Technologie

Digitale Transformation im Fußball (1/5): Die neuen Ökosysteme

Digitale Transformation im Fußball
geschrieben von Philipp Ostsieker

Die Begeisterung für Sport ist ungebrochen. Doch die Aufmerksamkeit von Fans und Sponsoren beschränkt sich längst nicht mehr nur auf das Ereignis oder den Spieltag selbst. E-Gaming, Start-up-Investitionen oder virale Vermarktungskampagnen – Philipp Ostsieker führt in seiner Kolumne Matchplan durch die innovativen Ideen der Sportbranche. Diesmal: Die digitale Transformation im Fußball.


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Dass das Interesse von Fans an ihren Klubs weit über den Zeitraum von Samstag, 15.30 bis 17.15 hinaus geht, ist keine sensationelle Neuigkeit. Und auch Klubs beabsichtigen natürlich, ihre Anhänger pausenlos zu unterhalten und zu informieren. Allerdings haben sich die Rahmenbedingungen dafür vor allem in den letzten Jahren rasend schnell geändert. Die digitale Transformation von Kommunikation, Service oder Kaufprozessen schafft, natürlich nicht nur für den Profisport, zahlreiche Optionen, aber auch Anforderungen.


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Im Jahr 2014 haben sich die Experten von PWC diesen Fragestellungen im Report „Football’s digital transformation. Growth opportunities for football clubs in the digital age“ angenommen. Da diese Tendenzen aus meiner Sicht noch absolut relevant sind und auch in den nächsten Jahren sein werden, startet heute meine fünfteilige Reihe zur “Digitalen Transformation im Fußball” zu den Themen: “Digitales Ökosystem”, “Crowdsourcing”, “Audience Development”, “Spieldaten & Wearables” sowie “Transfermarkt”. Ich nehme die Grundgedanken der Beratungsexperten auf und möchte anhand einiger Beispiele darstellen, wie weit sich das jeweilige Thema schon etabliert hat.

Die These: Ein digital integriertes Ökosystem ist die Antwort auf wachsende Erwartungen für personalisierte und “Hyper targeted”-Inhalte.

Die Kernaussagen:

  • Die Erwartungen der Fans werden nicht mehr nur durch einen hohen Umfang an Inhalten, sondern deren kontextuelle Relevanz erfüllt. Es soll also geliefert werden, wann und wie die Fans es wünschen.
  • Für einen ganzheitlichen Blick auf jeden einzelnen Fan ist ein digital integriertes Ökosystem erforderlich, welches dabei alle relevanten Geschäftseinheiten berücksichtigt.
  • Die Aufnahme einer Datenkultur innerhalb der Organisation eines Klubs ist der Schlüssel zur Sicherung von Wettbewerbsvorteilen im Zeitalter von anspruchsvollen Digital Natives.

Digitale Ökosysteme von Fußballvereinen in der Praxis

In erster Linie müssen Klubs Ihre strategischen Prioritäten verbindlich formulieren, um in der eigenen Organisation für finanzielle Unterstützung und Ressourcen zu werben. Michael Fichtner, CIO des FC Bayern München zur Computerwoche: „Wir haben eine ähnliche Komplexität wie Versandhändler zu bewältigen – mit Katalogen, Filialen, Logistikdienstleistern, Call-Centern, etc. Dazu kommen die Anforderungen aus unterschiedlichsten operativen Einheiten wie dem Verkauf von Tickets für Fußball und Basketball sowie Erlebniswelt, aus dem Mitgliederbereich, der Fanclub-Verwaltung und dem Kids-Club. Dies alles gepaart mit den Anforderungen unserer Internationalisierungsstrategie und dem Anspruch, unseren Fans weltweite Services bieten zu wollen.“

Mit ca. 265.000 Mitgliedern sowie kumuliert 45 Millionen Followern auf Plattformen wie myFCB, Facebook, YouTube oder Twitter greift der Klub an zahlreichen Touchpoints auf ein umfangreiches Datenvolumen zu. Mit seinem Sponsor SAP will der Rekordmeister seine IT-Systeme nun vereinheitlichen und die Arbeit mit den “Datenschätzen” in allen Bereichen weiter professionalisieren. Ebenso wie die TSG Hoffenheim hat der FC Bayern München als Innovationspartner gemeinsam mit SAP fünf Projekte entwickelt:

