„Sehr geehrte Frau Eilers…“ – Wie oft habe ich schon E-Mails wie diese im Bezug auf Blogger Relations bekommen. Von Unternehmen, Firmen und Agenturen, die auf meinem Blog Werbung schalten, Kooperationen eingehen oder auf irgendeine Art und Weise auf sich aufmerksam machen möchten. Das Problem dabei? Ich bin keine Frau. Und das könnte man bereits merken, wenn man einen einzigen Blick auf meine „Über mich“-Seite werfen würde.
Das ist aber längst nicht der einzige Fehler, den Unternehmen machen, wenn sie Blogger und Bloggerinnen ansprechen. Man könnte beinahe ein Buch zu diesem Thema schreiben und wenn es fertig wäre, könnte man es bereits mit Band 2, 3 und 4 fortsetzen. Nach wie vor werden Blogger vielfach nicht ernst genommen (es gibt inzwischen einige Ausnahmen positiver Natur) und stattdessen als billige Werbeverteiler betrachtet. Ich habe mich mit einigen Bloggern unterhalten, welche negativen Erfahrungen sie im Bezug auf Unternehmen und Kooperationen machen mussten. Daraus entstanden die Top 5 der Fehler, die Unternehmen im Bereich Blogger Relations immer und immer wieder machen.
Top 5: Unternehmensfehler bei Blogger Relations
Fehler Nummer 1: Es mangelt an Ehrlichkeit!
Oftmals sind Kooperationsangebote schlichtweg nicht ehrlich. Mal heißt es zu Beginn, man kann über die Summe X für den zu veröffentlichenden Artikel verhandeln und im weiteren Verlauf kommt dann heraus, dass lediglich Summe Y für den Beitrag „zur Verfügung“ steht. Vielfach wird auch gar kein Budget geboten, weil man „ein junges Start-up“ ist oder „das Kontingent eigentlich schon aufgebraucht“ ist.
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Auch das Verschleiern von bestimmen Aspekten ist immer wieder ein Thema, das hier greift. Denn ein Blogger lebt durch seine eigene Meinung, seinen Stil und seine Einstellungen. Nicht selten versuchen mögliche Kooperationspartner allerdings, für ihr Produkt das Maximum herauszuholen. „Ein wohlwollender Artikel“ wird da gefordert oder aber man solle auf eine entsprechende Werbe-Kennzeichnung verzichten. Wer als Blogger etwas auf sich hält, sollte von derartigen Kooperationen eher Abstand nehmen.
Fehler Nummer 2: Der Blogger hat keinen eigenen Vorteil!
Beide Seiten sollten aus einer Kooperation einen Vorteil haben. Ach, was heißt sollten. Müssen ist das Stichwort. Bietet eine mögliche Zusammenarbeit lediglich dem Unternehmen einen Vorteil, ist das schlichtweg nicht in Ordnung. Immerhin – das muss man bedenken – investiert ein Blogger für das Schreiben, Filmen oder auch Gestalten eines Beitrages viel Zeit. Gibt es da keine Entschädigung, hat die Kooperation für den Blogger keinerlei Wert. Das ist nicht nur unverschämt, sondern kann auch ganz andere Ereignisse nach sich ziehen: Das Angebot wird online zerrissen und die Firma bekommt einen schlechteren Ruf – oder aber eine mögliche Zusage trotz der Umstände führt nur zu einer lieblosen Bearbeitung.
Als Unternehmen sollte man daher darauf achten, dem ausgesuchten Blogger einen deutlichen und sofort erkennbaren Vorteil anzubieten. Ein hochwertiges Produkt, eine angemessene Entlohnung oder sonst einen auszuhandelnden Mehrwert, der für beide beteiligten Seiten interessant und annehmbar ist. Kompromisse sind hier das Zauberwort. Natürlich haben beide Seiten meist unterschiedliche Ansichten und Vorstellungen. Die Kunst ist es, hier dennoch zusammenzukommen und einen Konsens zu finden. Sprich: Auch der Blogger muss von der Kooperation „etwas haben“ und einen Vorteil erzielen können. Ist das nicht der Fall, kommt es wohl kaum zu einer zufriedenstellenden Zusammenarbeit.
Fehler Nummer 3: Die Ansprache ist vollkommen unpersönlich!
Die Einleitung zeigt es doch bereits: Oft werden Standardschreiben verschickt oder man macht sich nicht einmal die Mühe, einen einzigen Blick auf den Blog zu werfen. Frauen werden da nicht selten als Männer angesprochen, Männer dementsprechend häufig als Frauen. Passiert mir beinahe wöchentlich (gut, mein Name ist tatsächlich für beide Geschlechter zu verwenden – ein Blick in den Blog kann aber schnell aufklären!). Noch besser ist im Übrigen die Ansprache „Hallo!“ oder „Sehr geehrter Blogger…“ – sowas ist austauschbar, unpersönlich und alles andere als nett.
