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Checkliste: Taugst Du zum digitalen Nomaden?

Digitaler Nomade werden
geschrieben von Marinela Potor

Wie werde ich eigentlich ein digitaler Nomade und was muss ich dafür mitbringen? Welche Risiken gibt es und was gilt es unbedingt vorher zu bedenken? Und warum taugt nicht jeder für dieses Leben? Digitale Nomadin Marinela Potor klärt die wichtigsten Fragen und gibt eine Checkliste für die wichtigsten Fragen.

Wenn ich an meinen Einstieg ins digitale Nomadenleben zurückdenke, dann war das definitiv nicht geplant, aber die Entscheidung, dies zu meiner Daseinsform zu machen, habe ich mir dann doch sehr gut überlegt.

Denn ortsunabhängig arbeiten, sein eigener Chef sein, sich seine Zeit selber einteilen – und dabei seinen Lebensunterhalt verdienen – das klingt einerseits sehr verlockend. Unabhängigkeit ist auch sicherlich einer der größten Vorzüge des digitalen Nomadendaseins und auch einer der Hauptgründe, warum die meisten digitalen Nomaden lieber extra hart arbeiten, als ihre Unabhängigkeit wieder aufgeben zu müssen. Andererseits ist damit auch schon ein wichtiges Stichwort gefallen: harte Arbeit. Digitale Nomaden gehen nicht jede Nacht feiern und schlafen dann den ganzen Tag. Wer seinen Lebensunterhalt als digitaler Nomade verdienen will, muss viel Arbeit, Zeit und Mühe hineinstecken.

Checkliste: Digitaler Nomade werden

Bevor du also Hals über Kopf deinen Job kündigst und dich ins digitale Nomadendasein stürzt, solltest du erst einmal herausfinden, ob dieser Lebensstil überhaupt etwas für dich ist. Diese Fragen helfen dir dabei, einzuschätzen, ob du zum digitalen Nomaden taugst.

Hast du Sitzfleisch und viel Disziplin?

Als digitaler Nomade hast du keinen geregelten Tagesablauf, keine festen Arbeits- und Urlaubszeiten. Du teilst dir deine Arbeit selbst ein. Was erstmal traumhaft klingt, kann für weniger disziplinierte Menschen schnell zum Problem werden. Ein freier Tagesplan verwirrt sie, sie werden zu schnell vom Arbeiten abgelenkt, sie bekommen nichts rechtzeitig fertig und verpassen so wichtige Deadlines. Ich zum Beispiel bin eine digitale Nomadin auf Reisen. Wenn ich dabei zum Beispiel in Kolumbien einen weißen Sandstrand vor mir sehe oder das gesamte Hostel die Party des Jahres feiert, kann ich oft nicht einfach baden gehen oder mitfeiern, sondern muss in meinem Zimmer bleiben und am PC sitzen und arbeiten. Als digitaler Nomade kann man es sich einfach nicht leisten, Deadlines nicht einzuhalten oder schlechte Arbeit abzuliefern. Wer da nicht über viel Selbstdisziplin verfügt, geht schnell unter.

Kannst du mit finanzieller Unsicherheit leben?

Digitale Nomaden haben kein festes Einkommen, das immer zum Monatsersten auf dem Konto eintrudelt. Sie müssen sich ihre Jobs hart erkämpfen und wissen nie im Voraus, wie viel oder wenig Einkommen sie im nächsten Monat haben werden. Wenn das für dich zu beängstigend klingt und du durch diese Unsicherheit total gelähmt bist, solltest du lieber die Finger vom Leben als digitaler Nomade lassen.

Musst du eine Familie versorgen?

Es ist eine Sache, sich selbst in ein finanziell riskanteres Leben zu stürzen, aber eine ganz andere, wenn dahinter eine ganze Familie steht. Wer monatlich auf ein bestimmtes Einkommen angewiesen ist, sollte vielleicht erst Schrittweise ans digitale Nomadentum herangehen. Eine Möglichkeit ist zum Beispiel einen festen Teilzeit-Job als finanziell sichere Basis zu haben und sich daneben an verschiedenen Projekten auszuprobieren. Läuft dies erfolgreich und du merkst, dass du so tatsächlich ein monatliches Grundeinkommen erwirtschaften kannst, steht dem digitalen Nomadenleben nichts mehr im Wege.

