Es gibt im Internet verschiedenste Bewertungsportale für fast alle Berufsgruppen und Unternehmen. Viele Menschen machen hierbei mit und bewerten angefangen von der Bäckerei um die Ecke, über den Immobilienmakler bis zum Arzt jedes Unternehmen und jeden Dienstleister. Über die Bewertungen kann trefflich gestritten werden.
Für die einen bedeuten die Bewertungen eine größtmögliche Transparenz. Für die anderen können Sie existenzvernichtende Eingriffe darstellen wenn Bewertungen falsch sind und potentielle Kunden dies zum Anlass nehmen das betroffene Unternehmen erst gar nicht aufzusuchen. Bei der Fülle an Bewertungsportalen kann es durchaus schwierig werden jederzeit und überall entsprechend zu prüfen ob die Bewertungen korrekt sind oder nicht. Diese Problematik haben auch schon die Bewertungsportale erkannt, sie nehmen aber unterschiedliche Maßnahmen in Angriff, um diesen Problemen Herr zu werden. Nun hat der Bundesgerichtshof im Falle von Jameda Neuregeln vorgegeben.
Vor dem Durchbruch des Internets hat man negative Erfahrung mit Dienstleistern und Unternehmen meist im Freundes- und Bekanntenkreis geteilt. Hier hat man sich ausgetauscht und die Erfahrungen von Freunden berücksichtigt, wenn man z. B. auf der Suche nach einem neuen Arzt war. Hatte man die Leistungen eines Unternehmens zu kritisieren, so bekam dies meistens nur der enge Freundes- und Bekanntenkreis mit. Kaum jemand hat einen Flugzettel gedruckt und verteilt, um so seine Meinung über ein Unternehmen kundzutun. In Zeiten des Internets startete auch der Boom der Bewertungsportale. Potentielle Kunden sollten so die Möglichkeit haben, von den Erfahrungen Dritter zu profitieren, um von vorne herein prüfen zu können, ob man das betroffene Unternehmen überhaupt aufsucht oder nicht.
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Das hier im höchsten Maß Subjektivität an den Tag gelegt wird und auch positive Bewertungen nicht bedeuten, dass jeder andere Mensch dies genauso sieht, wird oftmals ausgeblendet. Finden sich negative Bewertungen oder Erfahrungsberichte, reicht dies vielen potentiellen Kunden schon aus, um das entsprechende Unternehmen zu meiden. Gerade für kleinere Unternehmen oder etwa Freiberufler wie Ärzte, Steuerberater und Rechtsanwälte kann es aber existenzbedrohend sein, wenn der Kundenzufluss durch schlechte Bewertungen im Internet gebremst wird. Auch wenn nur wenige Bewertungen vorhanden sind, können einige wenige schlechte Bewertungen dazu führen, dass die Kunden ausbleiben.
Bewertungsportale müssen beiden Seiten gerecht werden
Die Bewertungsportale stehen daher vor der Herausforderung, möglichst viele Bewertungen zu erhalten. Weiterhin müssen sie aber sicherstellen, dass sowohl falsche positive und falsche negative Bewertungen ausgefiltert werden. Bei Bewertungsportalen ist es nicht hilfreich, wenn die bewerteten Unternehmen sich nach Belieben eigene gute Bewertungen erstellen können, genauso wenig ist es aber für die Bewertungsunternehmen hilfreich, wenn eine Vielzahl von falschen Bewertungen auf der Plattform zu finden sind.
Oftmals sind die Bewertungsplattformen für die Nutzer zwar kostenlos, aber die bewerteten Unternehmen können Accounts anlegen, um weitere Features zu erhalten. Es steht dabei der Verdacht im Raum, dass zahlende Unternehmen Bewertungen löschen lassen können, während die Unternehmen, die nicht bezahlen, wenig(er) Chancen haben, gegen falsche Bewertungen vorzugehen.
Schon früh entschieden die Gerichte
Hierbei ist zu beachten, dass die Rechtslage schon seit längerer Zeit sehr eindeutig ist. Grundsätzlich gilt, dass derjenige, der die Leistungen eines Unternehmens in Anspruch genommen hat bzw. einen echten Kontakt zu dem Unternehmen hatte, seine Erfahrungen selbstverständlich frei äußern darf. Hierbei gelten die sehr sehr weiten Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit. Verboten ist es, Unwahrheiten zu verbreiten oder aber beleidigend zu werden. Innerhalb des erlaubten Rahmens kann sich kein Unternehmen dagegen wehren, überhaupt bewertet zu werden. Dies wurde schon vor einiger Zeit im Rahmen der sogenannten Lehrerbewertungsportale festgestellt. Unternehmen ebenso wie Freiberufler haben es daher grundsätzlich zu dulden, wenn sie mit Namen und Adresse öffentlich bewertet werden.
Problematisch wird es, wenn Nutzer falsche Bewertungen abgeben. Im Falle von Beleidigungen ist dies noch relativ einfach lösbar, da auch der Portalbetreiber selbst feststellen kann, ob eine Beleidigung vorliegt oder nicht. Schwieriger wird es, wenn etwa ein Arzt vermutet, dass der angebliche Patient gar kein Patient war. Während nämlich ein Arzt eine geäußerte Unzufriedenheit regelmäßig als Meinungsäußerung hinzunehmen hat, muss er dies selbstverständlich nicht, wenn eine solche eigentlich gerechtfertigte Kritik aber von jemandem geäußert wird, der gar nicht Patient war oder ist.
