In der heutigen Kolumne beschäftigen wir uns mit Apps für Smartphones, die stationäre und mobile Radarkontrollen während der Fahrt anzeigen. Für viele Autofahrer sind diese Apps elementar wichtig. Da heutzutage viele Personen ein Smartphone besitzen, gehört es für viele Autofahrer bei Fahrtantritt dazu, die Blitzer-App zu öffnen und sich während der Fahrt entsprechend warnen zu lassen. Aber darf man überhaupt solche Apps nutzen?
Zu solchen Blitzer-Apps hat sich nun das OLG Celle erstmals geäußert. Es gab bisher nur Rechtsprechung der Amtsgerichte. Eine einheitliche Linie war hier nicht festzustellen, sodass sich jetzt erstmals ein Gericht zweiter Instanz mit der Zulässigkeit solcher Apps befasst hat. Der Gesetzgeber hat gesetzlich geregelt, dass technische Geräte, die Verkehrsüberwachungsmaßnahmen stören, nicht erlaubt sind. Er hat aber auch geregelt, dass man während einer Fahrt ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen darf, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen. Dies gilt insbesondere auch für Geräte zur Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen, z. B. Radarwarn- oder Laserstörgeräte.
Sämtliche technische Einrichtungen in einem Fahrzeug, die aktiv eine Geschwindigkeitsmessung verhindern, sind daher nicht erlaubt. Dies ist soweit unproblematisch und weitestgehend durchentschieden worden. Bisher war immer die Frage, ob ein Smartphone mit einer Blitzer-App ein technisches Gerät ist, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen.
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Blitzer-Apps als Stein des Anstoßes
Der Beschuldigte wurde vom Amtsgericht Winsen verurteilt, weil das Amtsgericht davon ausging, dass das Smartphone in Kombination mit der geöffneten Blitzer-App gegen das Gesetzt verstößt. Der Beschuldigte fuhr mit seinem Fahrzeug auf die Autobahn auf und wechselte zügig auf die linke Spur, wodurch ein hinter ihm befindliches Fahrzeug leicht abbremsen musste. Dies nahm eine Polizeistreife zu Anlass, eine Verkehrskontrolle durchzuführen. Sie hielt den Beschuldigten an und bemerkte, dass der Beschuldigte sein Smartphone in einer Halterung am Armaturenbrett befestigt hatte. Der Polizeibeamte hat auf dem Display des Smartphones eine Blitzer-App erkannt, die er selbst – allerdings nur als Beifahrer – benutzt und daher in ihrer Handhabung kenne.
Der Polizeibeamte konnte aussagen, dass die Oberfläche der Blitzer-App beim Beschuldigten nur dann erscheint, wenn die App aktiv gestartet wurde und in Betrieb ist. Die App nutzt dabei die GPS-Verbindung des Smartphones, um den Nutzer zu lokalisieren und dann von einer Datenbank aus entsprechend die stationären und mobilen Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen und davor zu warnen. Der Polizeibeamte hatte noch einmal nachgeprüft ob es sich tatsächlich um die Blitzer-App handelt und konnte dies bestätigen. Die Logos und Schriftzüge konnten eindeutig der Blitzer-App zugeordnet werden. Weiterhin wurden Lichtbilder gefertigt, sodass auch hier durch eine zweifelsfreie Identifikation der App möglich war.
Amtsgericht sieht in der Blitzer-App eine Gesetzesübertretung
Das Amtsgericht hatte festgestellt, dass man zwar dem Beschuldigten nicht nachweisen konnte, ob er vorsätzlich gehandelt hat. Aber zumindest hat man eine fahrlässige Handlung angenommen. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Der Betroffene hätte daher bei Fahrtantritt überprüfen müssen, ob ggf. die Blitzer-App geöffnet ist und hätte diese schließen können.