Was du über das digitale Nomadendasein wissen solltest

Unabhängig davon, ob du das Zeug zum digitalen Nomaden hast, solltest du dich vorher gut über diesen Lebensstil informieren. Welche Fähigkeiten bringst du mit, die du ortsunabhängig gut einbringen kannst? Kannst du zum Beispiel Webseiten programmieren, schnell Texte schreiben oder bist du ein Ass im Social-Media-Marketing? Selbst wenn du denkst, du bringst keine klassischen digitalen Talente mit – lass dich nicht davon entmutigen. Viele digitale Nomaden sind erst zu solchen geworden, weil sie einfach das gemacht haben, was ihnen Spaß gemacht hat und wo sie mit Leidenschaft dabei waren. Finde deine Nische und überlege, wie du sie digital umsetzen kannst. Eine erste Inspiration über Arbeitsmöglichkeiten als digitale Nomaden findest du hier.

Lesen, lesen und noch mehr lesen

Es gibt viele Menschen, die den Schritt zum digitalen Nomaden gewagt haben und damit sehr erfolgreich sind. Wieso solltest du von diesem Wissen nicht auch profitieren? Eine sehr gute erste Anlaufstelle ist hier zum Beispiel die Webseite der beiden Gründer der Digitalen Nomadenkonferenz. Hier findest du erste Tipps und Antworten auf viele Fragen, die du dir zum digitalen Nomadenleben stellst. Als Einstieg ist diese Seite sehr gut, es kann aber auch sehr hilfreich sein, sich verschiedene Projekte von anderen digitalen Nomaden genauer anzuschauen. Was machen sie eigentlich, um ihr Geld zu verdienen? Welche spannenden Ideen werden bereits umgesetzt und welche Tipps haben andere digitale Nomaden für Neueinsteiger?

Je mehr du über digitale Nomaden liest, umso einfacher ist es zu sehen, dass auch du als digitaler Nomade überleben kannst. Du bekommst neue Ideen und kannst so auch ganz einfach Kontakte knüpfen. Wenn du Fragen hast, schreib die bereits etablierten Nomaden doch einfach an und quatsch mit ihnen über deine Ideen. Ich habe auf meinen Reisen zum Beispiel sehr viele digitale Nomaden getroffen und ich finde es immer spannend zu sehen, wie sie so ihr Dasein bestreiten. Dabei lerne ich auch wirklich von jedem Einzelnen dazu, egal, ob es sich um spannende Webseiten oder generelle Tipps und Tricks handelt. Eine tolle Möglichkeit, um andere digitale Nomaden in Deutschland kennen zu lernen ist übrigens auch die bereits erwähnte digitale Nomadenkonferenz, DNX in Berlin. Die nächste Konferenz ist für den am 8. Mai 2016 angesetzt. Natürlich kannst du auch mir in den Kommentaren Fragen stellen.

Die ersten Schritte als digitaler Nomade: Hab ’nen Plan!

Die schwierigste Hürde für den Einstieg als digitaler Nomade ist: Du bist der digitalen Welt noch völlig unbekannt. Das heißt, du musst andere erst von deinem Können überzeugen, dir einen Namen aufbauen – und das kann dauern. Es ist daher gut, dir vorher ein finanzielles Polster anzusparen. Schraube dazu deinen Lebensstil herunter, verzichte auf Luxus und lege dir so ein kleines Puffer an. Denn wenn dir dein Konto die Freiheit lässt, dich erst einmal auszuprobieren und herumzuexperimentieren, bis du das Richtige für dich findest, ist das natürlich ein ganz anderer Start als nach dem ersten Monat als digitaler Nomade pleite zu sein.

Ein ganz radikaler Schritt ist auch, einfach all sein Hab und Gut zu verkaufen und in ein Land zu ziehen, in dem du niedrige Lebenskosten hast und du so mit dem Ersparten gut über die ersten Runden als digitaler Nomade kommen kannst. Wenn du ein reiselustiger Mensch bist und dein Leben komplett umkrempeln willst, ist das eine tolle Möglichkeit. Das ist auch die Variante, die ich für mich selbst gewählt hatte. Ich habe mein Auto, meine Möbel und alles, was nicht in meinen Rucksack passte, verkauft und konnte so nach meinen ersten Schritten in Chile mein Leben als digitale Nomadin mit finanziellem Backup starten.