Die Bewertungsportale stehen dabei vor dem Problem, dass sie die Bewertungen nicht dahingehend überprüfen können, ob ein entsprechender Eintrag tatsächlich von einem Patienten stammt oder nicht. In dem Fall, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, ging es genau um diese Problematik. Bewertungsportale sind nämlich nicht für Einträge verantwortlich, die von Dritten stammen. Ihre Verantwortlichkeit beginnt erst dann, wenn sie nach Hinweis auf eine mögliche Rechtsverletzung zumutbare Prüfpflichten verletzt haben.
Bisher: Wechselseitige Stellungnahme der Beteiligten
Bisher sind viele Bewertungsportale daher dazu übergegangen, nach Eingang einer Beschwerde eines Arztes, diese an den Nutzer weiterzuleiten und diesen zur Stellungnahme aufzufordern. Auf dieser Basis sollte dann das Portal entscheiden, ob es die Stellungnahme des Bewerters wiederum an den Arzt zur Stellungnahme weiterleitet oder schon auf dieser Basis eine Entscheidung treffen kann. Die jeweilige Weiterleitung von Stellungnahmen seitens des Bewerters lief dabei anonym ab.
Ziel war es, dass die Bewertungsplattform sich von beiden Seiten genügend Informationen verschafft, um eine Einschätzung treffen zu können, ob die Bewertung nun der Wahrheit entspricht oder nicht. Eine Datenherausgabe seitens des betroffenen Unternehmens wurde regelmäßig verneint, so dass es dem jeweiligen Unternehmen nicht möglich war, direkt gegen den Bewerter vorzugehen. Eine Strafanzeige, die zwar dann zu einer Offenlegung des Bewerters hätte führen können, war oftmals nicht hilfreich, da entsprechend keine Daten mehr vorhanden waren, die den Bewerter hätten identifizieren können. Daher ist es für Unternehmen so wichtig, entsprechend gegen die Bewertungsportale vorzugehen.
BGH: (anonymisierte) Nachweise sind erforderlich
Der BGH hat nun in einem Fall entschieden, dass bei Portalen, die eine Bewertungsplattform anbieten, eine weitergehende Prüfpflicht besteht, da hier ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen möglich ist. Der BGH verlangt nunmehr von Bewertungsportalen, dass sie auf Beschwerden reagieren müssen, die behaupten, dass die abgegebene Bewertung nicht von einem Kunden oder Patienten stammt. In diesem Fall muss das Bewertungsportal die Person, die die Bewertung abgegeben hat, kontaktieren, um ihn mit dem Vorwurf zu konfrontieren. Hierauf kann der Betroffene eine Stellungnahme abgeben. Weiterhin kann aber etwa der Arzt – so der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall – auch verlangen, dass die Person, die die Bewertung abgegeben hat, Unterlagen bereitstellt, die belegen, dass es sich tatsächlich um einen Patienten gehandelt hat.
Das Bewertungsportal ist dann verpflichtet, die Stellungnahme und auch die Nachweise entsprechend anonymisiert an den betroffenen Arzt weiterzuleiten, damit der die Vorwürfe prüfen kann. Es geht dem BGH dabei darum, anonyme Bewertungen zwar weiterhin möglich zu machen, aber der BGH sieht hier ein gesteigertes Risiko auf Seiten der Bewertungsportale und der bewerteten Unternehmen, so dass er hierauf reagiert und dem Bewertungsportal nunmehr weitergehende Pflichten auferlegt. Der BGH stellt zwar auch fest, dass das Geschäftsmodel von Bewertungsplattform an sich völlig legal ist, aber sieht doch eine gesteigerte Gefahr, die er dem Bewertungsportal zuordnet und deswegen dem Bewertungsportal weitergehende Pflichten auferlegt. Sollte es nämlich so sein, dass auf die Anfrage des Bewertungsportals hin die Person, die die Bewertung abgegeben hat, nicht reagiert, so wird die Bewertung regelmäßig zu löschen sein. Dieses Vorgehen entsprach auch dem bisherigen Stand der Rechtsprechung.
Ausblick: Unternehmen werden verstärkt gegen Bewertungen vorgehen
Der BGH hat nun Rahmenkriterien aufgestellt und die Angelegenheit wieder an das OLG Köln abgegeben, das nun prüfen muss, ob diese Rahmenbedingungen im vorliegenden Fall erfüllt waren. Sicher ist aber, dass in Zukunft viele Unternehmen auf Basis dieses Urteils Nachweise verlangen werden, wenn sie negative Bewertungen im Internet entdecken. Sollte dann eine Vielzahl der Personen, die Bewertungen abgegeben haben, keinerlei Unterlagen einreichen oder Stellung beziehen, müssen diese Bewertungen gelöscht werden. Es bleibt also spannend, wie sich die Rechtsprechung und damit auch die Bewertungsplattform im Internet weiterentwickeln werden.