Das Urteil des Bundesgerichtshofs fand ein breites mediales Echo. Es ging auch um ein medientaugliches Thema. Ein Paar hatte sich getrennt und stritt nun darüber, ob der ehemalige Lebensgefährte Nacktaufnahmen der Ex-Lebensgefährtin löschen muss. Der Bundesgerichtshof entschied nun, dass nach Ende der Beziehung Fotos und Videos auf Wunsch der ehemaligen Lebensgefährtin gelöscht werden müssen. Heute schauen wir uns dieses Urteil etwas genauer an.
Der Sachverhalt, den der Bundesgerichtshof zu entscheiden hatte, ist sicher nicht ungewöhnlich. Fotos und Videoaufnahmen kann man heute schnell und einfach dank Smartphone anfertigen. Im Fall des Bundesgerichtshofs war der Lebensgefährte Fotograf, so dass es nicht fernliegt, dass hier eine Vielzahl von Fotos während der Beziehung angefertigt wurden. Neben alltäglichen Fotos hatte das Paar aber auch Fotos geschossen, die die Lebensgefährtin unbekleidet zeigen. Eine Besonderheit in dem Verfahren war aber auch, dass die Klägerin, die die Löschung der Fotos und Videos verlangte, während der intimen Liebesbeziehung noch verheiratet war.
Während des Prozesses, der durch mehrere Instanzen ging, hatte der Beklagte sich schon verpflichtet, die Nacktaufnahmen nicht mehr im Internet zu veröffentlichen. Man stritt nun noch darüber, ob der Beklagte generell auch alle Fotos und Videos der Klägerin löschen muss.
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Fotos und Videos wurden rechtmäßig erstellt
Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil zunächst klar, dass die Fotos und Videos allesamt rechtmäßig erstellt worden sind. Zu jedem Zeitpunkt lag eine Einwilligung der Klägerin vor. Abzugrenzen ist diese Konstellation von den Fällen, bei denen heimlich Fotos und Videos erstellt werden, solche sind nicht rechtmäßig und müssen in jedem Fall gelöscht werden. Der Bundesgerichtshof gesteht der Klägerin aber zu, dieses erteilte Einverständnis zukünftig zu widerrufen. Hergeleitet wird der dann bestehende Löschungsanspruch aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Der Bundesgerichtshof setzt sich sehr ausführlich damit auseinander, dass es für die Klägerin verständlicherweise schwer hinnehmbar ist, wenn nach Ende der Beziehung intime Fotos beim Ex-Partner verbleiben. Gerade intime Fotos würden somit dem Ex-Partner eine Machtposition geben. Das gilt auch dann, wenn die Verbreitung und Weitergabe der Fotos gar nicht beabsichtigt oder untersagt ist. Alleine der Umstand, dass solche Fotos existieren, stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Intimsphäre des Betroffenen dar.
Der Bundesgerichtshof fasst zusammen
Die zur Anregung des gemeinsamen Sexuallebens erbrachte Entblößung wird als demütigend wahrgenommen, wenn das gemeinsame Erleben entfällt, sie aber dauerhaft sichtbar bleibt, wenn das aktive Subjekt gegen seinen Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird. So liegt es im Streitfall. Die Klägerin erfährt durch die gegen ihren Willen fortbestehende Verfügungsmacht des Beklagten über die Aufnahmen, die die Öffnung ihrer Intimsphäre sichtbar festschreiben, ein Ausgeliefertsein und eine Fremdbestimmung, durch die sie im unantastbaren Kernbereich ihres Persönlichkeitsrechts verletzt wird.
Allerdings ist ein Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht per se rechtswidrig, er kann nämlich auch gerechtfertigt sein bzw. es kann eine Abwägung zwischen den widerstreitenden Interessen der beiden Parteien notwendig sein. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts kann entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wenn der Betroffene den Kernbereich seines privaten Lebens von sich aus öffnet, sprich: mit seinem Einverständnis Nacktaufnahmen anfertigen lässt. Denn niemand kann sich auf den Schutz seiner Intim- oder Privatsphäre hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Das klingt zunächst nach der Wende des Falls und einem positiven Votum für den Beklagten.
Zustimmung zu den Fotos zwar erteilt, aber nicht unbegrenzt
Der Bundesgerichtshof geht aber davon aus, dass die Einwilligung, die die Klägerin erteilt hat, begrenzt war auf die Dauer der Beziehung. Dies sei zwar nicht wörtlich abgesprochen gewesen, würde sich aber aus den Umständen ergeben. Daher waren alle Fotos, die die Klägerin unbekleidet zeigen, bzw. dem intimen Lebensbereich zuzuordnen sind, restlos zu löschen. Nicht zu löschen sind alltägliche Fotos, die die Klägerin bekleidet zeigen und die z.B. in der Öffentlichkeit aufgenommen worden sind.
Nach dem Urteil las man allerdings oftmals vereinfacht die Darstellung, dass pauschal nach Ender einer Beziehung alle intimen Fotos zu löschen sind. So einfach wird es aber in Zukunft auch nicht sein. Der Fall hatte nämlich durchaus einige Besonderheiten. So hatte der Beklagte zuvor mehrfach E-Mails der Klägerin mit intimen Details an deren Ehemann an dessen berufliche E-Mail-Adresse weitergeleitet. Weiterhin konnte der Beklagte nicht darlegen, wie er die Fotos gegen unbefugten Zugriff gesichert hatte.
Durchsetzung problematisch
Abschließend lag die Besonderheit vor, dass die Beziehung für die Klägerin außerehelich war. In diesem Zusammenhang kann man dann schon davon ausgehen, dass die Klägerin eine Löschung nach Ende der Beziehung verlangen kann. Aber dies gilt nur, weil ihre erteilte Einwilligung bereits beschränkt war auf die Dauer der Beziehung. Daher ist nicht richtig pauschal zu sagen, dass immer ein Löschungsanspruch besteht. Gibt ein Partner zu verstehen, dass er wenig Probleme damit hat, dass Fotos nach dem Ende der Beziehung bei dem anderen Partner verbleiben, besteht so ein Anspruch auch nach dem BGH-Urteil nicht.
Problematisch bleibt auch die Durchsetzung des Anspruchs. Es ist kaum überprüfbar, ob alle Fotos tatsächlich gelöscht worden sind. Ein Risiko verbleibt daher auch hier immer noch.
In der wöchentlichen Kolumne Boris berät beantwortet euch Rechtsanwalt Boris Burow eure Fragen zum Thema Internet-, IT- und Social-Media-Recht. Fragen? Immer her damit!