Wirtschaft

Was unsere Leser über die Tesla-Revolution und den Tiefschlaf deutscher Autobauer denken

Tesla 3
geschrieben von Guido Augustin

Unlängst habe ich hier auf BASIC thinking darüber geschrieben, warum deutsche Autobauer die Tesla-Revolution verschlafen. Fazit: Deutsche Automanager haben so viel Benzin im Blut, dass ihnen in der Schaltzentrale der Strom fehlt. Unmittelbar nach meinem Beitrag hat die Autolobby Berlin reagieren lassen und die Stromer-Prämie eingeführt, die wegen der Preisobergrenze Tesla ausschließt. Und das im Land von S-Klasse und 911er.

Daraufhin gab es jede Menge Kommentare, viele davon sehr eloquent und argumentationsstark. Ich habe die besten Einlassungen hier zusammen gestellt – fein säuberlich sortiert nach „warum Tesla gewinnt“ und „warum Tesla nicht gewinnt“. Ich habe mich um eine ausgewogene und parteineutrale Auswahl bemüht (und nur minimal korrigierend eingegriffen).

→ Hier findest du den Original-Kommentar zur Tesla-Revolution.

Warum Tesla gewinnt

„Die deutsche Automobilindustrie ist an einem elektrischem Auto überhaupt nicht interessiert! Sie sind Motorenhersteller und wollen das noch lange beibehalten. Die Hülle drumherum ist nur Verpackung. Ausserdem muss unsere Stahlindustrie überleben (Koste es was es wolle) und die steckt hauptsächlich in den Motoren!“ (Quelle)

„Wenn Sie [der Kommentator darüber] nur etwas Ahnung von BWL hätten wüssten Sie, dass jeder Neueinsteiger in einem Markt erst einmal investieren muss und daher auf Jahre erstmal Verluste einfährt! Die Frage wird eher sein, erreichen sie die Gewinnzone, bevor der Laden zugemacht oder von einem größeren Konzern geschluckt wird!“ (Quelle)

„Mir kommt es vor als spielt die deutsche Autoindustrie Verstecken wie ein kleines Kind, das denkt, dass man es nicht findet, wenn es die Augen schön fest verschließt. Ein ähnlich böses Erwachen wird es geben, wenn die ersten Model 3 auf der Straße sind und die ersten in ihren teuren Porsches heulen, weil sie von einem 31.000-Euro-Auto versägt wurden.“ (Quelle)

„In Deutschland gibt es ein Dreiphasen-Wechselstrom-System für die Stromversorgung. Ein Akku benötigt zum Laden Gleichstrom (DC). Die deutschen Automobilbauer haben in Ihren E-Fahrzeugen Lader verbaut, welche bei Wechselstrom (AC) lediglich eine Phase nutzen können und somit bei einem Strom von 32 Ampere eine maximale Ladeleistung von 7,4 kW (BMW i3) erzielen. Bei VW sind es gar nur 3,7 kW. Rühmliche Ausnahme ist die elektrische B-Klasse von Mercedes, mit immerhin dreiphasig 11 kW. 11 kW ist bei Tesla beim AC-Laden standard und mit Doppellader auf 22 kW als Option erweiterbar. Und für 22 kW AC gibt es in Deutschland eine recht gut ausgebaute Ladeinfrastruktur.“ (Quelle)

„In der Schweiz verkauft Tesla jetzt schon mehr Autos in der Oberklasse als BMW, Mercedes und Audi zusammengerechnet“ (Quelle)

„Mit dem E-Motor ist Tesla nicht weiter vorne dran, aber mit der ganzen SW-Infrastruktur im Auto. Das Killerargument ist eben nicht der E-Motor sondern die SW im Auto und die Update-Möglichkeit, wie wir es vom Smarthpone kennen. Die Reichweite kann jeder Hersteller leicht ändern, die Updatefähigkeit nicht. Ein Apple kann jetzt noch ein Iphone 4s mit dem neuen iOS beliefern, aber kein OEM kann auf ein älteres Auto die SW so entscheidend ändern, wie Tesla.“ (Quelle)

