Nach vielen Annahmen und Gerüchten wurden in dieser Woche nun die Pakete zur TV-Rechte-Ausschreibung für die Fußball-Bundesliga bekannt gegeben. Um den Wunsch nach höheren Umsätzen zu argumentieren, geben Liga und Klubs meist die fehlende Wettbewerbsfähigkeit mit der britischen Premier League an. Perspektivisch ist aber vielleicht nicht mehr nur der Blick nach England, sondern auch nach China interessant. Hatte sich die Aufholjagd im weltweiten Wettbewerb vor allem in Industrie und Technologie (erfolgreich) bemerkbar gemacht, scheint nun der Fußball an der Reihe zu sein.
Die Chinese Super League – bei Transferausgaben schon Weltklasse
Ein Blick auf die Transfers in der Winterpause verrät einiges: Für Stars wie Ramires, Alex Teixeira oder Jackson Martinez wurden insgesamt umgerechnet 260 Millionen Euro ausgegeben. Die Klubs der britischen Premier League begnügten sich mit 250 Millionen Euro. Die zweite chinesische Liga hat mit 200 Millionen Euro immerhin noch mehr ausgegeben als die Bundesliga.
Dabei ist das bevölkerungsreichste Land der Erde bzw. die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt im Fußball bis dato nicht einmal als Geheimtipp in Erscheinung getreten. In der FIFA-Weltrangliste aktuell auf Platz 81, hat China 2002 das letzte Mal bei einer Weltmeisterschaft teilgenommen. Dort schied man allerdings schon nachher Vorrunde und ohne ein geschossenes Tor aus. Das Standing der Nationalmannschaft ist denkbar schlecht, das Interesse am Fußball steigt dagegen kontinuierlich. Den deutschen WM-Sieg 2014 in Brasilien sahen rund 100 Millionen Chinesen – und das um drei Uhr morgens chinesischer Uhrzeit.
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Der „Umfassende Plan der Reform und Entwicklung des chinesischen Fußballs“
Das Potenzial scheint also ausreichend vorhanden zu sein. Während der deutsche Fußball nach 2000 auf Basis einer Task Force aus DFB und DFL weiter entwickelt wurde, gilt in China der Befehl von ganz oben.
Die Wiederbelebung des Fußballs ist die aufrichtige Hoffnung des Volkes (Xi Jinping, chinesischer Staats- und Parteichef.)
Um das chinesische Staatsoberhaupt Xi Jinping hat sich eine Task Force, genauer gesagt die „Zentrale Führungsgruppe zur umfassenden Vertiefung der Reformen“ gefunden. Neben der kurzfristigen Stärkung der Profiklubs durch ausländische Top-Stars steht dabei auch die Nachwuchsförderung auf der Agenda.
Und man startet nicht bei Null. Der chinesische Top-Klub und Meister Guangzhou Evergrande gilt mit 3.000 Schülern und 50 Plätzen bereits als größte Fußballschule der Welt – unter den Fußball-Lehrern finden sich u.a. auch ein Dutzend Trainer von Real Madrid. Bis zum Jahr 2025 sollen landesweit 50.000 Fußballakademien entstehen. Die Meilensteine sind klar: endlich wieder für eine WM qualifizieren, eine WM ins eigene Land holen und natürlich Weltmeister werden.
Medien und Wirtschaft spielen mit
Die Mittel sind ausreichend vorhanden. So zahlt der Venture Capitalist China Media Capital (CMC) in den nächsten fünf Jahren 1,3 Milliarden Dollar für die Übertragungsrechte an der Chinese Super League. Dies entspricht dem 25-fachen der bisher vom chinesischen Staatsfernsehen gezahlten Summe. Generell ist CMC im Fußball sehr umtriebig. Seit Dezember 2015 besitzt das Unternehmen bereits 13 Prozent der Anteile an Manchester City. Der bereits erwähnte Top-Klub Guangzhou Evergrande gehört jeweils zur Hälfte dem E-Commerce-Unternehmen Alibaba sowie Evergrande Real, einer der größten Immobilienfirmen Chinas.
Und auch weitere Unternehmen spielen mit: In den letzten zwei Jahren haben immerhin vier Unternehmen einen Fußballklub übernommen, an der Hälfte der 16 Erstligaklubs sind große Immobilienfirmen beteiligt. Für die Chinese Super League soll nun die Premier League als großes Vorbild dienen. Ob England auch der richtige Maßstab für das Ziel ist, Fußball-Weltmeister zu werden, erscheint aber zumindest fragwürdig.
Bild: StockUnlimited