In der heutigen Kolumne befassen wir uns mit einer Entscheidung des OLG München. Das OLG München hatte sich mit der Frage zu beschäftigen ob die Verwendung von Fotos aus Facebook in einer Online-Tageszeitung zulässig ist wenn es sich hierbei um einen Internetpranger handelt. Das OLG München hat dies im Ergebnis verneint. Zuvor hatte aber das Landgericht München noch gegenteilig entschieden. Beide Gerichte gehen daher in der Beantwortung dieser Frage unterschiedliche Wege. Grund genug uns einmal heute den Fall anzuschauen und zu klären, ob Dritte unter gewissen Bedingungen mein Foto aus Facebook für ihre eigenen Zwecke benutzen dürfen oder nicht.
In dem Rechtsstreit ging es um eine Verwendung von Fotos aus einem Facebook-Profil auf der Internetseite einer Online-Tagesszeitung. Diese wollte darauf aufmerksam machen, dass gerade im Internet viele Menschen offen und mit vollem Namen gegen Flüchtlinge hetzen und sogar zu Gewalt aufrufen. Das Spektrum sei dabei breit gefächert. Der Hass und die Attacken richten sich sowohl gegen die Ausländer als auch gegen Politiker, Journalisten und Künstler.
Die Zeitung wollte aufzeigen, dass vor allen Dingen auf Facebook und Twitter sehr viele Menschen sich entsprechend äußern und dies nicht einmal anonym tun sondern bedingt durch die Angabe ihres vollen Namens und eines Profilbilds voll identifizierbar sind. Die Zeitung wollte ein Exempel statuieren und sammelte einige Beiträge. Sie stellte die Einträge mit dem jeweiligen Foto des Autors und dessen Namen auf ihrer eigenen Webseite ein, kombiniert mit dem Ausspruch: „Wir stellen die Hetzer an den Pranger! Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie!“
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„Herr Staatsanwalt, übernehmen Sie“
Eine Person, die ebenfalls mit Bild, Namen und ihrem Facebook Eintrag auf der Webseite der Zeitung genannt wurde, beantragte hiergegen den Erlass einer einstweiligen Verfügung vor dem Landgericht München. Vor dem Landgericht München konnte die Antragstellerin keinen Erfolg verbuchen. Anders sah dies das Oberlandesgericht München und verurteilte die Tageszeitung dazu, das Foto nicht mehr zu verwenden. Das OLG München hat hierzu ausgeführt, dass nach § 22 KUG das Bild einer Person nur dann öffentlich verwendet werden darf, wenn der abgebildete seine Einwilligung erteilt hat. Ein Bildnis im Sinne des Gesetzes ist die Darstellung einer Person, die die äußere Erscheinung dieser Person in einer für Dritte erkennbare Weise wiedergibt.
Im vorliegenden Fall handelte es sich bei dem Profilfoto nicht um eine Aufnahme des Gesichts sondern um eine Aufnahme, die die Person fast vollständig zeigt. Es war daher die Frage, ob überhaupt eine Identifizierung der Person möglich ist oder nicht. Da die Verwendung solcher Lichtbilder nach dem Gesetz aber nur sehr eingeschränkt möglich sein soll, kommt das OLG München zu dem Ergebnis, dass tatsächlich nur dann, wenn keinerlei Identifikation der Person, die auf dem Foto abgebildet ist möglich ist ein Verstoß gegen das KUG ausscheidet. Da im vorliegenden Fall aber eine Identifizierung der Person durchaus möglich war, wenn auch mit etwas Aufwand, gilt zunächst der Grundsatz, dass eine solche Veröffentlichung nur mit Einwilligung des Abgebildeten zulässig ist.
Fotoveröffentlichungen nur mit Einwilligung
Das OLG München führt weiter aus, dass alleine die Tatsache, dass jemand ein Bild von sich als Profilbild in einem sozialen Netzwerk nutzt und es damit zunächst selbst weltweit öffentlich zugänglich macht nicht bedeutet, dass Dritte dieses Bild verwenden und selbst noch einmal im Internet veröffentlichen dürfen. Eine Ausnahme kann nur dann vorliegen, wenn aus den Umständen und dem Verhalten des Betroffenen eindeutig gefolgert werden kann, dass dieser an einer weiteren Verwendung einverstanden ist.
Das OLG München stellt hierbei aber klar, dass das Einstellen eines Fotos in ein soziales Netzwerk gerade nicht bedeutet, dass man eine Weiterverbreitung wünscht oder mit einer solchen einverstanden ist. Auch wenn man sich in einem sozialen Netzwerk ggf. sehr umfassend präsentieren und eine Vielzahl von Fotos bereitstellt und ggf. viele Informationen über sich Preis gibt bedeutet dies nicht, dass gleichermaßen Dritte auf diese Fotos und Informationen zugreifen dürfen und diese ebenfalls online veröffentlichen dürfen. Eine Ausnahme im Gesetz liegt vor, wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt.