„Die Beerdigung für Audi/VW, Daimler und BMW ist zwar noch nicht bestellt, aber die Grabstätten sind schon ausgesucht. Und sie werden in einer prominenten Reihe einstmals führender Technologie-Konzerne am Zentralfriedhof liegen: Zeiss und Leitz – gefallen auf dem Schlachtfeld der Fotografie gegen Canon, Minolta und Co. Siemens – mehrfach gefallen gegen Dell/HP und Co. beim PC und gegen Samsung/Apple beim Mobiltelefon, gegen Cisco bei der Vermittlungstechnik; Quelle, Otto, Neckerman – gegen Amazon und Co. Grundig – gegen Sony, Pioneer, LG. Agfa (und Kodak) – gegen die Kamera- und Speicherchiphersteller dieser Welt. Die Reihe lässt sich noch lang fortsetzen und sie ist auch nicht auf deutsche Unternehmen beschränkt.“ (Quelle)

„Aber insbesondere den deutschen Unternehmen wird regelmäßig das zum Verhängnis, was sie führend gemacht hat: Eine Technologie wird bis an die Grenze des Machbaren ausgereizt. Dazu braucht es große und hochspezialisierte Entwicklungs- und Fertigungskapazitäten. Die Produkte selbst werden unnötig kompliziert und aufwändig in Unterhalt und Instandsetzung. Man denke nur an die vielen Tausend unterschiedlicher Ersatzteile, die jahrzehntelang für die vorhandenen Generationen von Verbrennungsmotoren vorrätig gehalten werden müssen, damit die Flotte weiterfahren kann! Dieses Erbe ist ein logistischer Albtraum. Im entwickelten Markt kann sich nur behaupten, wer ausgereifte Spitzenprodukte liefern kann. Der unausweichliche Preis dafür ist Schwerfälligkeit bei der Reaktion auf grundlegend Neues und die grundsätzliche Abneigung, sich mit dem Neuen zu beschäftigen, weil es am Anfang zwangsläufig viel weniger ausgereift und ausgereizt sein muss. So trägt der Erfolgsfaktor muss den Keim des Scheiterns zwangsläufig in sich und bei geeigneten Rahmenbedingungen entfaltet er seine meist tödliche Wirkung.“ (Quelle)

„Die Infrastruktur dafür ist im Übrigen da … und wie das Mobilfunknetz wird sie sich dem Bedarf rasch anpassen. Als Steve Jobs das iPhone mit Kamera für Fotos und Filme (und allen anderen Sensoren) vorstellte, hatten wir nicht mal 3G in Deutschland, wir hatten ein schwachbrüstiges Netz mit ISDN-Geschwindigkeit und vielen Funklöchern.“ (Quelle)

„Ich bin mit meinem Model S in zwei Urlauben vom Nordkap bis Tarifa in Südspanien gefahren. Bis auf den höchsten Norden und den tiefsten Süden gab es überall Tesla-Supercharger, die Tagesetappen bis zu 1.000km ermöglichten. Langstreckenfahren und Reichweiten bis 400km auch bei großer Kälte im Norden und großer Hitze im Süden sind kein Problem.“ (Quelle)

„Wie auch in der Vergangenheit kann man immer nur einen Schritt nach dem anderen machen, wenn man nicht auf die Nase fallen will. Das war der Grund, warum die ersten Automobile aussahen wie Kutschen …. das waren die Leute einfach gewohnt. Hätte Gottlieb Daimler nicht einfach eine motorisierte Kutsche gebaut sondern gleich ein T-Modell wie es Henry Ford knapp 20 Jahre später auf den Markt gebracht hat, wäre er ziemlich sicher gescheitert, kein Mensch hätte gewusst, was er damit anfangen soll. So ist es auch heute: Auch ein technologisch weit überleenes Auto muss aussehen und daherkommen wie ein bisheriges Auto. Es MUSS über 200 km/h fahren können, weil alle anderen das auch können, und es MUSS in 5 sec. von 0 auf 100 km/h beschleunigen, weil alle anderen das können. Was es dann SONST noch kann und was es wert ist, kann es erst später beweisen, das sieht der normale Käufer nicht auf den ersten Blick. Wenn aber der erste Trampelpfad etwas breiter wird, werden auch ganz andere PKWs verfügbar sein als der total untaugliche i3 von BMW oder das eben teure, weil luxuriöse Model S von Tesla.“ (Quelle)

Warum Tesla nicht gewinnt

„Das Motorengeräusch vom Tesla ist Scheisse :-))“ (Quelle)

Wir haben lange diskutiert, ob wir das als alleiniges Argument so stehen lassen wollen. Lustig wäre es ja; aber nicht sachgerecht, denn tatsächlich gibt es ja gute Argumente. Beispielsweise, dass auf den Tesla X kein Dachgepäckträger passe. Kannst du dir nicht ausdenken.