  • SAP Sports One Team Manager (alle Aktivitäten rund um den Spielbetrieb),
  • SAP Sports One Training Planner (Planung der Trainings und Spielvorbereitungen),
  • SAP Sports One Player Fitness (Management von Fitnesszustand und -optimierung),
  • SAP Sports One Performance Insights (Spielanalyse und -beobachtung) sowie
  • SAP Sports One Scouting (Scouting von ­Talenten und gezielte Kaderplanung)

Digitale Ökosysteme als Basis internationaler Expansion

[pullquote cite=“Anant Gupta, HCL Technologies“ type=“right“]“With enterprises facing an explosion of digital content and experience interfaces there is a growing need for a partner who can orchestrate these value chains and harness them for business benefits.“[/pullquote]Ähnliche Ansätze sind bei anderen europäischen Top-Klubs zu erkennen. Vorgelegt hat u.a. der FC Chelsea, der seit September mit dem IT-Dienstleister Wipro zusammenarbeit. Weitere Beispiele sind IBM und Real Madrid oder Manchester United und HCL. Generell müssen die Klubs den Umfang ihrer Datenquellen verstehen und müssen sicherstellen, dass sie diesen Umfang auch kontrollieren können – sowohl im kaufmännischen, als auch im rechtlichen Sinne.

Neben dem Versuch, die Koordination verschiedener Bereiche und Datenquellen zu bündeln, wird vor allem der Anspruch deutlich, die Klub-Marke noch stärker weltweit zu expandieren. Zumindest die europäischen Top-Klubs denken mittlerweile eher global als lokal. Der FC Chelsea spricht z.B. von über 50 Millionen Followern in Indien sowie über 100 Millionen in China. Ausländische Fans sollen sich trotz der räumlichen Distanz dem Verein möglichst nahe fühlen.

Digitale Strategien: global, mobil, personalisiert

Unabhängig vom Aufenthaltsort greifen Fans und Kunden zu jederzeit und von überall auf Inhalte und Services rund um den Klub zu. Eine Mobile-First-Kultur ist daher ebenso unerlässlich wie auch die bestmögliche Personalisierung von Angeboten. Kein Fan ist wie der andere – Chelsea, Bayern & Co. wissen also im optimalen Fall um die unterschiedlichen Interessen oder die Loyalität einzelner Fans und Kunden.

Neben einem starken Dienstleister sind dafür langfristig vermutlich auch eigene Experten für Daten und Technologien, sowie eine Organisation notwendig, um die Prozesse kontinuierlich weiter zu entwickeln, dabei aber alle Bereiche und Mitarbeiter mitzunehmen.

Kurzfristig werden vermutlich nur die finanziell starken und international ambitionierten Top-Klubs mit großer Fan-Basis in digitale Ökosysteme investieren. Falls nicht, verpassen diese möglicherweise spannende Umsatzpotenziale, vor allem im Ausland. Der Wettbewerb um neue Anhänger und Sponsoren ist groß, daher werden diese Klubs weiterhin verstärkt an Ihren Angeboten arbeiten. Fraglich ist jedoch, welche Chance die Klubs aus der zweiten Reihe, z.B. in der Bundesliga, haben werden, um sich annähernd professionell aufzustellen. Eine flächendeckende Weiterentwicklung von reinen CRM-Systemen hin zu digitalen Ökosystemen wird sich sehr sicher noch verzögern.

Wie siehst du das?  Schreib mir hier in den Kommentaren oder auf Twitter (@PhOstsieker) mit #matchplan.


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Über den Autor

Philipp Ostsieker

Philipp Ostsieker ist Medien- und Digitalmanager aus Hamburg. Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als selbstständiger Digital Content Strategist schreibt Philipp für BASIC thinking die Kolumne „Matchplan“, in der er über den Tellerrand blickt und durch die innovativen Ideen der Sportbranche führt.

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