Crystal Blue hatte ein großes Haus mit Garten, einen gut bezahlten Job, eine Nanny für ihre Tochter River und eigentlich alles, was man sich unter einem perfekten Leben vorstellt. Von einem Tag auf den anderen kündigte sie jedoch ihren Job, verkaufte und verschenkte den Großteil ihrer Möbel und ihres Besitzes und wanderte mit der damals fünfjährigen River nach Mexiko aus.
Heute, drei Jahre später leben die beiden nach einem Jahr auf den Marschallinseln und zahlreichen Stationen unterwegs wieder in Mexiko. Was hat Crystal dazu gebracht, alles hinter sich zu lassen und nochmal neu zu starten? Wie finanzieren die beiden sich jetzt und wie sieht ihr Alltag aus? Um das herauszufinden, habe ich die beiden in Mexiko getroffen.
Crystal lebt dort, wo die meisten anderen Amerikaner nur Urlaub machen. Seit einem Jahr besitzt sie ein Haus in Tulum, einem idyllischen Ort in Yucatan, Mexiko. Tulum ist vor allem berühmt für seine wunderschönen Strände und die Mayaruinen direkt an der Küste und ein beliebtes Touristenziel. River, Crystals achtjährige Tochter geht hier zur Schule, und die Nachmittage verbringen die beiden meistens am Strand. „ Wir leben unseren absoluten Traum, und die Entscheidung mit River nach Mexiko auszuwandern war die beste unseres Lebens!“.
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Crystal war schon immer in der Welt zuhause und viel unterwegs. Sie hat jahrelang als Expeditionsleiterin in den indischen Himalayas gearbeitet und ist Kulturanthropologin. Ihre Forschungen über tibetische Flüchtlinge haben sie auch immer wieder ins Ausland geführt. Als ihre Tochter River geboren wurde, endete dieser Lebensstil für Crystal jedoch erst mal. Sie hatte das Gefühl, für ihre Tochter ein „normales“ amerikanisches Leben führen zu müssen, mit Haus, Garten, festem Job und Ausland nur in den Schulferien. Für die alleinerziehende Crystal bedeutete dies oft: lange Arbeitstage, wenig Zeit mit ihrer Tochter und komplett eingebunden zu sein in äußere Zwänge und Vorgaben. All dies sollte sich mit einem Urlaub in Mexiko ändern.
Minimalismus macht das Leben einfacher
Nachdem die beiden ein paar wunderschöne Tage gemeinsam am Strand verbracht hatten, fing Crystal an sich zu fragen: „Warum leben wir eigentlich nicht immer so? Warum kann ich in unserem Alltag kaum Zeit mit meiner Tochter verbringen und habe das Gefühl, andere Menschen in ihrer Umgebung haben mehr Einfluss auf ihre Entwicklung als ich? Warum fühle ich mich nicht glücklich, obwohl wir doch eigentlich alles haben, was uns glücklich machen sollte?“ Und als sich dann die Möglichkeit ergab, dauerhaft für einen Lehrerjob nach Mexiko zu gehen, überlegten die beiden keinen fünf Minuten. Alles ging jetzt ganz schnell, Möbel einpacken, Überflüssiges verschenken, Job kündigen, und plötzlich waren die beiden im Paradies zu Hause.
Seitdem ist das Leben von Crystal und River deutlich einfacher. Sie haben weniger materielle Dinge, fast all ihr Hab und Gut lässt sich in wenigen Koffern verpacken. Dafür haben die beiden in den letzten drei Jahren eine intensive und enge Beziehung entwickelt und leben ein erfülltes Leben. Die beiden leben viel bewusster und genießen jeden Moment, anstatt wie vorher von einem zum nächsten zu hetzen. Ohne den Druck ein großes Haus, ein Auto und eine Vollzeitkinderfrau finanzieren zu müssen kann Crystal weniger arbeiten und Momente mit ihrer Tochter genießen.
„Reisen ist die beste Schule“
Nach einem Jahr in Mexiko ging es für die beiden für ein weiteres auf die Marschall Inseln, und von dort in einem mehrmonatigen Trip durch Asien und Europa wieder zurück nach Mexiko. Wann immer das Duo längere Zeit an einem Ort ist, geht River dort in die örtliche Schule, ansonsten unterrichtet Crystal ihre Tochter selbst. Und hat dabei festgestellt, dass das Reisen die beste Schule ist. „River lernt andere Kulturen kennen, spricht mehrere Sprachen und kann sich überall zurechtfinden. Mehr als sie auf unseren Trips lernt, kann man in einer Schule gar nicht aufnehmen“.
Von Anfang an hat Crystal über ihre Abenteuer mit ihrer Tochter geschrieben. In den ersten Monaten nur auf ihrem Blog, mittlerweile in verschiedenen Publikationen. Das öffentliche Interesse an den beiden ist enorm, wohl auch weil sie mit ihrer Entscheidung dem perfekten amerikanischen Leben ganz bewusst den Rücken zuzudrehen einen Nerv getroffen haben. „Viele Menschen schreiben mir und fragen, wie wir es geschafft haben, unser Leben so komplett umzudrehen und jetzt so glücklich zu sein, vor allem ohne große finanzielle Ressourcen“, so Crystal.
Abenteuertouren für den Lebensunterhalt
Aus diesem großen Interesse ist die Idee entstanden, Abenteuertouren zu organisieren, auf denen die Teilnehmer neue Länder auf einer anderen Ebene kennenlernen und gemeinsam mit Crystal und River auf Entdeckungstour gehen. Im letzten Jahr wurde die Agentur Enlightened Globetrekker Adventures offiziell gegründet und ist jetzt die Haupteinnahmequelle der beiden. Bis jetzt gab es Touren in Mittel- und Südamerika, Nordamerika, Europa und Nepal, aber Crystal ist immer auf der Suche nach neuen Zielen. Reisen ist weiterhin fester Bestandteil ihres Lebens und wird es wohl auch bleiben. „Wenn ich in den letzten drei Jahren eins gelernt habe, so ist es dass alles möglich ist. Wenn man sich ein Ziel setzt und mit genug positiver Energie daran arbeitet sowie bereit ist Risiken einzugehen, ist alles erreichbar.“