Meist landen solche Mails direkt im Papierkorb und bleiben somit unbeantwortet. Es kommt also zu keiner Zusammenarbeit.
Die korrekte Ansprache ist auf jeden Fall wichtig und sollte von Unternehmen vermehrt berücksichtigt werden. Es nimmt meist kaum Zeit in Anspruch, den richtigen Namen zu suchen oder sich über das Geschlecht eines Bloggers oder einer Bloggerin zu informieren. Ich heiße weder Ehlers, noch Eilerts – bin weder weiblich noch „Hallo!“.
Allerdings: Merke ich im Anschreiben, dass hier lediglich Unwissenheit aufgrund meines Vornamens der Grund für eine fehlerhafte Ansprache war, kläre ich den Absender meist mit einem Augenzwinkern auf. So hat man dann direkt eine recht lockere Ebene für weitere Verhandlungen im Bezug auf eine eventuelle Kooperation. Das kann somit auch ganz hilfreich sein.
Fehler Nummer 4: Ein Blogger wird nicht ernstgenommen!
Nimmt man einen Blogger nicht ernst, hat man als Unternehmen meist schon direkt verloren. Das zeigt sich beispielsweise bei nicht haltbaren Angeboten. Beispiel gefällig? Unternehmen Z schreibt mir, ob ich nicht Produkt 1 vorstellen möchte. Als Dankeschön würde man mir 10 Euro zahlen wollen. Kein Witz, solche Anfragen gab es tatsächlich schon. Mehrfach.
Das zeigt mir als Blogger doch direkt, dass man mich nicht ernst nimmt und mir keine Wertschätzung entgegen bringt. Als Unternehmen weiß man meist sehr genau, was ein Artikel mit Link für einen Wert hat und wie viel Aufwand dahintersteckt. Dementsprechend sollte man dem Blogger auch gegenübertreten. Auch wenn viele Blogger ihren Blog als Hobby betreiben, sollte man diese mit Respekt behandeln und Angebote unterbreiten, die auch tragbar sind. Auch das Angebot „Wir verlinken dich bei Facebook!“ ist meist keine wirkliche Option, mit der ich leben könnte. Ein Gutschein vielfach ebenso wenig. Das mag bei anderen Bloggern anders sein, die große Masse sollte hier aber ähnlich denken.
Als Blogger hat man vielfach eine entsprechende Reichweite und kann sich in seinem Themengebiet behaupten. Als Unternehmen könnte man davon doch nur profitieren, wenn man den Blogger auch so behandelt und ihm so gegenübertritt. Man merkt meist schnell, welche Unternehmen sich wirklich Gedanken machen und in welchen Fällen einfach günstig Werbung gebucht werden soll. Das alles gilt im Übrigen nicht nur für Firmen selbst, sondern auch für die dahinterstehenden Agenturen.
Fehler Nummer 5: Blogs werden wild ausgesucht (wenn überhaupt)
Online-Gaming ist ein gern genommenes Beispiel. Immerhin passt das auch auf Mode-Blogs oder in den Bereich Politik. Tut es nicht. Dennoch wollen einige Unternehmen das den Bloggern immer wieder erklären. So heißt es beispielsweise, dass der „Link zur Casino-App doch ideal auf den Meerschweinchen-Blog passen“ würde. Die Leser haben dadurch bestimmt einen Mehrwert. Genauso verhält es sich, wenn Damenbinden auf einem Männerblog zum Thema Grillfleisch vorgestellt werden sollen. So etwas passt einfach nicht zusammen.
Das Problem liegt also wieder darin, dass man sich mit einem Blog nicht befasst oder aber einfach eine Vielzahl an Bloggern kontaktiert – dabei hofft man dann auf eine ausreichende Zahl an Antworten, die letztlich zu einer Kooperation führen. Die meisten Blogger – die ich kenne – sortieren diese Anfragen inzwischen gnadenlos aus. Dennoch findet man immer wieder auch auf Baby-Blogs Artikel über Bohrmaschinen, die der Papi zum Bau des Sandkastens genutzt hat. Klar, ein Link lässt sich da prima einbringen – aber ist das am Ende das, was die Leser vorfinden möchten? Ist das authentisch? Eher nicht. Im Gegenteil.