Wenn er dies vergessen hat, so ist ihm zumindest fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen, was aber auch zu einer entsprechenden Geldbuße führt. Hiergegen hat der Beschuldigte Rechtsbeschwerde vor dem OLG Celle eingelegt, welche das OLG auch zur Entscheidung annahm, da bisher noch keine obergerichtliche Entscheidung zu diesem Problem ergangen war.
Das OLG Celle schließt sich dem Amtsgericht an…
Das OLG Celle hatte sich daher schwerpunktmäßig damit zu beschäftigen, ob ein Smartphone mit einer Blitzer-App ein technisches Gerät ist, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Es stellt fest, dass der Gesetzgeber absichtlich eine offene Formulierung gewählt hat und pauschal alle technischen Geräte unter die Norm fallen, die dafür bestimmt sind. Der Gesetzgeber hat keinen abschließenden Katalog aufgestellt, sondern sich für eine offene Formulierung entschieden, damit auch in Zukunft auf neuere technische Entwicklungen unproblematisch von Seiten der Gerichte reagiert werden kann.
Allerdings ist damit auch verknüpft, dass eine solche offene Formulierung zumindest eine hinreichende Bestimmtheit benötigt, um abzugrenzen, welches Verhalten durch die Norm erfüllt ist und welches nicht. Sollte es nicht möglich sein, die Abgrenzung entsprechend vorzunehmen, wäre die Norm nichtig und ein Verstoß würde nicht vorliegen.
…und erkennt sogar auf ein vorsätzliches Handeln
Das OLG Celle führt aus, dass ein Mobiltelefon in Gestalt eines Smartphones für viele verschiedene Zwecke genutzt werden kann. Aber wenn der Benutzer auf dem Smartphone eine entsprechende Blitzer-App installiert und diese auch noch während der Fahrt nutzt, um vor mobilen und/oder stationären Geschwindigkeitsmessanlagen gewarnt zu werden, dann gibt er seinem Smartphone einen eindeutigen Zweck. In diesem Fall hat das Smartphone definitiv die Bestimmung, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen.
Das OLG Celle führt dazu aus, dass Navigationsgeräte, die ebenfalls eine Datenbank beinhalten, die vor stationären Geschwindigkeitsmessungen warnt, ebenso verboten sind. Auch hier könnte man argumentieren, dass primärer Zweck dieser Geräte die Navigation ist und nicht die Warnung, aber dieses Argument lässt das OLG Celle nicht gelten und kommt folglich zu dem Ergebnis, dass ein Smartphone, das ansonsten eine Vielzahl anderer Verwendungsmöglichkeiten hat, während der Fahrt durch Nutzung einer Blitzer-App konkret genug genutzt wird, um unter den Verbotstatbestand zu fallen.
Blitzer-App böse, Radio nicht
Das Gericht führt weiterhin aus, dass zwar auch durch Radiosender vor Geschwindigkeitsmessungen gewarnt wird, dass Radio hierzu aber lediglich geeignet ist, aber nicht vom Fahrzeugführer dazu bestimmt wurde. Weiterhin werden im Radio keine ortsbezogene auf den jeweiligen Fahrer bezogenen Warnungen ausgesprochen, sondern nur allgemeine Warnungen. Das Radio fällt daher nicht unter die Verbotsnorm und ist daher weiterhin zulässig.
Zudem führt das Gericht aus, dass es dem Gesetzgeber darum ging, Geschwindigkeitsverstöße erfolgreich zu verhindern. Es ist daher ein verständliches Ziel des Gesetzgebers, nicht nur Geschwindigkeitsüberwachungen durchzuführen, sondern auch zu verhindern, dass Autofahrer durch technische Mittel sich solchen Geschwindigkeitsüberwachungen entziehen, in dem sie gezielt vor einer solchen Maßnahme gewarnt werden und anschließend wieder eine überhöhte Geschwindigkeit aufnehmen. Zwar hatte man zunächst aus technischer Sicht nur klassische Radarwarn- oder Laserstörgeräte bedacht, aber durch die offene Formulierung kann man auch ein Smartphone mit einer Blitzer-App unter die Norm fassen. Auch war nicht zu überprüfen, ob die Blitzer-App überhaupt funktioniert hat in der Gestalt, dass sie alle entsprechenden mobilen und stationären Geschwindigkeitskontrollen angezeigt hat.
