Jeder ist heute sein Verleger, sein Herausgeber, sein Redakteur. Jeder pustet ungeprüft und oftmals ungehemmt Content in die Welt: Tweets, Statusmeldungen, Videokommentare, Snaps, Blogbeiträge, Kommentare und und und. Dazu die ganzen Unternehmen, die Corporate Blogs, Social-Media-Marketing und Content Marketing für sich entdecken und Heerscharen von produzierendem Gewerbe anheuern. Da frage ich mich schon lange: Wer liest das ganze Zeug? Ein Kommentar.
Das erinnert mich an die Wendezeit und die Zeitungsnot der Ostdeutschen. Weil es in der DDR so wenig Papier gab, hatten die Tageszeitungen nur wenige Seiten. Also hatten sich die real existierenden Zeitungsleser angewöhnt, ihr Blatt von erster Seite links oben bis letzter Seite rechts unten komplett zu lesen. Dann fiel der eiserne Vorhang, Papier war kein Engpass mehr und die befreiten Redakteure schrieben wie verrückt, die Druckereien druckten es, die Zeitungen wurden dicker.
Das stürzte die Leser in große Not, denn es gelang ihnen kaum mehr, binnen eines Tages alles zu lesen. Sie mussten lernen, was wir im Westen von klein auf gelernt hatten: Selektieren nämlich.
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Ist das die Antwort? Ja und nein. Klar müssen wir alle filtern, sonst werden wir verrückt darüber. Freundliche Algorithmen helfen uns dabei und filtern das Leben für uns vor. Papa Zuckerberg, erklär mir die Welt wie sie dir gefällt.
Granularisierung und Darwin
Und dann gilt der Content-Darwinismus, lässt die starken Überleben und die anderen verschwinden? Das ist eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die Granularisierung der Welt in allen Aspekten – eben auch bei Content, Redaktion. Inhalt. Die Angebote werden immer mehr, sie werden immer spezieller – doch die Leser werden nicht mehr. Bei aller Selektion bedingt dies, dass die Reichweite der einzelnen großen Medien sinkt und mit ihr quantitative und qualitative Kenngrößen wie Öffnungsrate, Verweildauer, Interaktionsrate und so weiter.
„Content is King“, hieß es in den vergangenen 25 Jahren alle drei bis fünf Jahre – und dankbar verfolgten wir Googles immer erfolgreichere Bemühungen, gute Inhalte, die für Menschen geschrieben wurden, im Ranking zu goutieren. „King without a Crown“ trifft es allerdings auch, denn bei exponentiell steigender Content-Menge kann die Lesemenge nicht hinterher kommen.
Wir müssen lernen, mit weniger Lesern zu leben. Wer mir das nicht zumuten möchte, kann diesen Beitrag gerne teilen.
Das ist wohl der einzige Ausweg. Jeder beklagt die einbrechenden Statistiken pro raus gehauenem Inhalt (Können wir uns auf Inhalt statt Content einigen?). Dabei ist es gar nicht so schlimm. Wir müssen uns nur von Statistiken lösen.
Nach diesem Artikel ist mir auch klar geworden, dass weniger manchmal mehr ist. Und ich lebe ruhiger damit. Denn es ist so, wie hier beschrieben: Wer soll das denn lesen?
[…] Meinung: Und wer liest das ganze Zeug? […]