In einem solchen Fall dürfen Lichtbilder ohne Einwilligung veröffentlicht werden. Die klassischen Anwendungsfälle sind hierbei bundesweit bekannte Politiker und Prominente. Diese dürfen z. B. in einer Berichterstattung mit Bild abgelichtet werden. Gleiches gilt auch für Personen, die eine kurzzeitige größere Bekanntheit haben. Solange die Bekanntheit andauert ist auch hier eine Berichterstattung mit Bild zulässig. Wenn eine Person aber weder dauerhaft noch kurzzeitig über das normale Maß hinaus bekannt ist, verbleibt es bei der Grundregelung, dass eine Einwilligung notwendig ist.
Das Thema „Flüchtlingsdebatte“ als Ausnahme?
Das OLG München hatte sich nicht mehr mit der Frage zu beschäftigen, ob die Diskussion in Deutschland über die Flüchtlingspolitik eine derartige Berichterstattung zulässt oder nicht. Auf der einen Seite steht hierbei das Interesse der Öffentlichkeit einer vollständigen Information über das Zeitgeschehen sowie das Recht der Presse auf Berichterstattung. Allerdings wird ein solches Interesse nicht schrankenlos gewährt. Der damit verbundene Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten wird durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit begrenzt.
Im vorliegenden Fall war Gegenstand der Berichterstattung die Flüchtlingskrise und damit ein Vorgang von historisch-politischer Bedeutung. Das OLG München stellt hierbei klar, dass es selbstverständlich die Aufgabe einer Zeitung ist, die in der Politik bundesweit geführte Flüchtlingsdebatte in ihrer Berichterstattung aufzugreifen, abzubilden und auch zu bewerten. Weiterhin sei es auch völlig zulässig, eine kritische Würdigung vorzunehmen wenn bestimmte Bevölkerungskreise dem Zuzug von Flüchtlingen ablehnend gegenüberstehen. Weiterhin ist es unproblematisch, wenn die Zeitung hierbei ein Stimmungsbild der Bevölkerung abgibt und aus einzelnen Profilen bei Facebook zitiert.
Eine Grenze ist allerdings dort zu ziehen wo ein Bild in Kombination mit einem Namen verwendet wird. Denn es sei nicht erkennbar warum es für eine sachbezogene Debatte wichtig sei, die Person, die eine Äußerung getätigt hat mit vollem Namen in Kombination mit einem identifizierenden Lichtbild abzubilden. Da die Person selbst keine Person der Zeitgeschichte ist, ist im vorliegenden Fall eine Verwendung ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass die Berichterstattung der Zeitung als Pranger einzustufen ist. Es ging der Zeitung nicht darum, ein vielschichtiges Meinungsbild der Gesellschaft wiederzugeben, sondern es ging ihr darum einzelne Personen mit Foto und Namen und dem jeweiligen Eintrag in den sozialen Medien online an den Pranger zu stellen mit der Aufforderung, dass die Staatsanwaltschaft nun den Fall übernehmen solle. Eine solche Berichterstattung ist darüber hinaus nicht geeignet, eine sachliche Debatte zu stützen, so dass aus diesem Grund die Verwendung des Fotos in Kombination mit den Namen nicht zulässig ist.
OLG München vs. LG München
Im Ergebnis konnte die abgebildete Person daher einen Erfolg verbuchen. Das Bild musste wieder von der Webseite entfernt werden. Das Landgericht München hatte allerdings zuvor noch anders entschieden und war der Auffassung, dass mit dem Veröffentlichen eines Fotos auf Facebook keine Möglichkeit bestehen würde, sich dagegen zu wehren, wenn eine Zeitung dieses Foto im Rahmen einer Berichterstattung verwendet. Im Übrigen sei die Berichterstattung als Ereignis der Zeitgeschichte einzuordnen und damit vollständig zulässig. Betrachtet man isoliert die Entscheidung des OLG München so ergibt sich daraus, dass der Einzelne einen ziemlich hohen Schutz seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts erfährt und eine Berichterstattung über eine Person unter Hinzufügen eines Bildes mit dem Namen nicht zulässig ist.
Allerdings ist im Gesamtkontext zu beachten, dass durchaus auch andere Gerichte dem Beispiel des Landgerichts München folgen können und eine solche Berichterstattung zulassen könnten. Es kann daher im Gesamtkontext nur noch einmal angeraten werden, die Einträge, die man in sozialen Medien tätigt, kritisch zu prüfen. Wenn mein Facebook-Profil erst keinerlei Aussagen und Einträge enthält, die ich eigentlich nur einem kleinen Kreis zugänglich machen möchte, entfällt das Risiko, dass ich ggf. in einem Gerichtsprozess unterliege und die Weiterverbreitung in Kombination mit meinem Foto nicht mehr verhindern kann.