Im ernst: Tesla-Kritiker führen an, dass Tesla massive Verluste einfahre und man erst mal abwarten solle, ob sie jemals in die Wirtschaftlichkeitszone kommen. Und man solle die deutschen Automobilhersteller ja nicht unterschätzen. Und es sei weder gesagt, dass Tesla es in absehbarer Zeit schafft, viele Fahrzeuge zu bauen und wenn, ob die Kunden, die vorbestellt haben, die Wagen dann überhaupt noch wollen. Dazu wurde gemutmaßt, dass VW, Audi, Mercedes und Co. Pläne und Konzepte in der Schublade haben, mit denen sie auf den Zug aufspringen können, wenn denn eine flächendeckende Lade-Infrastruktur aufgebaut sei. Und zuletzt immer wieder ein Thema: Die Öko-Bilanz von E-Autos mit ihren Batterien, die lange nicht so gut sei wie die Hersteller glauben machen.

Das Schöne: Wir können uns die Köfpe heißdiskutieren und beobachten, wie es kommt. Also ich freue mich darauf! Jetzt seid ihr wieder dran!

→ Hier findest du den Original-Kommentar zur Tesla-Revolution.

Über den Autor

Guido Augustin

Guido Augustin (guidoaugustin.com) denkt so klar, dass er als Autor lebt. Er teilt seine Gedanken in wöchentlichen Kolumnen auf "Guidos Wochenpost", in seinem Podcast, in Büchern, Vorträgen und launigen Moderationen.

6 Kommentare

  • Die deutschen Autobauer gewinnen. Sie überlegen nüchtern und sachlich, ohne sich von Meinungsmachern etwas vorschreiben zu lassen. Überlegen Sie einmal, warum wir zur Einsparung von CO2 nicht einfach auf Elektroheizungen umsteigen. Diese Techniken sind ausgereift und kommen ohne Akkus aus. Akkus die aus Rohstoffen gewonnen werden, die es in Deutschland übrigens nicht gibt. Akkus die mehr Strom verschwenden, als dass sie ihn speichern. Akkus mit einer allzu endlichen Lebensdauer. Überlegen wir also, warum wir nicht einfach Elektroheizungen verbauen, anstelle von Ölheizungen? Weil wir den Strom nicht haben! Wir sind noch Jahrzehnte davon weg, solche Energiemengen aus erneuerbaren Energien zu gewinnen, wenn das überhaupt zu erreichen ist. Solange wir nicht plötzlich die Kernfusion nutzen können, solange können die deutschen Autobauer abwarten und andere das Risikokapital verschwenden lassen.

    • Die deutschen Autobauer gewinnen? – OK. – Jeder hat ein Recht auf seine Meinung. –
      Interessant wird ihr Kommentar für mich erst dann, wenn Sie, Herr Meyer ihre pauschalen „Begründungen“ mit effektiven Zahlen / nachweislichen Inhalten ausschmücken würden. – Das hilft mir zu einem besseren Verständnis. Vielen Dank im Voraus.

  • Die deutschen Autobauer werden zwar nicht in der Form verlieren, dass es sie förmlich zerlegt, aber Federn werden einige schon lassen. Der Grund, warum deutsche Autobauer so zögerlich sind, ist wohl auch darin begründet, dass hier noch kein generelles Tempolimit auf Autobahnen gilt. In anderen Ländern wächst die Zahl der Teslas spürbar, weil ein Tesla theoretisch zwar extrem schnell fahren kann, praktisch aber am weitesten kommt, wenn er ein bestimmtes Tempo nicht überschreitet. Das gilt natürlich auch für Benziner, aber nicht in dem Maße wie für einen Tesla. Und wo Porsche und Tesla einträchtig 120/130kmh fahren, weil es ein Tempolimit gibt, entfällt der Schwanzvergleich und mehr und mehr Menschen entscheiden sich für einen Tesla. Zumal dieser an der Ampel immer noch den längeren Schwanz hat. Erst, wenn Tesla in den Hauptmärkten, wo deutsche Autobauer erfolgreich sind, spürbar Marktanteile gewinnt, werden deutsche Autobauer reagieren. Ich denke, BMW hat da schon leichte Vorteile gegenüber den anderen.

