Laufen Facebook wirklich die Nutzer weg, wie es Anfang 2014 vorausgesagt wurde? Und was hat das mit der Generationen-Frage zu tun? Unsere Autorin Barbara Zartl ist auf Spurensuche gegangen und kommt zu einem etwas positiveren Ergebnis. // von Barbara Zartl
Warum ist das wichtig?
Facebook ist nach wie vor der Platzhirsch unter den sozialen Netzwerken. Doch verliert der Riese langsam an Schlagkraft? Oder verlagert sich nur sein Geschäft auf die Zukäufe Instagram und WhatsApp? Die Generationen-Frage spielt dabei eine entscheidende Rolle.
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Facebook ist tot, lang lebe Facebook. Ja es ist richtig, das Netzwerk wird bei den unter 18-Jährigen zunehmend unbeliebter. Trotzdem macht das Unternehmen regelmäßig Gewinne in Millionenhöhe. Im 3. Quartal 2015 lagen diese – bei einem Umsatz von 4,5 Mrd. US-Dollar – bei 891 Mio. US-Dollar. Das ist ein deutliches Plus im Vergleich zum ersten Quartal und rund doppelt so viel wie im gleichen Zeitraum im Jahr 2013. Im August 2015 wurde erstmals 1 Milliarde Nutzer pro Tag gezählt – die meisten greifen von mobilen Geräten zu. Wer ist heute also noch Zielgruppe von Facebook und wofür steigen die Nutzer regelmäßig ein?
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Alleine in Deutschland zählte Facebook im Jahr 2014 23 Mio. aktive Nutzer, Tendenz steigend. Während die unter 18-Jährigen zunehmend auf andere Plattformen ausweichen, boomt Facebook vor allem bei den 25 bis 35-Jährigen. Vor allem bei den über 35-Jährigen, hat die Zahl der Nutzer seit 2011 deutlich zugenommen, während die Nutzerzahlen bei der Altersgruppe 13 bis 18 kontinuierlich abnimmt. Daraus kann man schließen, dass die Begeisterung für das soziale Netzwerk auf die Jüngeren nicht mehr so zutrifft. Viele der heute 25 bis 35-Jährigen sind Facebook-Nutzer der ersten Stunde. Sie haben das Netzwerk stärker in ihren Alltag integriert und nutzen es auch häufig für berufliche Zwecke.
Für den Konzern ergibt das aber im Moment nicht unbedingt ein Problem. Die Mehrzahl der Jugendlichen nutzen nämlich andere Dienste wie WhatsApp oder Instagram – der Umsatz verschiebt sich, geht für den Konzern aber nicht verloren.
Ist das Verhalten also eine Generationenfrage?
Noch vor einiger Zeit war das Thema Generationen in aller Munde. Die Baby-Boomer als Pendant zur Generation Y. Und jetzt neu: der Aufstieg der Generation Z – also die heute unter 18-Jährigen. Während sich die einen erst (oft mühsam) die Entwicklungen des digitalen Lebens aneignen mussten, wurde den anderen das Web 3.0 quasi in die Wiege gelegt.
Von einem generationenabhängigen Verhalten bei der Nutzung von Social Media zu sprechen, wäre aber der falsche Ansatz. Vielmehr hängt die Nutzung vom sozialen Umfeld und den persönlichen Interessen ab. Beim 17. Journalistinnenkongress in Wien wurde dieses Thema unter dem Motto „Whats App, Oma?“ diskutiert. Wie sieht das Medienverhalten der Generationen aus und welche Schlüsse können wir daraus ziehen? Die Quintessenz: Social-Media-Nutzung betrifft alle Altersgruppen!
Apropos Whatsapp Oma, meine liebe Omi ist dort zB vertreten, an Twitter arbeiten wir noch… #joko2015
— Marie Sievers (@MarieSalzmann) November 3, 2015
Nein, die Erkenntnis ist keineswegs neu – aber sie zeigt einmal mehr, dass eine typische Einteilung der Nutzer nach Generationen schlicht und einfach überholt ist. Die Nutzung hängt stark vom persönlichen Umfeld ab. Wer in sich schnell verändernden Branchen wie dem Journalismus keine Lust auf Veränderungen hat, wird rasch weg sein vom Fenster – egal ob mit 25 oder 55 Jahren. Durch die Integration beinahe aller Lebensbereiche in das Web 3.0, erweitert sich das Altersspektrum der Nutzer.
„Mama, das ist mir einfach zu mühsam“
Dennoch: Auch das andere Extrem höre ich nun immer öfter. Meine 18-jährige Schwester beispielsweise, interessiert sich kaum für Facebook, Instagram, Twitter und Co. Das einzige was sie aktiv nutzt, ist WhatsApp. Was in der Uni über Facebook-Gruppen organisiert wird, passiert bei der jüngeren Generation zunehmend über WhatsApp. Gruppen in denen alle Schüler einer Klasse vertreten sind, gehören zur Tagesordnung. „Wir haben auch eine extra Gruppe, in der unser Klassenvorstand mit dabei ist“, erzählt mir meine Schwester neulich. Infos können schnell übermittelt werden.
