Marinela Potor ist digitale Nomadin. Kein fester Wohnsitz, immer unterwegs, Leben auf Reisen. Für viele ein Traum, für andere ein Graus. Im Tagebuch einer digitalen Nomadin berichtet Marinela wöchentlich auf BASIC thinking von ihren Reisen, was es mit dem Leben aus dem Rucksack auf sich hat und warum es sich lohnen kann, auch mal über den eigenen Tellerrand hinauszublicken.
Liebes Tagebuch,
digitale Nomaden sind ein buntes Völkchen. Sie leben nicht nur in allen erdenklichen Ecken dieser Welt, sie verdienen ihren Unterhalt auch auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Auf meinen Reisen begegne ich vielen Nomaden, die mir über ihre spannenden Tätigkeiten berichten. Einige von ihnen möchte ich euch auch hier vorstellen, damit ihr seht, wie viele Möglichkeiten es gibt, um als digitaler Nomade seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
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Vom Rockstar zum Frauenversteher
Den Anfang macht Matt Artisan, der Aufreißer. Er selbst würde sich wohl eher als Frauenversteher bezeichnen, doch im Prinzip verdient Matt seinen Lebensunterhalt damit, dass er anderen Männern dabei hilft, Frauen aufzureißen. Sein Leben als digitaler Nomade begann vor etwa acht Jahren in Los Angeles. Er hatte alles, was ein Mann sich nur träumen kann: Er war jung, talentiert und mit seiner Rockband regelmäßig auf MTV zu sehen. Die Frauen liefen ihm geradezu in Scharen hinterher.
Doch dann brach die Band auseinander und damit auch Matts Selbstbewusstsein: „Bis dahin hatte ich mich immer über meine Musik definiert. Ich war Musiker und das gab mir eine Identität, mit der ich Frauen ansprechen konnte. Doch als das wegfiel, wusste ich auf einmal nicht mehr, wer ich war.“ Er hatte keine Ahnung, was er einer Frau von sich erzählen sollte, sein Leben als Rockstar, das ihm bis dahin so viel Selbstbewusstsein gegeben hatte, war plötzlich verpufft. So landete er schließlich in einem Dating-Workshop in L.A.. Auch wenn Matt hier viel über sich und die Frauen lernte und schließlich sogar anfing für das Unternehmen zu arbeiten, war er von den Methoden nie so ganz überzeugt. „Die Teilnehmer lernten immer diese vorgefertigten Sprüche – ich fand das immer total unnatürlich. Eine Frau will doch nicht einen auswendig gelernten Spruch hören und es kommt sehr künstlich herüber.“ Deshalb begann er immer mehr seine eigene Aufreiß-Philosophie zu entwickeln.
Matt Artisan weiß, was Frauen wollen
Diese Philosophie basiert vor allem darauf, dass jeder Mann seine eigene Persönlichkeit und seinen eigenen Stil hat. Aufreißer-Sprüche auswendig zu lernen ist da gar nicht notwendig. „Ich habe immer versucht, erst am Selbstbewusstsein der Männer zu arbeiten. Denn nur, wer sich in seiner Haut wohl fühlt, strahlt das auch aus. Frauen merken das sofort und reagieren gleich viel positiver auf jemanden, der weiß, was er will.“ Schritt eins ist also: Das Selbstbewusstsein stärken. Sei es dadurch, dass den Männern klar wird, dass sie im falschen Job feststecken oder dass sie abnehmen wollen, Matt spornt sie dazu an, sich selbst und ihre Träume zu verwirklichen. „Viele Männer trauen sich einfach nicht, eine Frau anzusprechen, die ihnen gefällt, weil sie denken, sie seien nicht gut genug für sie. Genau das versuche ich aus ihren Köpfen herauszukriegen.“ Auch wenn das ein wenig mehr nach Lifestyle-Trainer als nach Aufreißer-König klingt, die Methode schien aufzugehen.
Seine Schüler waren auf einmal viel selbstsicherer im Auftreten gegenüber den Frauen. Zeit für Phase zwei: Das Ansprechen der Frauen. Hier will Matt nicht viel verraten, nur, dass er mit seinen Schülern das Ansprechen sowie verschiedene Gesprächssituationen übt. „Ich gebe ihnen nie vor, was sie sagen sollen, nur generelle Hinweise. Grundsätzlich weiß ich, wie Frauen so ticken – also im Groben, so genau kann man es ja nie wissen. Aber ich weiß zum Beispiel, dass jede Frau Komplimente mag. Wenn man also eine Frau sieht, die einem gefällt, kann man direkt mit einem netten Kompliment zu ihren Haaren oder ihrer Stimme ins Gespräch einsteigen.“ Doch bei Matt hört das Coaching nicht beim Ansprechen auf, er bringt seinen Schülern auch bei, ein spannendes Gespräch zu führen. Seine Taktiken sind schließlich so erfolgreich, dass Matt beschließt, sich mit seinem Konzept selbständig zu machen. Sein eigenes Projekt heißt, passenderweise, The Attractive Man.
