Marinela Potor ist digitale Nomadin. Kein fester Wohnsitz, immer unterwegs, Leben auf Reisen. Für viele ein Traum, für andere ein Graus. Im Tagebuch einer digitalen Nomadin berichtet Marinela wöchentlich auf BASIC thinking von ihren Reisen, was es mit dem Leben aus dem Rucksack auf sich hat und warum es sich lohnen kann, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
Liebes Tagebuch,
Als ich 2010 zum ersten Mal für längere Zeit alleine in die große, weite Welt reiste, war ich recht unbedarft – vor allem, wenn es um das liebe Geld ging. Falls es damals schon Blogs oder Internetratschläge zum Geldabheben im Ausland gab, habe ich sie nie gelesen. Immerhin war ich aber so schlau, mir eine Kreditkarte zuzulegen. Bis dahin hatte ich mich dieser Zahlungsform immer verweigert. Ich gebe nicht sinnlos Geld aus, aber mein Kopf steckt oft in den Wolken und weniger bei meinen Finanzen. Eine Kreditkarte, mit der ich den Überblick über meine Ausgaben verlieren und mich somit dazu verleiten würde, mehr Geld als ich habe auszugeben, hat mich immer abgeschreckt. Bis ich, wie gesagt, auf Weltreise ging.
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Das böse Erwachen: Wo kommen auf einmal diese Kontogebühren her?
Denn leider kann man im Ausland selten mit EC-Karten zahlen. Eine Kreditkarte musste also her. Ich habe mir mehr oder weniger die erste Bank geschnappt, die mir eine Visa-Karte ausgestellt hat (denn: wer könnte jemals den Werbeslogan „Visa, die Freiheit nehm‘ ich mir…” vergessen?) und das war’s dann schon. Über Kontoführungsgebühren, Geld im Ausland abheben, Kreditlimit und Ähnliches hatte ich mich nie informiert und war dementsprechend unwissend – bis ich irgendwann auf meinen Kontoauszug guckte und völlig geschockt war: Jedes Mal, wenn ich im Ausland Geld abgehoben hatte, musste ich Gebühren zwischen 5,00 Euro und 7,50 Euro blechen – jedes einzelne Mal.
Das geht dauerhaft ganz schön ins Geld, denn man will ja auch nicht immer, je nachdem wo man sich gerade aufhält, mit 2.000 Euro Bargeld in der Tasche herumspazieren, nur um die Abhebegebühren niedrig zu halten. Bei meiner Kreditkarte kam außerdem noch hinzu, dass ich ein monatliches Limit von 500 Euro hatte, was mir im ungünstigsten Moment überhaupt, mitten im Karnevalfeiern in Brasilien, bewusst wurde. Ich stand plötzlich ohne Geld da und musste mir von meiner Bank eine Bargeldlieferung per Western Union zuschicken lassen. Glaubt mir, mit all diesen Dingen wollt und solltet ihr euch nicht herumplagen, wenn ihr auf Reisen seid.
Die Erkenntnis: Es gibt Kreditkarten für digitale Nomaden
Daher solltet ihr euch lieber vor eurer Reise informieren, was die besten Möglichkeiten sind, um vor Ort an Bargeld zu kommen. Wie gesagt, mit EC-Karten kommt ihr oft nicht weit und Massen an Bargeld mitzuschleppen, ist auch nicht besonders sicher. Wenn ihr nur kurzfristig unterwegs seid, ist das vielleicht nicht ganz so wichtig, aber wenn ihr länger auf Reisen seid, lohnt sich der Kreditkarten-Vergleich. Hier stelle ich euch verschiedene gute Optionen zum Abheben von Bargeld im Ausland vor.
DKB
Mich hat direkt die Kreditkarte der DKB überzeugt. Hier zahle ich weder Kontogebühren, noch muss ich für das Abheben am Automaten jemals Gebühren zahlen. Selbst wenn der Automat mir diese automatisch berechnet, erstattet die DKB mir diese Gebühren am Ende des Monats zurück. Die Anmeldung sowie die gesamte Kontoführung findet online statt, sodass ich noch nie Probleme hatte, meinen Finanzstatus einzusehen oder Transaktionen im Netz auszuführen. Wenn es doch Probleme gibt, reagiert der Kundenservice sehr schnell (innerhalb von 24 Stunden, meist schneller und hilfreich auf alle Anfragen per E-Mail).
Telefonisch bekommt ihr in Notfällen natürlich sofort Unterstützung, 24 Stunden lang an 7 Tagen die Woche. Für die DKB gibt es, je nach eurem monatlichen Einkommen ein Kreditlimit. Wollt ihr mehr Geld abheben, könnt ihr entweder die Erhöhung des Limits beantragen oder euch selbst per Onlineüberweisung Geld auf eure Kreditkarte schicken. Das kann allerdings ein paar Tage dauern, denn an Feiertagen und Wochenenden arbeitet selbst die DKB nicht. Der einzige Nachteil der DKB-Karte ist das Zahlen mit der Kreditkarte. Hier fallen nach wie vor Gebühren an.
