Grün

Ausmisten? Juhuuu!

light sweeping / Shannon Holman / Flickr (CC BY 4.0)
geschrieben von Gastautor

Jeder Umzug ist eine gute Gelegenheit zum Ausmisten. Und wer, wie viele digitale Nomaden, einen Großteil des Jahres unterwegs ist oder in fremden Ländern wohnt, der kommt besonders oft in diesen Genuss. 

Vor jedem Rucksackpacken steht das Ausmisten

Bei jedem Rucksack- oder Kofferpacken stellt sich die Frage, was wirklich mit muss. Manchmal ist das ganz einfach, gerade wenn ich nur kurz an einem Ort geblieben bin. Alles kommt wieder rein in den Rucksack, den habe ich auch schon oft genug gepackt und ich weiß genau wo was hinkommt. Aber wenn ich zwischendurch länger an einem Ort bleibe, dann sammeln sich durchaus einige neue Dinge an. Von der kleinen Lampe über den 2. Bikini bis hin zum Moped. Vieles wird verkauft, manches kommt mit.

Je länger die Reise, desto kleiner das Gepäck

Auch wenn viele das Packen nicht mögen – ich erlebe es immer wieder als eine wunderbare Möglichkeit Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Und etwas, das an einem Ort wichtig war, wird vielleicht schon morgen nicht mehr benötigt. Und was ich daraus am Ende vor allem gelernt habe, ist materiellen Dingen nicht so viel Wert beizumessen.

Gefühlt ist es sogar so: Je länger die Reise dauert, desto kleiner ist das Gepäck. Als ich zum Beispiel für drei Wochen mit einer Freundin in Mexiko unterwegs war, da war ihr Rucksack fast doppelt so groß (und schwer) wie meiner. Ich war zu dem Zeitpunkt für geplante 10 Monate unterwegs, sie hatte die üblichen 3 Wochen Jahresurlaub. Und es ist ja auch nachvollziehbar. Wer nur kurz reist, der muss den Rucksack auch nicht so oft und lange schleppen und nimmt lieber mehr mit und wäscht seltener.

Wer aber erst mal damit angefangen hat länger zu reisen und sich mit dem Thema Minimalismus etwas intensiver zu beschäftigen, der wird schnell feststellen, dass er eigentlich ganz schön wenig benötigt um glücklich und zufrieden zu sein. Und das trifft am Ende nicht nur auf das Gepäck im Rucksack zu.

Das emotionale Ausmisten

Nicht nur in Bezug auf Gegenstände lohnt sich also ein regelmäßiges Ausmisten, sondern auch in Bezug auch auf soziale Kontakte, Menschen, Werte und Gedanken. Denn trotz aller Möglichkeiten in Kontakt zu bleiben, so ist doch fast jeder Umzug oder jede Weiterreise verbunden mit einem Abschied von wunderbaren Menschen und schönen, vertraut gewordenen Orten.

Wenn wir ganz ehrlich sind, dann ist es unwahrscheinlich, dass wir die meisten davon wieder sehen werden oder wirklich in intensivem Kontakt bleiben. Freundschaften müssen gepflegt werden und das ist bei dem Lebensstil der meisten digitalen Nomaden gar nicht so einfach. Und auch wenn es etwas provokativ klingen mag, vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig. Vielleicht geht es gerade auch darum, im Sozialen und Emotionalen auszumisten. Und auch wenn das erstmal hart klingen mag, es hat auch etwas unglaublich Befreiendes.

Freundschaften: ausmisten oder mitnehmen?

Mir ist es auch deutlich lieber ein paar wenige langfristige und intensive Freundschaften zu pflegen und neue Bekanntschaften zu genießen solange sie eben bestehen. Diese neuen Freundschaften sind deshalb auch nicht weniger schön oder wichtig, ganz im Gegenteil. Manchmal entstehen doch gerade durch die neue, fremde Situation und die begrenzte gemeinsame Zeit ganz intensive Kontakte und Momente. Aber wir können (und müssen) nicht alles mitnehmen, wenn wir weiter ziehen. Wie wäre es, wenn wir uns mehr auf den Moment konzentrieren und wenn es Zeit ist weiter zu ziehen auch lernen loszulassen?

Vom Ausmisten von Gegenständen über das Bereinigen Freundesliste bei Facebook bis hin zum Ablegen von ungeliebten Gewohnheiten oder dysfunktionalen Gedanken und Verhaltensweisen: Regelmäßiges Ausmisten tut gut und schafft Platz für Neues, Schönes und Wichtigeres.

Wie macht ihr das? Mistet ihr regelmäßig aus? Zu Hause oder auch unterwegs? Oder gibt es Dinge oder Menschen, von denen ihr euch vielleicht gerne trennen würdet, euch das Loslassen aber noch schwer fällt?

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Gastautor

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Kommentare

  • Danke für den schönen Artikel. Ich miste regelmäßig Dinge aus. Von Menschen trenne ich mich auch hin und wieder, wenn es gar nicht mehr geht. Eine Freundin schlug mir mal vor, es nicht so abrupt zu machen im Sinne von sich gar nicht mehr melden, sondern diese Menschen einfach weniger oft zu treffen. Das mache ich bereits und bei manchen ist es auch besser so. Bei anderen muss ich einen Schnitt machen, weil ich merke, dass es mich jedes Mal belastet, wenn ich sie sehe. Wenn man nicht „ausmistet“, belastet man sich selber. Es ist eine Art Psychohygiene.

    • Ich habe für mich irgendwann festgestellt, dass nicht alle Menschen in die Kategorie „beste Freunde“ fallen können. Was aber nicht heisst, dass ich nicht trotzdem gerne Zeit mit ihnen verbringe – nur eben limitiert. Bei anderen ist es, wie du sagst, einfach für einen selbst nicht gut, Kontakt zu halten. Da bricht man dann lieber alles ab. Ich glaube auch, dass man das ein bisschen wie eine seelische Reinigung sehen kann.

    • Hallo Nadine, vielen Dank! Gerade wenn man in „helfenden“ Berufen arbeitet, ist es besonders wichtig auf die eigene Psychohiegene zu achten, und dazu gehört auf jeden Fall auch darauf zu achten was (und wer) einem gut tut. Und in einigen Fällen kann dann der Kontaktabbruch auch der richtige Weg sein. Es gibt aber bestimmt viele Wege wie man solche Menschen „ausmisten“ kann. Wie wäre es denn mit einem offenen Gespräch anstatt stillem Kontaktabbruch? Ich finde es selber immer schade, wenn so ein Kontakt einseitig abbricht und ich nicht weiß, warum eigentlich.