Barcelona und Berlin gehören zu den Hotspots der Städte in Europa, wo sich besonders viele ortsunabhängig arbeitende Freigeister tummeln. Ich erlaube mir in diesem Artikel, die Rankings, Indizes und Vergleichsstudien, in denen beide Städte aufgelistet sind, meinerseits zu vergleichen. Es geht darum herauszufinden, ob es möglich ist sich als digitaler Nomade mit Hilfe dieser Ranglisten ein objektives Bild darüber machen zu können, wo man demnächst seine Zelte aufschlagen will.
Beide Metropolen kenne ich aus eigener Erfahrung – ich lebe seit drei Jahren in der katalanischen Hauptstadt am Mittelmeer, wo ich eine Community für Digitale Nomaden aufbaue. In den Nuller-Jahren habe ich mein Masterstudium in Berlin absolviert, seitdem bin ich regelmäßig 3 bis 5 mal pro Jahr an der Spree.
Der erste Teil des Städtewettbewerbs ist eine Vergleichsstudie all jener Rankings und Indizes, die besonders beliebt bei Digitalen Nomaden und Expats sind, um sich ein Bild zu machen, wo es sich besonders gut leben lässt, die Sicherheitslage und Infrastruktur stimmen und die Preise günstig sind. Dazu gehören die Nomadlist, das Mercer-Cityranking und die Webseiten von Numbeo und Expatistan.
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Was sagt die Nomadlist?
Die Nomadlist ist für viele ortsunabhängig Arbeitende das Ranking schlechthin. Sie wird oft herangezogen, wenn es darum geht wo es sich angeblich besonders toll arbeiten und leben lässt. Leider halte ich diese Liste, vielleicht abgesehen von den ersten sieben Rängen, für eine willkürlich zusammengewürfelte Aneinanderreihung von allen möglichen Städten und nie gehörten Käffern auf der Welt. Geht man nach dieser Liste, liegt Berlin auf einem mageren 141. Platz von 501 untersuchten Städten.
Berlin findet sich irgendwo hinter den Zentren des internationalen Nomadentums Stuttgart (113. Platz), Louisville in Kentucky (119), der 15-Millionen-Wohlfühloase Lagos in Nigeria (123) oder auch das lasziv-lebenslustige Riad in Saudi-Arabien (83) wieder und schlägt nur knapp die schweizer Schnäppchenmetropole Bern (145).
Schaut man ins Detail auf die einzelnen Bewertungskriterien hat die Nomadlist eigentlich nichts an Berlin auszusetzen – alles Bewertungsbalken liegen soweit im grünen Bereich. Interpretiert man diese, kommt man zur Erkenntnis, dass das Leben zwar etwas billiger sein könnte, aber nur die Klimaanlagen und Heizungen ein Maluspunkt der deutschen Hauptstadt sind. Der mittelmäßige Platz bleibt also trotz beeindruckenden Punktzahlen ein Rätsel, zumal bei Orten wie dem nie gehörten, aber allseits beliebte Jojor Bahru in Malaysia alle Bewertungskriterien unterirdisch rot sind, das Nest aber dennoch auf einen respektablen 72. Platz kommt.
Barcelona ist für Digitale Nomaden gemäß dieser Liste schlichtweg indiskutabel – es krebst auf den untersten Rängen auf Platz 351 herum. deutlich hinter Ulanbator in der Mongolei – und spielt in der gleichen Liga wie die Nomadenparadiese Aachen (Platz 353), Kigali in Ruanda (Platz 347) oder Almaty in Kasachstan (Platz 349). Ganz besonders muss es den Katalanen wehtun, dass Erzrivale Madrid schier uneinholbar auf Platz 130 vorne liegt.
Im Detail zeigt sich, dass die Party in Bartelona zwar berauschend und das Internet mehr als flott ist, aber das öffentliche WLAN wiederum zu wünschen übrig lässt. Ganz schlimm sieht es in Sachen Sicherheit, Rassismus und extremen Zimmertemperaturen aus. Zusammegafasst lässt sich sagen, dass es sich in der Stadt demnach ausgelassen bis ausschweifend feiern lässt – man sollte sich aber tunlichst vor dem rassistischen Mob in Acht nehmen, der laut Statistik zwar recht freundlich zu Ausländern und Homosexuellen ist, aber einen dennoch sehr wahrscheinlich ausrauben wird (vielleicht sparen Sie so für eine Zentralheizung, oder sind nur gelangweilt, weil die Drahtlosverbindung so mau ist). Ziemliche Kaffeesatzleserei also, die man in diese skurrile Liste rein interpretieren kann.
Sehen wir die Nomadlist als netten Gag um ein bisschen Aufmerksamkeit und Traffic auf die anderen Webseiten des Pieter Levels-Imperiums wie das Nomadforum und die kostenpflichtige Slachgruppe Hashtagnomads zu bekommen um sich schliesslich für 65 US$ anzumelden. Die Aussagekraft des Rankings tendiert gegen Null und belegt in meinem eigenen Bewertungindex unzweifelhaft den letzten Platz. Immerhin schlägt Köln (291.) das verbotene Dorf an der Düssel (328.), was als rheinischer Lokalpatriot meinen Frohsinn erweckt.
