Die Begeisterung für Sport ist ungebrochen. Doch die Aufmerksamkeit von Fans und Sponsoren beschränkt sich längst nicht mehr nur auf das Ereignis oder den Spieltag selbst. E-Gaming, Start-up-Investitionen oder virale Vermarktungskampagnen – Philipp Ostsieker führt in seiner Kolumne Matchplan durch die innovativen Ideen der Sportbranche. Diesmal: Die digitale Transformation im Fußball.
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Fünfmal digitale Transformation. Fünfmal der Versuch, in die Glaskugel zu schauen, aber dabei vor allem relevante, umsetzbare Lösungen für Fußballklubs zu prüfen. Es bietet sich nun an, die Themen dieser Serie Revue passieren zu lassen und auf ihre Anwendbarkeit einzuordnen.
Digitale Ökosysteme: Die Basis für ganzheitliche digitale Strategien
Die These: Ein digital integriertes Ökosystem ist die Antwort auf wachsende Erwartungen für personalisierte und “Hyper targeted”-Inhalte.
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Insgesamt der spannendste aller Trends. Digitale Ökosysteme fußen direkt auf der, nicht nur digitalen, Gesamtstrategie und bilden möglichst die Orchestrierung aller Maßnahmen, bei denen der Klub in Kontakt mit seinen Fans, Kunden oder Nutzern tritt. Dies nicht mehr nur zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern über einen kompletten Lebenszyklus über alle Kanäle hinweg.
Die komplexen und umfassenden Systeme von SAP & Co. zeigen auch, dass ein funktionierendes digitales Ökosystem den Anspruch haben muss, alle weiteren digitalen Trends in genau diesem System zusammen zu fassen und an allen vorhandenen Schnittstellen Daten zu sammeln, sei es nun intern im Training oder extern im asiatischen Fanshop.
Spannend ist die Frage, ob auch bei diesem Thema die Schere zwischen internationalen Top-Klubs und den nachfolgenden Wettbewerben weiter aufgehen wird. Rein preislich scheint der Umfang sehr groß zu sein und es wird auch hier schwierig, den Rückstand als Spätstarter aufzuholen.
Crowdsourcing: Wenig Crowd, mehr Expertentum
Die These: Digitales Teamwork ist der Weg um im digitalen Zeitalter mitzuspielen und zu gewinnen.
Die These kann definitiv bestätigt werden. Digitales Teamwork hat sich schon in der jüngeren Vergangenheit zum Schlüssel für erfolgreiches Arbeiten im Web entwickelt. Die Aufgaben und Herausforderungen werden immer spezieller und kaum ein Wettbewerber ist “der eine Experte” für alles. Entsprechend müssen auch Fußballklubs genauestens prüfen, was sie können und was nicht. Bezogen auf den Begriff “Crowdsourcing” müsste die Fußball-“Crowd” hierfür allerdings eine entsprechende Expertise mitbringen und nicht nur eine emotionale Verbundenheit mit dem Klub.
Audience Development: Dabei sein ist alles (?)
Die These: Fußballvereine werden ihr inhaltliches Angebot sowie ihre Aktivitäten im Audience Development für neue Kanäle differenzieren müssen, um ihre Klub-Marke zu kommunizieren, bestehende Fans zu aktivieren und neue Zielgruppen zu erreichen.
Audience Development, Social Media oder Online Marketing etc. pp – irgendwie ist erst einmal jeder dabei. Aber wie differenziert und gezielt werden die Maßnahmen wirklich eingesetzt? Die Optionen, online erst einmal eine hohe Reichweite aufzubauen und zu nutzen ist vor allem mit der loyalen Zielgruppe der Fußballfans gegeben. Zudem wird mittlerweile erfreulicherweise viel auf verschiedenen und auch neuen Plattformen getestet. Vor allem der Spieltag wird immer digitaler, da auch alle Fans außerhalb des Stadions in verschiedenen Formen involviert werden können. Bei einigen Klubs besteht noch Ausbaupotenzial, andere Klubs wirken bereits hoch versiert.
Interessant wird zu beobachten, was die Klubs langfristig daraus machen. Ohnehin vorhandene Fanpotenziale 1:1 online zu nutzen und im Spieltagsrhythmus ist erst einmal kein Kunststück. Die Marke ist vorhanden, das Interesse am Spiel sowieso. Spannend werden bei Audience Development zwei Themen: erstens die Aufbau neuer Fans und Vermarktungsptionen im Ausland, zweitens die umfangreiche Differenzierung der bereits bestehenden Fans, die bislang alle noch sehr einseitig angesprochen werden. Insbesondere hier werden wieder digitale Ökosysteme von Vorteil sein, mit Hilfe dessen Daten erhoben und über einen langfristigen Zeitraum genutzt und monetarisiert werden können.
Das Ziel muss, frei nach einer verstaubten Fußball-Floskel, in jedem Fall sein: “Mittendrin statt nur dabei!”
Wearables & Spieldaten: Der gläserne Profi als Mehrwert für alle?
Die These: Wearable-Technologien und Spieldaten fördern neue Geschäftsmodelle, die ein höheres Fan-Engagement kreieren und digitale Marketingstrategien ausbauen, von denen Fußballvereine und Spieler profitieren können.
Wie immer muss man differenzieren. Wearable-Technologien für den internen Bedarf von Fußballklubs sind schon vielerorts voll etabliert. Die Themen Trainingsanalyse, Gesundheit oder Leistungsoptimierung werden definitiv bedient. Bei allen spannenden Wunschszenarien muss man sich aber fragen: wie viele Daten sind überhaupt relevant? Und ist detaillierter in jedem Fall besser? Während die Liebe zum Detail für moderne Fußballtrainer noch Mehrwerte bietet, scheinen Sinn und Zweck für Fußballfans sowie entsprechende Marketingoffensiven eher fraglich. Aus dem Spiel heraus wird es über kurz oder lang kein einheitliches Wearable geben und das Interesse der Fußball-Fans spezieller Daten sei mal dahin gestellt. Fußball ist ein wenig komplexerer Sport als z.B. American Football – Tore, Vorlagen, vielleicht noch Ballkontakte und Zweikampfwerte waren dem durchschnittlichen Fan, zumindest bislang, genug.
Der Transfermarkt: Transparenter, globaler, besser?
Die These: Der digitale Wandel wird den Fußball-Transfermarkt durch einen simpleren Zugang zu Kommunikation und Informationen demokratisieren.
Der Transfermarkt ist ein interessantes Konstrukt. Einerseits hat jeder Fan, besonders während der Öffnung des Transferfenster, sehr nah an Klubs und Spielern zu sein. Anderseits kann niemand wirklich beurteilen, was hinter den Kulissen vor sich geht. Plattformen wie Transfermarkt.de haben sich zumindest insofern etabliert, als das Fans einen halbwegs realistischen und sehr übersichtlichen Eindruck zu einer umfangreichen Zahl von Spielern zur Verfügung haben.
Der technologische Trend wird also eher den Klubs helfen. Vermeidung von überflüssigen Reisekosten, mehr gebündelte Informationen und ein schnelleres Filtern von relevanten und irrelevanten Spielern sind die stärksten Argumente für moderne Transfer-Tools. Jeder Klub hat aber letztlich ein unterschiedliches Budget zur Verfügung, spezielle Ziele vorgegeben und vor allem sehr viele Menschen involviert, was eben oft keine reine logische Herangehensweise mit sich bringt. Durch horrende Ungleichgewichte zwischen Klubs, wie z.B. hinsichtlich der deutschen und englischen Fernsehgelder, entsteht ein weiterer Einfluss von außen.