Hierbei ist aber dann auch der Blogger selber das Problem. Und zwar genau dann, wenn er auf solche – eigentlich unpassenden – Kooperationen eingeht und dies für seine Leser aufbereitet. Der Vorteil liegt dann am Ende nur beim Unternehmen. Der Blogger hingegen verliert vielleicht das Vertrauen der Leser und somit seine eigene Aussagekraft.
Sicherlich ließe sich die Liste an Fehlern bei Blogger-Kooperationen jetzt noch beliebig lange fortsetzen. Doch mich interessiert erst einmal eure Meinung. Wie steht ihr zu diesen Fehlern – wenn sie aus eurer Sicht überhaupt Fehler sind? Und: Welche negativen Erfahrungen habt ihr bereits mit Unternehmen gemacht, die mit euch zusammenarbeiten wollten? Ich freue mich auf eure Kommentare!
→ Negativ-Beispiele aus dem Redaktionsalltag bei BASIC thinking.
→ Ein paar genervte Worte zu dem Thema von Tobias Gillen.
Hallo Hauke,
danke für den tollen und witzigen Artikel!
Manche Artikel über Blogger-Relations sind ja ziemlich weinerlich: Dort die „bösen“ Agenturen oder Kunden und hier der arme Blogger als Opfer. Weinerlich ist dieser Artikel zum Glück nicht – im Gegenteil. Eigentlich alles, was du schreibst, kann ich aus meiner Erfahrung als Bloggerin bestätigen:
„Junge Startups ohne Budget“ habe ich auch schon kennen gelernt. Wenn ich bedenke, dass Startups oft Investorengelder in Millionenhöhe bekommen, finde ich es ziemlich verwegen, dass sie nicht einmal einen niedrigen dreistelligen Betrag für einen Blogartikel ausgeben wollen. Ein Casino hat sich auch bei mir gemeldet. Ich betreibe einen Katzenblog, da passt die Zielgruppe doch wie die Faust aufs Auge 😉
Den Vogel abgeschossen hat ein Hersteller, der mir für einen Produkttest Inhalt und Bebilderung genauestens vorschreiben wollte. Sogar wie meine Katze mit dem Produkt interagieren sollte, war vorgegeben. Das alles für Produktmuster im Wert von vielleicht zehn oder zwanzig Euro. Davon abgesehen, möchte ich einen solchen „Test“ meinen Lesern nicht zumuten.
Ich habe den Eindruck, manche Unternehmen oder Agenturen probieren einfach aus, ob der Blogger dumm genug ist, sich auf schlechte Konditionen einzulassen. Wenn nicht, sind sie manchmal doch zu einer Gegenleistung bereit und man kommt ins Geschäft. Zum Glück sind nicht alle so, es gibt auch Unternehmen, die gleich auf faire und professionelle Art an die Sache herangehen.
Viele Grüße
Bärbel
Hallo Hauke,
ein sehr amüsanter Artikel, finde ich. Wahrscheinlich hat das jeder Betreiber eines Blogs schon erlebt. Ich glaube, eine große Zahl der Leute, die Blogger anschreiben, haben immer noch die das-ist-doch-bloß-ein-Blogger-Denke auf dem Schirm. Die rasseln die Blog-Kategorien bei Webseiten wie bloggerei.de oder so runter und schreiben alle an.
Andererseits gibt es auch so eine gewisse Anzahl an Blog-Vermarktern. Bei den dortigen Auftraggebern ist es dann noch so, dass die erstmal nur am Fordern sind. Eine Gegenleistung außer das Porto, was die zu zahlen bereit sind, ist einfach nicht auf dem Schirm.
Ich habe schon viele unseriöse Angebote bekommen. Ähnliche Erfahrungen wie du gesammelt. Und das sowohl per Email als auch per Blog-Vermarkter. Ich hab das mal aufgeschrieben: http://www.henning-uhle.eu/informatik/hurenblogger
Wenn man das Wort „Kooperation“ schon verwendet, dann muss man das auch so meinen. Alles andere kann man doch eigentlich nicht ernst nehmen.
Moin Hauke,
ein Artikel, der das Thema auf den Punkt bringt. Ich bin selbst seit einigen Monaten Blogger und sehr überrascht, wie einfach es sich manche Unternehmen machen. Da ich aus dem Online-Marketing komme, habe ich gesetzte Links oder andere Produkte einer Kooperation immer im Blick. Wie du schon in deinem ersten Punkt erwähnst ist Ehrlichkeit die Basis für eine gute Zusammenarbeit. Kleines Beispiel aus meiner Praxiserfahrung: In einem Fall wurde ein Blogbeitrag gegen einen Link auf einer Partnerseite getauscht. Ich hatte einen Blogbeitrag inklusive Linkplatzierung erstellt und der Link auf der Partnerseite stand ebenfalls , doch nach 4 Tagen wurde er einfach gelöscht, in der Hoffnung, dass ich nicht mehr danach sehe. Ende vom Lied: Die Zusammenarbeit ist an der Ehrlichkeit gescheitert und Punkt 2 deines Artikels trifft nun ebenfalls nicht mehr zu. So funktionieren Blogger Relations einfach nicht. Aber wie du sagst: Blogger werden immer noch nicht so ernst genommen, wie es sein sollte.