  • Ich habe in den USA gearbeitet und in Deutschland; und erst, in den USA habe ich eingesehen, warum die Deutschen auf dem Weltmarkt so oft verlieren, trotz der vielen Spitzenforschung: in Deutschland herrscht die Kultur: „Never touch a running system“. Warum etwas ändern, wenn man was hat, was bereits funktioniert und erprobt ist?
    Wenn in den USA ein z.B. Ingenieur eine Idee hat, hat er viel weniger Hürden von seinem Arbeitgeber Geld zur Verwirklichung seiner Idee zu bekommen. Wenn er dann scheitert, ist er gefeuert, aber er hat es wenigstens versucht! Die meisten Ideen scheitern so, doch viele nicht! In Deutschland werden die meisten solcher Ideen im Keim durch Bedenken & Bürokratie erstickt; je größer das Unternehmen, desto höher die Hürden.

  • Was sich gerade in der Autoindustrie abspielt hatten wir doch schon 2007 mit dem ersten iPhone.

    „Wer braucht sowas?“, „Viel zu kompliziert.“, „Teure Spielerei.“ und so weiter waren die Kommentare etablierter Mobiltelefonhersteller. Und wo sind Blackberry und Nokia jetzt? Microsoft ist auch viel zu spät auf den Tablet und Smartphonemarkt mit ihrem Mobilen Betriebssystem eingestiegen und versauern nun in der Versenkung von 10% Marktanteil. Tja… Wer den Trend verpennt hat eben das Nachsehen. Oder: „Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.“

  • Die Diskussion um ein elektrisch betriebenes Fortbewegungsmittel und die angeblich neutralen Auswahl von Kommentaren ist geprägt von Emotion zu einem elitären Elektrofahrzeug, was für einen Normalverdiener unerschwinglich ist und von einem nicht in Stückzahlen verfügbaren erschwinglichen Fahrzeug, das auf Kosten der Aktionären gesponsored wird.

    Derzeit ist diese Technologie nicht massentauglich, weil es an durchgängigen Gesamtkonzept von den Rohstoffen, über die Herstellung, und Energieversorgung bis zur Entsorgung fehlt. Selbst wenn alle Fahrzeuge Deutschland elektrisch betrieben würden, würde das unseren Gesamtenergiebedarf an Strom gegenüber heute nur um 15% erhöhen. Das ist machbar und nicht das Kernproblem. Für eine massentaugliche Elektromobilität müssen verschiedene Themen berücksichtigt und nachhaltig gelöst werden. In der Gesamtbetrchtung dürfte das mit der Lithium-Akku-Speichertechnologie schwer fallen: Gesamtökobilanz von der Rohstoffgewinnung bis zur umweltgerechten Entsorgung des Fahrzeugs. Energiebilanz von der Energiegewinnung, Übertragung bis zur Bewegung des Fahzeugs, dessen Eigengewicht wesentlich durch den Energiespeicher bestimmt wird. Energieversorgung bis zum Endverbraucher mit einer Ladeinfrastruktur, die auch in Wohnquartieren und nicht nur an Autobahnen funktioniert.

    Auch der Strom aus der Steckdose muss erst gewonnen, übertragen und gespeichert werden, das muss man berücksichtigen, bevor man sich als Fahrer eines Elektrofahrzeugs mit Umweltfreundlichkeit brüstet. Beim Vergleich mit einem Elektrofahrzeug mit Lithiumtechnologie scheidet ein sauberer Dieselantrieb besser ab.

    Für eine massentaugliche Elektromobilität brauchen wir keine Gläubigen, die Elon Musks ‚Innovationen‘ und Marketing auf den Leim gehen, sondern nachhaltige Gesamtkonzepte und eine eigene Industrie, die dieses als grosse Chance begreift, mit diesen Kompetenzen den Weltmarkt zu erobern.

    Dafür muss in umweltverträgliche Technologien, wie z.B. Wasserstoff als Energieträger und Speicher investiert werden und nicht in Giga-Fabriken, die massenhaft Akkus bauen, wo die Energiedichte gering, die Entsorgung problematisch, die Rohstoffe begrenzter als Öl sind und wo die nächste Umweltkatastrophe bereits jetzt absehbar und vorprogrammiert ist.