Ich weiß ja nicht wie es euch geht, aber mein größter Traum war es immer eine Künstlerin zu sein. Na ja, theoretisch zumindest. Denn ich kann absolut keinen Ton halten, im Kunstunterricht habe ich mich nur damit durchgemogelt, dass mein Lehrer die Bilder für mich gemalt hat und zur Tänzerin hatte ich nie die nötige Disziplin. Umso begeisterter war ich, als ich herausfand, dass ich auch ohne all das endlich ein bisschen Künstlerluft schnuppern kann.
Möglich macht das VAWAA, Vacation With An Artist, ein sechs Monate junger Künstleraustausch im Netz. Schön und gut sagt ihr, aber was hat das mit digitalen Nomaden zu tun? Genau das wollte ich herausfinden. Ist ein Austausch mit Künstlern weltweit überhaupt sinnvoll für digitale Nomaden? Was können wir davon lernen? Und, angesichts der Tatsache, dass es nicht ganz billig ist, lohnt es sich überhaupt?
VAWAA kann dein Leben verändern
Genau darüber habe ich mit Geetika Agrawal, Gründerin von VAWAA, gesprochen. Als wir über Skype miteinander plaudern sind ihre Haare wild zerzaust, ihre Hände fliegen durch die Luft und sie hört während unseres gesamten Gesprächs nie auf zu lachen. Sie wirkt, als sei sie gerade von einem tollen Abenteuer zurückgekehrt. Und irgendwie ist sie das auch. Agrawal arbeitet eigentlich als Creative Director und Designerin in einer Werbeagentur in New York City. Mitten in ihrem hektischen Job hat sie sich aber vor Kurzem ein Jahr lang eine berufliche Auszeit gegönnt und ist mit dem Programm für digitale Nomaden Remote Year 12 Monate lang in 12 verschiedene Länder gereist – und hat dabei ihren Traum verwirklicht.
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Seit sie als Architektur-Studentin in Indien eng mit lokalen Künstlern zusammen arbeiten durfte, hat sie auf ihren vielen Reisen nach einer ähnlichen Erfahrung gesucht: „Wenn ich reise, möchte ich keine Sehenswürdigkeiten abklappern, ich möchte an einem Ort bleiben und dort entspannen können. Als Künstlerin war ich dabei immer auf der Suche nach dieser Erfahrung aus meinem Praktikum, der engen Zusammenarbeit und dem Austausch mit anderen Künstlern. Doch leider ist es sehr schwer an fremden Orten andere Künstler kennen zu lernen. Genau deshalb habe ich VAWAA ins Leben gerufen.“ Eine Inspiration für VAWAA waren dabei nicht nur ihre eigenen tiefgründigen Erfahrungen, sondern auch die Geschichte zweier Freunde. Diese hatten auf Reisen fasziniert eine neue Form der Textilfäbrung entdeckt und daraufhin ihr komplettes Leben umgeschmissen. „Sie leben jetzt in Spanien und haben einen Designer-Laden aufgemacht. Genau solche lebenserweiternden Erfahrungen möchte ich mit VAWAA auslösen,“ sagt Agrawal.
Mit lokalen Künstlern auf der ganzen Welt arbeiten
Mit VAWAA sollen Künstler aus der ganzen Welt zusammen kommen können und in kurzen aber intensiven Studiositzungen voneinander lernen. Auf ihrer Remote-Reise hat Geetika Agrawal dafür bisher insgesamt 25 Künstler aus neun Ländern für ihr Projekt rekrutiert. Dazu hat sie in jedem Land zahlreiche Künstler kennen gelernt, sie in ihren Studios besucht und schließlich die besten für VAWAA herausgesucht: „Es gab vor allem zwei Kriterien, nach denen ich die Künstler ausgesucht habe. Sie mussten absolute Könner ihrer Kunst und offene Menschen sein, die Reisenden in ihren Studios Eintritt und Einblick gewähren möchten.“ Dabei bieten die Künstler, die aus so unterschiedlichen Ländern wie Slovenien, Argentinien oder Vietnam stammen, sehr verschiedene Kenntnisse an.
So kann man mit ihnen zum Beispiel so ausgefallene Dinge wie das Bauen von Bambus-Fahrrädern, traditionelles Kochen zum Heilen von Krankheiten oder Rattanflechten lernen. Wer sich für einen Künstleraustausch interessiert, muss dabei lediglich per Internet eine Anfrage herausschicken. Danach wird geschaut, ob und wie der Künstler mit dem Interessenten zusammengebracht werden kann. Der Austausch findet dabei im Land des Künstlers statt, sodass viele Teilnehmer diesen Austausch mit einer Reise verbinden.