Comdirect
Comdirect punktet vor der DKB vor allem dadurch, dass sie in vielen Ländern einen besseren Wechselkurs. Besonders günstig ist Comdirect dadurch zum Bargeldabheben in den USA, Kanada, Japan und Costa Rica. Das gilt jedoch nicht immer: Wer darauf bedacht ist, sollte sich vorher immer genau über den jeweiligen Wechselkurs seiner Banken informieren. Comdirect erhebt ebenfalls keine Kontotogebühren, das Abheben ist gratis und wie bei der DKB werden auch hier anfallende Automatengebühren erstattet. Wer mit der Comdirect zahlt, muss ebenfalls eine Gebühr entrichten (mit 1,5 Prozent ist diese aber etwas günstiger als bei der DKB mit 1,75 Prozent). Besonderes Plus der Comdirect: Neukunden werden mit einem 50 Euro Startguthaben gelockt, wenn sie das Comdirect-Konto zu ihrem Gehaltskonto machen.
MasterCard Gold
Neben der DKB und Comdirekt gibt es auch andere Banken, die günstige Konditionen für Kreditkarten für Reisende bieten. Dazu gehört die MasterCard Gold der Advanzia Bank. Auch hier zahlt ihr keine Kontogebühren und das Abheben von Bargeld im Ausland ist gratis – es sei denn, die ausländische Bank erhebt Gebühren. Anders als bei der Kreditkarte der DKB werden euch diese hier nicht zurückerstattet. Und nun der Clou: Der Kreditrahmen liegt hier mal eben bei 5.000 Euro. Klar, wer sein Konto überzieht, zahlt kräftig. Für Nomaden, die, wie ich, ihre Ausgaben eher sporadisch kontrollieren, kann das sehr gefährlich sein. Der Kontoausgleich ist ebenfalls etwas komplizierter, da ihr dies manuell per Rechnung machen müsst und die Bank nicht einfach automatisch euer Kreditkartenkonto ausgleicht.
Number26 Mastercard
Die Number26 Mastercard ist ebenfalls eine gute Option für reisende digitale Nomaden. Diese Bank ist auf junge, mobile Menschen ausgerichtet und dementsprechend praktisch für Bankgeschäfte von unterwegs. Die Online-Anmeldung beispielsweise dauert weniger als 10 Minuten und ihr könnt euer Konto direkt mit eurem Smartphone verlinken und so alle Banktransaktionen bequem per App steuern. Ein weiteres großes Plus: Ihr seht sofort nach jeder Transaktion, was auf eurem Konto passiert. Bei vielen anderen Kreditkarten könnt ihr eure neue Bilanz erst nach Tagen einsehen. Das Führen eines Kontos ist hier ebenfalls gratis, genau so wie das Abheben von Bargeld weltweit. Genau wie bei der MasterCard Gold werden hier aber keine Automatengebühren anderer Banken erstattet.
PayPal
PayPal bietet zwar auch eine eigene Kreditkarte für euer PayPal-Konto, soweit ich weiß, ist diese aber bisher nur für U.S.-Einwohner mit einem amerikanischen PayPal-Konto verfügbar. Doch auch ohne diese Kreditkarte kann PayPal als Notgroschen sehr hilfreich sein. Wenn ihr beispielsweise in einer Notsituation seid und nicht auf euer Konto zugreifen könnt, könnt ihr Hostels oder Hotels oft auch direkt per PayPal bezahlen. Und wenn es wirklich hart auf hart kommt, könnt ihr eurem Reisepartner oder jemandem in eurem Hostel Geld von eurem PayPal-Konto überweisen, der es dann für euch abhebt. Wenn ihr denkt: „Wer macht das denn?“ Ich habe das schon oft erlebt, denn unverhofft kommt oft – gerade auf Reisen.
Andere Optionen
Neben den erwähnten Kreditkarten, können für ganz spezifische Bedürfnisse auch diese Optionen interessant sein.
Wer etwa ADAC-Mitglied ist, sollte sich auch diese Karte einmal anschauen. Hier muss man, anders als bei der comdirect oder DKB nicht zwangsweise ein Girokonto eröffnen und die Jahresgebühr kann man in Tankgutscheinen wieder einholen. Wer oft Mietwagen nutzt, bekommt mit der ADAC-Karte außerdem weltweit einen Rabatt von 5 Prozent auf Mietwagen. Das Abheben im Ausland ist kostenlos, allerdings kann man mit der ADAC-Karte im Ausland nicht bezahlen.
