Das war hart. Vor ziemlich genau einem Monat habe ich mich aus dem Fenster gelehnt und hier auf BASIC thinking Smiley-Fasten ausgerufen. Die These: Smileys töten sprachliche Finesse, weil der Schreiber sich keine Mühe mehr macht, Ironie, Sarkasmus oder einfach Humor sauber herauszuarbeiten – und der Leser unmissverständlich gesagt bekommt, was er für lustig, was für traurig zu halten hat. Die Resonanz war riesig und wie versprochen möchte ich hier von meiner Askese und den Reaktionen darauf berichten.
Ich bin ja Vielschreiber: Kolumnen wie diese für „Guidos Wochenpost„, PR-Texte, ein bisschen Literatur, Äonen von E-Mails, Messages und Social Posts haue ich jeden Tag in die Welt. Klar, dass ich da auch auf Smileys gesetzt habe. Aus Bequemlichkeit, weil es schneller geht oder auch als Stilform. Damit aufzuhören, fiel mir tatsächlich schwer. Viel schwerer, als ich gedacht hatte. Doch ich habe es geschafft – bis auf eine Ausnahme. Während eines Gedankenaustauschs mit meiner Frau via Facebook Messenger rutschte mir ein Grinsekopf raus. In allen anderen Fällen konnte ich die Finger schnell genug von der Tastatur reißen.
Als erfahrener und mehrfacher Ex-Raucher wusste ich, dass eine Ersatzbefriedigung die ersten Tage zu überbrücken hilft. Was also ist das sprachliche Pendant zu Kaugummi und Noisette-Schokolade? Klare Sache, es sind drei Punkte. Das ist wirklich witzig… Also, Smiley-Junkies, diese Auslassungspunkte sind euer Methadon!
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Solidariserung und Gegenwind
Mancher Leser meiner Zeilen tat sich extrem schwer. Ist ja auch was anderes, wenn auf die Frage „was kosten die Dauerkarten, wenn du sie mir diesen Spieltag leihst?“ die Antwort „deinen Kopf, wenn du sie nicht zurückbringst“ und dann kein Smiley folgt. In solchen Momenten verlangsamte die Fasterei die Kommunikaton erheblich.
Es gab in den Kommentaren und per E-Mail viel Zustimmung, manch einer gab sich ertappt und solidarisierte sich mit mir. Es gab aber auch Gegenwind, was ich ganz wunderbar finde: „Chats sind weder (anspruchsvolle) Literatur noch eine Außenstelle des Debattierclubs“, schrieb etwa Seb, „es zählt Effizienz beim Senden und Empfangen.“ Hat er bestimmt Recht.
Von Goethe und Winckelmann
Benjamin dagegen führt ein anderes, hochspannendes Argument zu Felde: Die Smileymania sei eine logische Konsequenz der zwanghaften Vorstellung, auf jede Nachricht rasend schnell antworten zu müssen: „Ich muss nicht unbedingt bei jeder roten Ampel zwanghaft nach den knappen zehn Sekunden suchen, um eine Nachricht knapp zu kommentieren. Keiner meiner privaten Alltagskontakte wird sich in das Schwert stürzen, nur weil ich erst zwei, drei oder fünf Stunden später antworte.“
Wollen wir doch hoffen, dass sich niemand wegen uns ins Schwert stürzt, oder?
Der tapfere Siegfried verwies auf die Parallele zum Brief, der ja auch lange ohne Smileys und Emojis ausgekommen sei. Ein Horror, sich vorzustellen, wie wohl Goethe und Winckelmann via WhatsApp kommuniziert hätten. Oder auch nicht? :o)
Wie Lachen in Sitcoms
So gar nicht auf meiner Linie war Chama: „Irrtum! Ohne Smileys kann der Empfänger nicht wirklich nachvollziehen, ob nun was ironisch oder ernst gemeint war.“ Vielen Dank an dieser Stelle für die Bestätigung. Genau um diese geistige Armut ging es mir. Wie schön, dass mir Oliver gleich zur Seite sprang und die Debatte um eine großartige Analogie ergänzte: „Wenn das Publikum es gewohnt ist, wie in US-Sitcoms zu lachen, wenn dort Gelächter eingespielt wird, um zu merken, dass das grad eben lustig war, dann ist das exakt das Gleiche wie das Setzen von Smileys damit der Leser erkennt, dass es ironisch (oder sonst wie) gemeint war.“
Zum Schluß noch eine kleine Beichte: In der Fastenzeit war meine Frau krank, so dass ich für Sie die Korrespondenz übernehmen durfte. Ich sage durfte. Denn als sie konnte ich ja mit Smileys um mich werfen – wie der Kurgast mit strenger Diät, der sich ins hintere Eck des Cafés verdrpückt und eine Schwarzwälder Kirsch verschlingt – herrlich! ;-)))
Was waren Deine Erfahrungen? Hast Du auch mitgemacht?