Alle Teilnehmer sollten dabei mindestens Grundkenntnisse in Englisch haben oder die Sprache des anderen sprechen können. Ziel ist es, so im intensiven Einzelunterricht so viel wie möglich über eine neue Kunstform zu lernen. Die Erfahrungen, die jeder Teilnehmer hat, sind daher auch komplett unterschiedlich: „Unsere Keramikdesignerin Katja aus Ljubljana wurde zum Beispiel von einer Modedesignerin aus Paris sowie von einer anderen Keramikkünstlerin aus Berlin besucht. Die beiden haben dabei ganz eigene Erfahrungen gemacht, die so auch kein anderer haben wird. Deshalb ist dieser Austausch ja auch so individuell und besonders.“
Ganz günstig wirkt diese individuelle Workation aber auf dem ersten Blick nicht. Wer zum Beispiel mit Rita Bamidele Hampton in Buenos Aires Schmuckstücke herstellen möchte, muss für eine fünftägige Sitzung (20 Stunden insgesamt) 840 US-Dollar zahlen. Wer mit Kimiko Yamamoto in Kyoto die Kunst der Ikebana erlernen möchte, zahlt 480 US-Dollar für 4 Tage (16 Stunden). Unterkunft und Flugkosten sind dabei nicht mit inbegriffen. Agrawal findet das jedoch einen fairen Preis: „Darin mit einberechnet ist nicht nur die Komission für den Künstler, sondern auch sämtliche Materialkosten. Mal ganz abgesehen von den Endprodukten, manchmal im Wert von Tausenden von Dollar, die die Programmteilnehmer nach dem Austausch mitnehmen.“
Dennoch ist ein solcher Austausch sicher weniger etwas für Backpacker auf Minimalbudget. Agrawal hat bisher drei Typen von Teilnehmern identifiziert: Künstler, die sich weiterbilden wollen, kreative Menschen, die neugierig auf Neues sind und Abenteurer, die einfach mal eine etwas andere Reiseerfahrung haben möchten.
Trotzdem ist klar: Wer sich auf ein solches Abenteuer einlässt und dafür einige Hundert Euro zahlt, sieht das sicherlich als Investition, von der er persönlich und beruflich profitieren kann.
Taugt VAWAA für digitale Nomaden?
Inwiefern ist so ein Austausch also überhaupt etwas für digitale Nomaden? Zunächst einmal sind die Künstlersessions offen für jeden. Man muss also selbst kein Künstler sein, um mitmachen zu können. Wer also wie ich, sich seinen Traum erfüllen möchte, mal künstlerisch tätig sein zu können, hat hier die Chance, von Profis aus erster Hand eine Kunst lernen zu können – auch wenn es erstmal nur Grundkenntnisse sind. Darüber hinaus haben natürlich gerade digitale Nomaden die örtliche und zeitliche Flexibilität, um an einem solch internationalen Austausch teilnehmen zu können. Doch warum sollten digitale Nomaden so etwas machen? Bringt uns das etwas auf unserer Laufbahn als Onlinepreneure? Das hängt sicherlich von der eigenen Lebenslage ab, doch Geetika Agrawar findet, dass digitale Nomaden etwas ganz Besonderes für VAWAA mitbringen: „Digitale Nomaden sind aus typischen gesellschaftlichen Strukturen ausgebrochen. Sie sind neugierige Menschen mit einem weiten Horizont, und immer bereit, etwas Neues zu lernen. Vielleicht möchte jemand ja ein Online-Business zu Malaysischen Gewürzen gründen. Warum also nicht direkt vor Ort von Experten zu lernen, wie in Malaysia traditionell gekocht wird?“
Da ist sicherlich etwas Wahres dran. Wir ortsunabhängigen Menschen sind von Natur aus Abenteurer und glauben nicht, dass wir im Leben nur einen einzigen festgeschriebenen Berufsweg vor uns haben. Warum also nicht sich von so etwas inspirieren lassen? Die meisten von uns werden dabei sicherlich nicht zu professionellen Malern oder Balletttänzern werden, doch man kann nie wissen, auf welche unverhoffte Art und Weise uns eine solche Erfahrung inspirieren kann. Und Inspiration hat sicherlich noch niemandem geschadet – gerade digitalen Nomaden nicht!
Wie seht ihr das? Würdet ihr bei VAWAA mitmachen? Welche Künstler würden euch dabei besonders interessieren? Oder glaubt ihr, dass ein solches Programm reine Zeit- und Geldverschwendung ist? Ich freue mich auf eure Meinungen dazu!