Wer eine Kreditkarte haben will, muss mindestens 18 Jahre alt sein. Wer (auch wenn unter digitalen Nomaden eher selten der Fall) jünger ist und trotzdem eine Kreditkarte haben möchte, kann diese bei Wüstenrot erhalten. Für digitale Nomaden mit einem schlechten Schufa-Eintrag, empfehlen sich Prepaid-Karten wie beispielsweise die Kalixa. Hier solltet ihr darauf achten, dass ihr sie mindestens ein Mal alle sechs Monate verwendet, da sonst Kontogebühren anfallen. Je nachdem, wie ihr die Karte aufladet, fallen auch hier unterschiedliche Gebühren an.
Finanztipps für digitale Nomaden
Neben einer guten Kreditkarte, gibt es aber noch einige andere Details, auf die Ihr auf euren Reisen achten solltet.
Tauscht kein Bargeld um
Jedes Mal, wenn ihr Geld umtauscht, müsst ihr eine Provision zahlen. In fast allen Fällen ist es günstiger und auch praktischer, Geld direkt vor Ort vom Geldautomaten abzuheben. Informiert euch aber vorab über die Finanzlage des Landes. In Ländern wie Argentinien zum Beispiel ist der offizielle Wechselkurs der Banken und an Geldautomaten für Reisende sehr nachteilig. Hier lohnt es sich tatsächlich mit Euro oder Dollar anzureisen und diese dann vor Ort umzutauschen. Für alle anderen Fälle, empfehle ich aber immer direkt das Abheben am Geldautomaten. Wenn ihr am Ende eurer Reise viel Bargeld in einer Währung übrig habt, ist mein Tipp: Tauscht mit anderen Reisenden! Diese haben vielleicht die Währung eines Landes, in das ihr noch reisen werdet oder können euch euer Geld in Euro umtauschen. Das ist das für beide Seiten günstiger als jede Wechselstube.
Eine zweite Kreditkarte schafft mehr Sicherheit
Es kann immer mal passieren, dass ihr keinen Bankautomaten findet, der eure Kreditkarte akzeptiert. Oder, die Kreditkarte kann auch mal geklaut werden. Anders als Bargeld, ist euer Geld damit nicht weg, aber es dauert seine Zeit, bis ihr eine neue Karte erhaltet und wieder an Geld kommt. Oder, es können auch die verrücktesten Dinge auf Reisen passieren: Ich war beispielsweise einmal mit jemandem am Flughafen, um dort Geld abzuheben. Die Person hatte gerade die Kreditkarte in das Lesegerät geschoben, als für 3 Sekunden der Strom im Flughaben komplett ausfiel. Als der Geldautomat sich wieder hochgefahren hatte, war die Karte geschluckt worden. Das kann tragisch sein, wenn das grade eure einzige Kreditkarte war. Deshalb lohnt es sich immer, auch eine zweite Backup-Kreditkarte mit einem finanziellen Puffer parat zu haben. So steht ihr selbst in Notsituationen nicht ohne Geld da.
Gebt euer Girokonto in Deutschland nicht auf
Selbst wenn ihr als digitale Nomaden viel Zeit im Ausland unterwegs seid und euer Geld über PayPal überwiesen bekommt, hat es sich für mich bisher gelohnt, auch ein Girokonto zu haben. Erstens, ist das zum Teil die Voraussetzung, um überhaupt ein Konto mit einer Kreditkarte zu eröffnen. Zweitens, zahlt aber auch nicht jeder Kunde über PayPal. Viele meiner Kunden zahlen nur per Banküberweisung. Gerade für Freelancer mit mehreren Kunden ist es also sinnvoll, ein Girokonto in der Heimat zu haben. Manche digitale Nomaden haben gleich zwei Girokonten, eins für die Geschäfte, ein anderes für ihre Privatausgaben, um das besser voneinander trennen zu können.
Informiert eure Bank über eure Reise
Gerade wenn ihr normalerweise nicht viel reist, solltet ihr eure Bank über eure Reisepläne informieren. Denn wenn ihr normalerweise immer Bargeld rund um Berlin abhebt und eure Bank plötzlich sieht, dass jemand in Indien an euer Konto will, ist das Konto oft erstmal gesperrt. Das lässt sich normalerweise über einen Anruf klären, es kann aber einige Tage dauern, bis ihr wieder an euer Geld könnt. Daher: Vermeidet diesen Stress und informiert eure Bank vorab, dass ihr reisen werdet.
Schaut auf euer Konto
Auch das musste ich erst lernen (und bin leider immer noch sehr schlurig). Aber gerade wenn ihr im Ausland unterwegs seid, hilft ein regelmässiger Blick auf’s Konto. So behaltet ihr die Übersicht über eure Ausgaben und seht auch direkt, falls mal etwas nicht in Ordnung sein sollte.
Wie regelt ihr eure Finanzen im Ausland? Habt ihr gute Tipps für’s Bargeldabheben im Ausland für andere digitale Nomaden? Habt ihr vielleicht selbst mal in einer Geld-Notsituation gesteckt? Erzählt uns mehr darüber!
Dann bis nächste Woche – aus irgendeinem Winkel dieser Welt,
Eure Marinela
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