Grüße Christoph
Ich stimme Dir in dem Artikel zu. Es sollte ein Win – Win Situation geschaffen werden in dem beide Partner gewinnen auf lange Sicht.
Okay, hier mal ein Gedanke von einem Nicht-Blogger, wobei ich natürlich schon weiß, was Blogs sind und auch den einen oder anderen kenne:
Mal angenommen, ein Unternehmen begeht die angesprochenen Fehler nicht und zeigt sich sogar richtig großzügig – steigt dann nicht sogar noch die Erwartungshaltung, dass schön positiv von dem Produkt/Unternehmen berichtet wird? Ab welcher Dimension von „Großzügigkeit/Anerkennung“ beginnt die Neutralität des Bloggers zu bröckeln? Welches (seriöse) Unternehmen will sich dem Verdacht aussetzen, den (eigentlich neutralen) Blogger „kaufen“ zu wollen? Gibt es eigentlich eine Art Code of Conduct in der Blogger-Szene? Werden die „Aufmerksamkeiten“, die ein Blogger im Rahmen einer „Kooperation“ mit Unternehmen erhält, transparent an die Leser kommuniziert? Gibt es eine wertmäßige Obergrenze, bei der ein Blogger sagen würde: „das ist jetzt aber too much – so viel kann ich nicht annehmen“ ?
Ist mir schon klar, dass es da sicher jede Menge individueller Einschätzungen gibt, aber gibt es darüber hinaus auch so eine Art Common Sense in der Blogger-Community?
Viele Grüße – Olaf
P.S.:
Wo im deutschsprachigen Raum kann ‚Hauke‘ denn eigentlich als weiblich verstanden werden…? 🙂
Hi Olaf, ich antworte zumindest mal für BASIC thinking: Bei uns gibt es keine „Gefälligkeiten“, die nicht kommuniziert werden. Als Beispiel: Alle Kooperationen sind bei uns meist Sponsored Posts und dann als „Anzeige“ gekennzeichnet. Zudem erhalten wir natürlich manchmal Event-Einladungen und Testgeräte, was aber immer unter den Berichten steht. Man muss hier vielleicht die Grenze ziehen zu „journalistischen Blogs“ (wie wir) und „privaten Blogs“. Wir haben natürlich einen anderen Anspruch an Unabhängigkeit und Transparenz als man es auf seinem privaten Blog vielleicht (und nicht immer) hat. Entsprechend gibt es bei uns für jegliche Kooperationen einen ganz klaren Ablauf, der unsere Unabhängigkeit nicht tangiert. Vielleicht hilft dir das schon mal weiter. 🙂
Noch ein paar Gedanken dazu von jemandem, der für Unternehmen aus Blogger anspricht – was ich in meiner Arbeit im Onlinemarketing durchaus tue.
Ich mache mir immer die Mühe, passgenaue Blogger zu finden. Ich schaue mir Blogs sehr genau an und biete Bloggern dann an, was mir für sie am interessantesten erscheint: Reichweite, Sponsored Posts, Bezahlung und meist absolute thematische Freiheit. Ich habe auch noch nie jemanden mit „Herr/ Frau Blogger angesprochen“ und trotzdem werden meine ehrlich gemeinten Anfragen zu 90% ignoriert.
Selbst auf Nachfrage warum – was ja auch interessant ist, wenn man mal erfahren würde, was am Angebot nicht so interessant war oder was den Blogger interessieren würde – kommt nüscht.
Ich weiss nicht, ob es an den vielen unseriösen Angeboten liegt, die so eintrudeln, dass Blogger einen gleich in den Spam-Ordner stecken, aber für Unternehmen, die ein ehrliches Interesse an einer Win-Win-Situation haben, ist es schade.
Hallo Hauke, ich kann dir nur zustimmen. Habe dort selbst schon einige solche Erfahrungen machen dürfen, als wir für unser eigenes Unternehmen einen Blog aufgebaut und mit Partnern verhandelt haben. Aber diese Unternehmen kommen alle noch auf diesen Trichter, leider erst dann wenn es zu spät ist.
Mach weiter so, immer wieder toll solche gleichen Erfahrungen zu lesen und zu merken dass es Gleichgesinnten ähnlich geht.
LG Jens