Beachte aber, dass dein neuer Lebensort nicht nur günstig sein soll, sondern auch die Internetverbindungen solide sein muss. Schlechte Internetverbindungen sind ein Graus! In Bolivien hatte ich einmal eine Woche keinen Internetzugang, da der einzige Internetprovider im Land einen Komplettausfall hatte! Viele digitale Nomaden leben daher in Südostasien, Zentral- oder Südamerika (Kolumbien, Peru und Ecuador etwa), wo das Verhältnis zwischen niedrigem Lebensstandard und guter Internetanbindung am besten ist. Aber auch Osteuropa kann eine gute Basis für digitale Nomaden sein.

Es kann auch hilfreich sein, vorher einen Businessplan zu erstellen und zu gucken, wohin dein Weg gehen könnte. Wer könnte an deinen Diensten interessiert sein und wo kannst du mehr darüber herausfinden? Das gilt nicht nur für den Einstieg, sondern kann auch zwischendurch sehr hilfreich sein, wenn dir eine völlig neue Idee kommt oder du deine Geschäftsidee erweitern möchtest.

Von nichts kommt nichts

Jeder Neuanfang ist erstmal schwer. Erwarte nicht, dass du über Nacht zum Millionär wirst. Oft kann es auch Jahre dauern, bis du dir ein erfolgreiches Business als digitaler Nomade aufgebaut hast und davon solide Einkünfte bekommst. Manchmal heißt das, dass du auf Extravaganzen in der ersten Zeit als digitaler Nomade verzichten musst. Es heißt aber auch, dass du hartnäckig dran bleiben und viel Eigeninitiative zeigen musst. Als ich zum Beispiel angefangen habe, als freie Journalistin meine Themen zu verkaufen, habe ich mitunter hundert Magazine, Zeitschriften und Radiostationen recht erfolglos angeschrieben, bis sich nach einem Jahr eine Zeitung für meinen Artikel interessiert hat – und mich dann gleich als Südamerika-Korrespondentin engagiert hat. Dabei ist es auch wichtig, sich nicht zu sehr auf etwas zu versteifen. Wenn es auf dem einfachen Weg nicht klappt, probier einfach den Trampelpfad. So musste ich etwa nach dem fünften “nein” einer Tageszeitung zu meinen Themenvorschlägen einfach erkennen, dass ich hier wohl nie einen Artikel verkaufen werde. Das war zwar einerseits entmutigend, gab mir aber andererseits auch mehr Zeit, mich auf andere Publikationen zu konzentrieren, die mir meine Artikel dann abgekauft haben.

Halte dir viele Möglichkeiten offen und probiere öfter mal was Neues. Die meisten digitalen Nomaden haben mehr als eine einzige Einkommensquelle. Je mehr Dinge du Kunden anbieten kannst, umso besser stehen auch deine Chancen, deine Dienste oder Produkte zu verkaufen. Als ich als digitale Nomadin angefangen habe, habe ich mir eingebildet, ich könnte einfach Radioreportagen verkaufen und alleine davon leben. Das ist völlig in die Hose gegangen – um es mal gelinde zu formulieren. Erst als ich bereit war, mich in neue Themenfelder einzuarbeiten (SEO, Medizin, Übersetzungen etc.) und den Mut aufbrachte, auch zu mir bisher unbekannten Themen zu schreiben, konnte ich mir ganz neue Einkommensquellen eröffnen. Als digitaler Nomade muss man manchmal auch über den eigenen Schatten springen und Mut für Neues beweisen.

Wage den Sprung ins Unbekannte

Es ist noch kein digitaler Nomade vom Himmel gefallen. Es gibt daher auch keine allgemeingültigen Rezepte dafür, was funktioniert, was erfolgreich ist und wie du auf jeden Fall als digitaler Nomade reich werden kannst. Da hilft nur eins: Den Sprung ins kalte Wasser wagen und einfach loslegen. Denn so viel du dir auch anliest, erst die Praxis und die eigene Erfahrung werden zeigen, was für dich der beste Weg zum digitalen Nomaden ist.

Dann bis nächste Woche – aus irgendeinem Winkel dieser Welt,

Marinela


Dieser Beitrag ist Teil der Kolumne „Tagebuch einer digitalen Nomadin“ von Marinela Potor auf BASIC thinking und zuerst dort erschienen.

Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

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