wichtiger unseren Kindern die Freude am Leben vorzuleben? Sollten wir nicht für unsere Kinder da sein, anstatt für sie Geld zu verdienen?
Ein Karriereknick durch Elternzeit kann ein perfekter Ausgangspunkt sein. Du sollst deswegen nicht warten bis du Kinder hast, um deine Lebensmodelle zu überdenken. Es ist definitiv einfacher einen Umbruch zu wagen, wenn du nur für dich verantwortlich bist. Aber bei vielen kommt der Gedankenprozess zu Veränderungen eben erst mit den Kindern. Und dann nutze die Gelegenheit für Veränderungen!
Warte nicht auf die Midlife Crisis
Die sogenannte „Midlife Crisis” ist genau der Punkt, an dem Menschen erkennen, dass ihr derzeitiges Lebensmodell gar nicht das ist, was sie sich für ihr Leben vorgestellt hatten. Das tritt aber meistens erst um die 40-45 Jahre auf. Und wer die Midlife Crisis erfolgreich übersteht, arbeitet dann nur noch auf die Rente hin.
Da ist es doch schön, wenn du schon ein paar Jahre früher erkennst, dass du nicht auf dem richtigen Weg bist.
Verschieb dein Leben nicht auf die Rente
Leb dein Leben jetzt – mit deinen Kindern. Lebe ihnen vor, dass du nicht erst eine Pflicht ableisten musst, bevor du leben darfst. „Erst die Arbeit dann das Vergnügen“ mag für die Selbstdisziplin ganz nützlich sein, aber das sollte nicht auf dein ganzes Leben angewandt werden.
Werde ein digitaler Nomade im Geiste
Ich möchte jetzt niemandem einreden, ein Leben als digitale Nomadenfamilie anzufangen. Darum geht es gar nicht (auch wenn es genügend Beispiele gibt, dass das möglich ist). Du brauchst kein digitaler Nomade zu sein, um dich frei zu fühlen. Mach dich innerlich frei! Werde digitaler Nomade im Geiste! Frei machen bedeutet auch, weniger Erwartungen daran zu haben, wie genau dein Leben auszusehen hat. Das bedeutet auch weniger Sorgen und Stress, wenn das Geld knapper wird, oder dein Weg mal wieder eine Biegung nimmt.
Jeder hat seinen eigenen Lebensweg
Ich selber habe gemerkt, dass ich total zerrissen war zwischen meiner Pflicht als Mutter (mein Sohn fand es nicht so prickelnd, in die Kita „abgeschoben“ zu werden) und meinem eigenen Bestreben etwas zu erreichen. Es war eine richtige Erleichterung, mir einzugestehen, dass es mir dabei gar nicht darum ging, in meinem alten Angestellten-Job weiterarbeiten zu können, der mich eigentlich gar nicht erfüllt hat.
Es ging mir eher darum, selber kreativ zu sein und etwas Erfüllendes für mich zu tun. Als Selbstständige habe ich nun ständig wechselnde Herausforderungen, während ich gleichzeitig den Vorteil habe, dass ich keinem Vorgesetzten erklären muss, warum mein Kind eigentlich schon wieder krank ist.
Aber das bin ich! Die Frage ist doch: Wie bist du? Du musst dir selber darüber klarwerden, in welche Richtung dein Lebensweg weitergehen soll. Wenn dein 40-Stunden-Job bereits das ist, was dich glücklich macht, dann ist doch alles super. Es ist nicht meine Absicht, irgendjemandem seine Arbeit mies zu reden oder ein bestimmtes Lebensmodell herauszuheben.
Ich möchte lediglich aufzuzeigen, dass es völlig okay ist, einen Karriereknick mit offenen Armen zu empfangen und deinen Lebensweg in eine andere Richtung fortzusetzen. Ob das für dich bedeutet, dass du weniger arbeitest, dich selbstständig machst, aus dem Home Office arbeitest oder alles schon so passt, wie es ist – das sind die Punkte, die du für dich rausfinden solltest.
Mach dir klar, dass das Leben nun mal nicht geradlinig verläuft. Mach dich zum „lifelong learner“ und nimm die Knicke in deiner Karriere mit Freude an. Du weißt nie, was hinter der nächsten Kurve auf dich wartet.
[…] Freiheitsbegriff haben. Bei dem einen mag es die Reisefreiheit sein, für andere die Freiheit, Beruf und Familie miteinander in Einklang bringen zu können. Wieder andere genießen wahrscheinlich die Freiheit, so lange oder kurz zu schlafen wie sie […]
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[…] Stadträtin, Bloggerin UND alleinerziehende Mama ist Inspiration für alle, die sich nicht mehr zwischen Familie und Kinder entscheiden […]
Toller Beitrag, danke für die vielen Eindrücke! Ich bin gerade aus der Elternzeit raus und kann daher nachvollziehen, wie man sich fühlt, wenn diese Schritt im Leben bevorsteht. Ich arbeite bei einem Bahnunternehmen und hatte zunächst Angst, meine Position zu verlieren, wenn ich meinen „Urlaub“ antrete. 1 Jahr ist immerhin eine ganz schön lange Zeit, da ist es nicht unwahrscheinlich, ersetzt zu werden. Als ich dann mit meinem Vorgesetzten sprach, versicherte er mir jedoch, dass ich mir keine Sorgen um meine alte Stelle machen müsse. Er bot mir an, per Home-Office so oft und so viel ich will zu arbeiten, um dem temporären Ersatz für mich Unterstützung zu leisten. Nach Absprache wurde es mir dann sogar gestattet, noch ein weiteres halbes Jahr Elternzeit zu nehmen. Ohne Probleme, ohne Konflikte, einfach toll! Durch diese Erfahrung hat sich nicht nur mein Verhältnis zur Arbeit geändert, sondern auch das zu meinem Vorgesetzten. Ich hoffe, dass die Elternzeit bald zu einer positiveren Lösung wird.
LG Beata