Marinela Potor ist digitale Nomadin. Kein fester Wohnsitz, immer unterwegs, Leben auf Reisen. Für viele ein Traum, für andere ein Graus. Im Tagebuch einer digitalen Nomadin berichtet Marinela wöchentlich auf BASIC thinking von ihren Reisen, was es mit dem Leben aus dem Rucksack auf sich hat und warum es sich lohnen kann, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Diesmal hat sie mit einem echten Surfnomaden gesprochen.
Liebes Tagebuch,
heute möchte ich euch einen frischgebackenen digitalen Nomaden vorstellen – Julian Siewert. Er selbst bezeichnet sich als Surfnomade, ein Begriff, den er selbst erfunden hat. Seitdem er nach seinem Abitur zum ersten Mal in Frankreich die Kraft der Wellen unter sich gespürt hat, hat ihn die Faszination des Surfens nicht mehr losgelassen. „Es war Liebe auf dem ersten Blick,“ erinnert er sich. Seit dieser ersten heißen Affäre, surft er, wo es nur geht. Er verbringt unter anderem auch ein Jahr in Kalifornien, in San Diego bei einer Gastfamilie. „Ich habe im Zoo von San Diego Hamburger und Pommes verkauft. Das war aber direkt am Strand, sodass ich wirklich jeden Tag surfen war.“ Hier erst hat er das Surfen so wirklich gelernt. Seitdem hat er, wann immer er konnte, sein Surfbrett eingepackt, und hat in Portugal oder auch auf den Kanaren in die Wellen gestürzt. In diesem Jahr wagt er den Schritt vom Urlaubssurfer zum nomadischen Surfer. 2016 soll für Julian Siewert das Jahr sein, an dem er zum vollberuflichen Surfnomaden wird.
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Wenn Julian Siewert über seine Leidenschaft spricht, ist er so ruhig und gelassen wie die windstille See, wie es sich für einen entspannten Surfer schließlich auch gehört. Bei unserem Skype-Gespräch ist er in Rio, wo er seit ein paar Tagen gelandet ist. Beim Thema „Brasilien”, seinem absoluten Lieblingsland, wird er sogar richtig lebendig. Dabei haben es ihm nicht nur die berüchtigten Wellen angetan: „Ich hab während meines Studiums auch in Brasilien studiert und es zieht mich einfach immer wieder her. Es ist nicht nur das Surfen, das mich hier so begeistert, sondern auch die Menschen. Also ich bin hier wirklich wahnsinnig gerne.“ Hier will er erstmal überwintern, mit „einer guten Arbeits- und Surfroutine“, bevor es dann im Frühjahr nach Frankreich zum Wellenreiten geht und dann im Sommer nach Bali, einem der beliebtesten Surfspots der Welt, den Julian Siewert aber bisher nur aus den Erzählungen anderer Surfer kennt.
Seine Familie weiß noch nicht, dass er digitaler Nomade ist
Ein Jahr hat sich Siewert gegeben, um seine Pläne als digitaler Surfnomade durchzuziehen. Dafür arbeitet er fleißig an seinem Blog, entwickelt neue Tools für Surfer, wie etwa den Surftrip-Planer und arbeitet derzeit auch intensiv an einem Videokurs für Surfer. Auch ein neues E-Book sei geplant. Bald soll auch seine E-Mail-Serie „Besser Surfen“ an den Start gehen. Ideen hat er also viele, doch wie so viele digitale Nomaden, die gerade den Schritt in die Unabhängigkeit gewagt haben, hat er natürlich auch Zweifel und Sorgen, ob denn auch alles so klappt, wie er es sich vorgestellt hat.
Vielleicht hat er sich auch deshalb noch nicht getraut, seiner Familie von seinen Plänen zu erzählen. Möglicherweise will er es auch zunächst sich selbst und der Welt beweisen, dass man auch als Wellenjäger ein erfolgreiches Business aufbauen kann. Sorgen macht ihm bisher vor allem die kleine Surfergemeinschaft in Deutschland. Trotzdem bleibt er zuversichtlich: „Dass ich mich alleine mit diesem Projekt finanzieren kann – das ist die Hoffnung, die für mich zuletzt stirbt.“
Einen Plan B gibt es nicht
Dabei begann die Karriere von Julian Siewert recht bodenständig. Der Hamburger studierte Umwelttechnik und Medienberatung in Berlin und arbeitete nach seinem Studium beim Umweltbundesamt sowie bei der Universität in Berlin. Er lacht, wenn er sich daran erinnert: „Ich habe diese Jobs so vier, vielleicht fünf Jahre durchgehalten und dann schließlich Anfang 2015 den Entschluss gefasst, dass ich es probieren möchte, mein Geld ‚on the road‘ zu verdienen.“ Neben seiner Leidenschaft für das Surfen hat ihn auch das Buch „The 4-Hour-Workweek„* von Tim Ferris angespornt, für viele digitale Nomaden so etwas wie die Bibel für ihren Lebensstil. Die Domain für seinen Blog hat er bereits 2008 angelegt, seit 2015 bloggt er ernsthaft und hat sich seitdem auch sein Erspartes zur Seite gelegt, um jetzt als digitaler Nomade durchstarten zu können.
Derzeit lernt er auch noch die Gemeinschaft der digitalen Nomaden kennen. Mit einer Gruppe der Webseite MyWirelessLife war er auf Gran Canaria und möchte auch demnächst ein Workation-Projekt mit dem Coworking Space für Surfer, Surfoffice, starten. Seinen Wohnsitz hat der 37-jährige aber erstmal noch in Berlin. „Ich habe mein WG-Zimmer im Moment untervermietet, denn ich werde auch immer wieder nach Deutschland zurückgehen.“ Als Plan B sieht er das aber nicht, eher als Homebase. Denn eigentlich hat er nur einen einzigen Plan: „Von weiteren Plänen habe ich mich erstmal verabschiedet. Ich genieße es auch gerade sehr, den Moment zu leben und erstmal nur die nächsten Monate zu planen. Meine Hoffnung ist es, dass ich es 2016 schaffe, mich über meine Arbeit mit dem Blog zu finanzieren. Wenn ich das bis zum Jahresende nicht schaffe, dann muss ich eben das ganze Konzept nochmals überdenken.“
Einen Traum hat Julian Siewert aber dennoch: Er hofft, dass er irgendwann seine Expertise aus dem Umweltbereich mit dem Surfen verbinden kann, denn das Thema Umweltschutz liegt ihm sehr am Herzen: „Es gibt ein Projekt der amerikanischen Surffirma Hurley, Waves for Water, das sich dafür einsetzt, sauberes Trinkwasser in abgelegene Gegenden dieser Welt zu bringen. Das finde ich sehr sympathisch und ich würde gerne so etwas auch von Deutschland aus umsetzen.“
Wie findet ihr die Ideen? Könntet ihr euch auch vorstellen den Wellen hinterher zu jagen? Was haltet ihr von Surfnomaden? Ich bin wie immer gespannt auf eure Kommetare.
Dann bis nächste Woche – aus irgendeinem Winkel dieser Welt,
Eure Marinela
P.S.: Kennst du schon unser neues Online-Magazin für digitale Nomaden, Reisende, Webworker und Querdenker? Nein? Dann aber schnell!