Ran an die Frauen
Mittlerweile organisiert Matt mit einigen Mitarbeitern seine eigenen Workshops, er nennt sie Boot Camps, entweder als Gruppen- oder Einzelseminar (oder auf Wunsch auch als Onlinekurs) – und das auf vier Kontinenten. Große kulturelle Unterschiede hat er dabei nicht festgestellt: „Im Prinzip sind sich die Männer, die in meine Workshops kommen, sehr ähnlich. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass der größte Teil Amerikaner oder Europäer sind, aber auch in Seminaren in Indien musste ich nicht wirklich viel an meinen Workshops umstellen.“ In diesen Workshops werden die Herren relativ schnell ins kalte Wasser geschubst. Nach einigen Theorie-Stunden geht es schon auf die Straße oder in den Supermarkt – und dann nichts wie ran an die Frauen. „Wir haben einen Teil, der sich auf das Ansprechen im Alltag konzentriert und einen anderen Teil, wo es mehr darum geht, eine Frau abends in einer Bar oder einer Disko anzusprechen.“ All das wird stets von den Trainern beobachtet, gefilmt und später ausgewertet – mit großem Erfolg.
Damit etwas Abwechslung in dieses Spiel kommt, mischt Matt die Orte für seine Seminare bunt. Er mag zum Beispiel Las Vegas, weil es dort so viele unterschiedliche Situationen gibt, in denen man Frauen treffen kann oder die gelassene Strand- und Partyatmosphäre in Cancún, Mexiko. Er ist auch auf Zypern und neuerdings auch in Kolumbien unterwegs.
Unabhängigkeit ist alles
Er selbst lässt es sich natürlich nicht nehmen, nicht nur an die Orte der Seminare mitzureisen, sondern auch selbst neue Orte und Märkte auszuprobieren. Derzeit erkundet er Kolumbien – und, wie könnte es anders sein, auch die kolumbianischen Frauen. „Ich finde Kolumbien schwierig, weil Frauen so unzuverlässig sind. Sie sagen ständig drei Minuten vor dem Date ab. Ich hab mir daher angewöhnt, mich immer mit drei Frauen gleichzeitig zu verabreden. Eine taucht dann normalerweise auf.“ Diese Daten notiert er sich, um sie später auch an seine Schüler weitergeben zu können. Tatsächlich erfordert sein Job mehr Arbeit als man vielleicht vermutet. Tagsüber kümmert er sich minutiös um die Planung seiner Workshops, er nimmt Podcasts auf, schreibt einen Blog, führt Verkaufsgespräche und ist ebenfalls immer für Beratungsgespräche am Telefon oder per Skype erreichbar Und er nimmt vor allem YouTube-Videos mit Tipps und Ratschlägen auf.
Abends stürzt er sich ins Nachtleben, um neue Strategien auszutesten. Oft nimmt er sich beim Frauen-Ansprechen auch selbst auf, um nachher seinen Ansatz analysieren zu können. „Mir kommt das nicht wie Arbeit vor, ich mache etwas, dass mir riesigen Spaß macht und es fühlt sich alles sehr natürlich für mich an, ich fake nichts.“ Sein selbständiges Leben möchte er nicht mehr missen: „Für mich ist es wichtig, ein Unternehmer zu sein. Ich könnte nicht, wie viele andere digitale Nomaden, für 20 Dollar die Stunde rackern und nur von der Hand in den Mund leben. Ich will vernünftiges Geld mit meiner Arbeit verdienen.“ Wenn man bedenkt, dass Teilnehmer für einen 3-tägigen Gruppenworkshop 1.200 US-Dollar zahlen, kann man sich ausmalen, dass Matt nicht schlecht verdient. Seinen aktuellen Lebensstil will er deshalb auch nicht mehr aufgeben. Derzeit investiert er in seine weitere Zukunft als digitaler Nomade. Matt möchte sich mindestens drei Wohnsitze zulegen: in den USA, in Kolumbien und auf den Philippinen.
Wie sieht’s bei euch aus? Könntet ihr euch vorstellen den gleichen Job wie Matt zu haben? Was haltet ihr von seinem Lebensstil? Wie verdient ihr euer Geld als digitale Nomaden? Ich freue mich wie immer auf eure Geschichten!
Dann bis nächste Woche – aus irgendeinem Winkel dieser Welt,
Eure Marinela
P.S.: Kennst du schon unser neues Online-Magazin für digitale Nomaden, Reisende, Webworker und Querdenker? Nein? Dann aber schnell!