*Update: nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, wurde das ganze Nomadlist-Ranking auf den Kopf gestellt, Berlin liegt mittlerweile auf dem 15. Platz, Dallas ist der neueste Place to Be an dritter Stelle, auch Barcelona hat 100 Ränge gut gemacht und ist nun fast so sexy wie Karlsruhe, das auf Platz 145 liegt.
Was sagt das Mercer-Cityranking?
In der alljährlich neu gemessenen Lebensqualtitätsstudie der Beratungsagentur Mercer werden 221 Städte weltweit unter die Lupe genommen. Dabei spielen Sicherheitsstatistiken, Effizienz, Rechtsstaatlichkeit und innenpolitische Stabilität in die Bewertung hinein. Viele Auslandsvertretungen und multinationale Konzerne nehmen das Mercer-Cityranking zur Hilfe, um ihre zukünftigen Standorte zu bestimmen. Ausgangwert des Index ist dabei New York City, dem ein Wert von 100,0 zugeordnet wird.
Traditionell sind die Postionen in den obersteten Ränge stets von Städten im deutschsprachigen Raum besetzt. Wien lag die letzten sechs Jahre stets an erster Stelle mit einem Wert von 108,6 (2015).
Berlin kommt, trotz des deutschlandweit eher kontroversen Rufs als idealer Standort, auf einen achtbaren Platz 14 weltweit (105,0). Barcelona ist ebenfalls recht weit oben mit dabei, wenn auch nicht auf einem Spitzenplatz mit 100,6 Punkten und auf Rang 38.
Es gibt noch weitere Rankings von Monocle oder das Global Liveability Ranking der Economist Intelligence Unit, welche die Kriterien anders gewichten, und in denen die Städte der angelsächsischen Kolonien wie Melbourne oder Vancover stets führen. Die deutschsprachigen Städte sammeln sich um den 20. Platz und werden von den südeuropäischen Städten gefolgt. In diesen Rankings spielen eher harte Standortfaktoren eine Rolle – reine Lebensqualitätskriterien wie z.B vielfältige Küche, gutes Wetter, Möglichkeiten für Outdoorsport im Umland oder glücklich-entspannte Nachbarn und Arbeitskollegen fallen nicht besonders in die Gewichtung hinein.
Was sagt Numbeo?
Numbeo ist eine Website, auf der man den ganzen Tag vertrödeln kann. Hier werden Städte auf der Welt anhand ihrer Lebenshaltungskosten, Kriminalitätsraten, Luftverschmutzung und vielem mehr gelistet und verglichen. Der Index wird durch user-generierte Eintragungen erstellt und berechnet den Mittelwert aller eingetragenen Daten. In Sachen Lebenshaltungskosten liegen Barcelona und Berlin in etwa gleichauf. Einige Erlebnisse sind zwar in der Weltstadt mit Herz und Schnauze wesentlich teurer (Taxifahren, Cappuchinotrinken), bei anderen Sachen halten die Nordostspanier scheinbar ordentlich die Hand auf (die große Flasche Wasser oder die Handynutzung). Insgesamt ist das Preisniveau in Berlin ein wenig höher. Lediglich bei der Kaufkraft muss Barcelona deutlich zurückstecken, am Mittelmeer hat man 20% weniger Geld zur Verfügung – dafür kann man sich den Besuch in der Sonnenbank und den Strandurlaub schenken und viel billigen Rotwein trinken – hier bekommt mach auch so ordentlich Farbe ins Gesicht.
Auch in der Kriminalitätsstatistik schenken sich beide Städte nicht viel. Große Angst muss man nicht haben – die Straßen sind in beiden Orten derzeit sicher. Die nette Anzeige mit dem Gefährlichkeitsmesser auf dem Bildschirm schlägt hüben wie drüben bislang noch kaum aus. Lediglich Korruption scheint bei den Katalanen Volkssport zu sein – was als Entrepreneur ja nicht immer von Nachteil sein muss, sollten gewisse bürokratische Prozesse zu langsam ablaufen.
Kommen wir zur Luftverschmutzung: Die vielbesungene Berliner Luft wird auch von der Statistik geschmeichelt – allet janz dufte hia! Der scharfe Ostwind scheint das platte Land der Mark Brandenburg recht gut durchzublasen, spätestens seit Kohleheizung und Trabbi-Zweitaktmotoren aus der Mode gekommen sind, können die Spree-Athener sauber durchatmen. Kein Vergleich zu meinen beige-grauen Kindheitserfahrungen in den 1980ern. In Barcelona hingegen steht des öfteren der Smog zwischen Meer und Berg – das muss wohl an den vielen 50cc-Rollern liegen, denn große Industrieschlote sind in der Stadt weit und breit nicht zu sehen. Aber es stimmt soweit – die Qualität der Luft in den Straßenschluchten ist in der Tat verbesserungswürdig – vor allem nach tagelangem Sonnenschein und Windstille.