Der Beschuldigte berief sich noch darauf, dass für die Nutzung eines Mobiltelefons § 23 Abs. 1 a StVO einschlägig ist. Dies verbietet die Nutzung eines Mobil- oder Autotelefons während der Fahrt, wenn hierdurch das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons während der Fahrt aufgenommen oder gehalten werden muss. Das Gericht stellt hierzu aber fest, dass es bei dieser Vorschrift lediglich um die Nutzung eines Mobiltelefons im Allgemeinen geht. Es ist daher kein Problem die Nutzung einer Blitzer-App dennoch unter Strafe zu stellen, auch wenn dafür das Mobiltelefon nicht in der Hand gehalten wird. Der entsprechende Abschnitt im Gesetz in Bezug auf die Anzeige von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen, stellt nämlich gerade nicht darauf ab, dass das technische Gerät in irgendeiner Form in der Hand gehalten werden muss.
Abschließend stellt das OLG Celle fest, dass die Tat nicht fahrlässig begangen wurde, sondern sogar vorsätzlich.
Es hätte auch anders kommen können
Die Entscheidung ist in juristischer Hinsicht durchaus vertretbar. Man kann hier sicherlich auch anderer Auffassung sein und das Smartphone mit der entsprechenden Blitzer-App nicht unter diese Vorschrift subsumieren. Die Gerichte werden aber gerade im Hinblick auf die Sicherheit im Straßenverkehr eher dazu neigen, die Kombination aus Smartphone und Blitzer-App als Gesetzesverstoß einzuordnen. Der Fall hat aber noch eine weitere Besonderheit, auf die ich noch eingehen möchte.
Der Verstoß muss im Strafrecht und auch im Ordnungswidrigkeitenrecht immer aktiv durch den Staat bewiesen werden. Als der Fahrer von der Polizei angehalten wurde, hätte er bevor die Polizei zu seinem Auto kam, einfach sein Smartphone sperren müssen und eine Verurteilung wäre sicherlich ausgeblieben. Das gesperrte Smartphone ist nämlich kein Beweis dafür, dass eine Blitzer-App auf dem Smartphone aktiv war. Hätten die Polizeibeamten gefragt, ob der Betroffene eine Blitzer-App benutzt hat, hätte er hierauf die Aussage verweigern dürfen. Auch wäre der Betroffene nicht gezwungen gewesen, sein Smartphone zu entsperren.
Hätten die Polizeibeamten das Smartphone an sich genommen und entsperrt und die Blitzer-App wäre geöffnet gewesen, wäre es sicherlich auch zweifelhaft gewesen, ob eine Verurteilung stattgefunden hätte. Für diesen Fall wäre es aber auch hilfreich gewesen, wenn der Betroffene sein Smartphone mit einem Code gesperrt hätte. In diesem Fall hätte er nämlich auch den Code nicht herausgeben müssen. Das Urteil ist juristisch gesehen nicht angreifbar und gut vertretbar, gerade im Hinblick auf den Zweck des Gesetzes, nämlich den Straßenverkehr sicher zu machen und zu verhindern, dass Teilnehmer im Straßenverkehr gezielt Geschwindigkeitsübertretungen begehen und nur dort langsam fahren, wo eine konkrete Gefährdung durch eine Verkehrsüberwachungsmaßnahme droht. Prozessrechtlich weist der Fall die vorgenannten Besonderheiten auf. Wer bei einer Kontrolle rechtzeitig das Smartphone ausschaltet und durch einen Passcode gesichert hat, dem kann letztlich ein Verstoß nicht nachgewiesen werden.
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