Interessant wird es wenn wir die Lebensqualität insgesamt in beiden Städten vergleichen. Dieser Wert ist sozusagen der Oberindex, der letztendlich allumfassend aufklärt, wo man besonders gut leben kann. Wenn wir alle zuvor genannten Indizes in einen Topf werfen und die Zahl wieder teilen, erhalten wir den Numbeo-Quality of Life Quotienten. In beiden Orten wird der Lifestylefaktor insgesamt mit “sehr hoch” bewertet. Berlin hat aber mit 176 Punkten gegenüber Barcelona mit 154 Punkten die Nase vorn. Nach dieser Liste wird die Kunst des Savoir Vivre dann doch eher bei den frivolen Preußen als bei den bierernsten Katalanen gepflegt.
Was sagt Expatistan?
Expatistan ist quasi der Klon von Numbeo. Allerdings werden in diesem Ranking nur die Lebenshaltungskosten zu Rate gezogen. Dafür ist der Warenkorb um einiges ausführlicher aufgelistet – bei Expatistan kommen noch Preisvergleiche für eine Reihe weiterer wichtige Dinge des täglichen Lebens hinzu. Das Viererpack Klopapier (wo kriegt man in Berlin oder Barcelona überhaupt eine Viererpackung von diesen Endlosservietten zu kaufen?) muss sich genauso einem direkten Vergleich stellen, wie der iPod Nano 16GB (kauft heutzutage eigentlich überhaupt noch jemand iPods?)
Expatistan kommt wie Numbeo zum Schluss, dass Berlin alles in allem ein wenig teurer ist als Barcelona – Während in der Teutonenmetropole bei den Transportkosten mit Ökosteuer und gepfefferten BVG-Einzeltickets ordentlich die Hand aufgehalten wird, haben in der Mittelmeermetropole das snobbige Nachtleben und Restaurantbesuche in Touristenfallen gesalzene Preise.
Was sagt der Big Mac Index?
Der Big Mac Index von Economist ist die bekannteste Preisvergleichstudie. Ein Big Mac hat weltweit die gleichen Zutaten und ist daher einfacher und transparenter zu vergleichen, als beispielsweise ein Friseurbesuch oder eine Whisky-Cola, bei denen es weniger auf die Leistung oder das Produkt an sich ankommt, sondern viel eher von wem es angeboten wird und die Preisspannen enorm sein können. Haare schneiden kann ganz nach Friseur 5€ oder 500€ kosten, ein Whisky-Cola schnell mal 15€ im schicken Nachtclub, oder 1,50€ zur Happy Hour in der Eckkneipe Der Big Mac Index wird auf nationaler Ebene bemessen – da jedoch die gesamte Eurozone als eine Preiszone gilt können wir über den Kostenvergleich von Fleischwolfbrötchen keine Aussage treffen ob Barcelona oder Berlin vorne liegen.
Fazit: Berlin oder Barcelona?
Indizes die auf nicht eindeutig objektiv messbaren Kriterien wie Lebensqualität, Sicherheit oder das Preisniveau sind stets eine Zusammenstellung von verschiedenen Einzelwerten. Daher ist die Aussagekraft dieser Indizes, auch wenn diese nach noch so wissenschaftlichen Methoden bemessen werden, immer mit Vorsicht zu genießen. Als grober Richtwert geben diese Auflistungen dennoch einen ganz guten Hinweis, wo es vergleichsweise besonders günstig oder teuer ist, wie die Sicherheitslage vor Ort aussieht oder wo das Internet besonders schnell ist. Die angegebenen Werte über das Preisniveau und die Infrastruktur decken sich gut mit meinen eigenen Erfahrungen in den beiden Städten.
Barcelona ist abseits des Touristenstroms alles in allem in der Tat etwas günstiger als Berlin. In der Realität gibt es hier wie dort bei einigen Parametern bedeutende Abweichungenm was aus den Rankings nicht herausgelesen werden kann. In Barcelona kann man in vielen Kneipen eine 0,3-Liter-Flasche Bier für 1 Euro bekommen, während man für den Gerstensaft im schnieken Arts Hotel gut und gerne 13 Euro zahlt – genauso groß sind die Unterschiede innerhalb Berlins. Die Reihenfolge des Städterankings für Digitale Nomaden in der derzeit groß gehypten Nomadlist bleibt mir zwar ein Rätsel, nimmt man aber die Ergebnisse aller anderen Indizes zu Rate, kommt man letztendlich doch zur Gewissheit, dass es sich in beiden Orten, so anders sie auch sein mögen, im weltweiten Vergleichs sehr gut leben lässt. Die einzigen Faktoren, die völlig objektiv gemessen unzweifelhaft eindeutig sind, sind dass es in Barcelona wärmer und sonniger ist, während in Berlin der Döner indiskutabel besser schmeckt.