Im Gespräch mit Euke Frank, der Chefredakteurin des Österreichischen Lifestyle-Magazins Woman – die selbst höchst aktiv auf Twitter vertreten ist – erwähnt sie mir gegenüber, dass auch ihr 15-jähriger Sohn kein Interesse an Facebook oder Instagram zeigt. „Mama, das ist mir einfach zu mühsam“, sagt er zu ihr. Die aktivsten und meisten Nutzer des sozialen Netzwerkes bleiben also statistisch gesehen weiterhin die 25- bis 35-Jährigen.
Wer sie sind und was sie tun
Sie sind knapp 7 Mio. Menschen in Deutschland und damit rund 30 Prozent aller aktiven Facebook-Nutzer des Landes. Sie benutzen die Plattform sowohl privat als auch beruflich und der Anteil der Nutzer dieser Altersgruppe und darüber hinaus steigt kontinuierlich. Die Nutzung von Facebook hat sich seit der Gründung im Jahr 2004 essentiell verändert. Aus einem Tool zur Verbindung mit anderen Studierenden, wurde ein Netzwerk, das unter anderem integraler Bestandteil der täglichen Arbeit vieler Unternehmen ist.
93 Prozent aller Unternehmen weltweit nutzen heute Facebook – vorrangig mit den Zielen der Steigerung der eigenen Bekanntheit, der stärkeren Kundenbindung und der Verbesserung des Images. Auch der bessere Zugang zur Zielgruppe und die Kommunikation mit dem Kunden, spielen eine wichtige Rolle. Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen beschäftigen sich ausführlich mit dem Netzwerk und investieren in Werbung. Das scheint sich bezahlt zu machen, denn im Jahr 2014 zählten KMUs in Italien 746,7 Millionen Likes. Im Gegensatz zum europäischen Spitzenreiter waren es in Deutschland immerhin 387,2 Millionen. Insgesamt lässt sich aber feststellen, dass deutsche Unternehmen im europäischen Vergleich eher zurückhaltend sind bei der Social-Media-Nutzung. Während 60 Prozent der isländischen Unternehmen Social Media nutzen, tun das nur rund 38 Prozent der Deutschen. Gründe dafür sind für zwei Drittel Bedenken in Bezug auf den Datenschutz. Viele sehen auch keinen direkten Nutzen darin oder geben das Fehlen von Expertise innerhalb des Unternehmens an.
Facebooks Zukunft
Obwohl Facebook die größten Umsätze immer noch in Nordamerika verzeichnet, steigen in Europa die Nutzerzahlen kontinuierlich. Anfang des Jahres kamen 21 Prozent der Facebook-Nutzer aus Europa und lieferten 26 Prozent des Umsatzes. Zum Vergleich: Der Anteil der Nutzer in den USA und Kanada liegt bei 15 Prozent, während auf diesen Märkten allerdings 49 Prozent der Umsätze weltweit verzeichnet werden.
Über 60 Prozent der Nutzer von Facebook kommen aus anderen Teilen der Welt – sie liefern aber nur rund 25 Prozent des Umsatzes. Das soll sich in Zukunft ändern, meint Gründer und CEO Mark Zuckerberg. Im Moment haben ca. 3 Milliarden Menschen weltweit Zugang zu Internet – weitere 3 Milliarden sollen in den nächsten 5 Jahren zusätzlich online gehen und das vor allem in Schwellenländern wie Indien und Afrika.
3-Punkte-Plan
Wie Business Insider UK berichtete, wird dabei ein 3-Punkte-Plan verfolgt.
One-third of the next billion people that come online will do so from India, where the majority of mobile connections are only 2G.
Das oberste Ziel lautet also: make Facebook work everywhere! Die App soll auf jedem Gerät mit jeder Art von Verbindung bestmöglich laufen. Um die Mitarbeiter bestmöglich mit der Thematik vertraut zu machen, hat der Konzern den 2G Tuesday eingeführt. Einmal pro Woche wird eine Stunde lang eine langsame Netzwerkverbindung simuliert – die persönliche Erfahrung soll Mitarbeitern helfen, die Facebook Nutzung für 2G Verbindungen zu verbessern.
Der zweite Punkt fokussiert die Umsatzsteigerung. Facebook will sicherstellen, dass all diese neuen Nutzer auch brav den Umsatz des Unternehmens in die Höhe treiben. Seit 2013 wird an neuen Lösungen gearbeitet, um Ads auch auf Geräten mit langsamen Verbindungen optimal an die Kunden bringen zu können.
Der letzte Punkt zielt auf den grundsätzlichen Ausbau der Internetverbindung ab. Durch die von Facebook geführte Initiative Internet.org, schlossen sich Technologieführer, gemeinnützige und lokale Gemeinschaften zusammen, um die restlichen zwei Drittel der Bevölkerung mit Internet zu versorgen.
Der weitere Weg liegt auf der Hand
Bei einer Umfrage, bei der 82 Schüler und Schülerinnen einer Wiener Schule im Alter von 12 bis 14 Jahren befragt wurden, gaben 89 Prozent an, täglich WhatsApp zu nutzen – nur 51 Prozent behaupteten das auch für Facebook. Obwohl diese Studie nicht repräsentativ ist, lässt sich der Trend dennoch herauslesen.
Dem Facebook-Konzern bleiben die Nutzer also weiterhin treu. Die Selbstinszenierung hat sich zu Instagram verlagert, die Kommunikation zu einem großen Teil zu WhatsApp. Neue innovative Strategien verändern einmal mehr die Mutter der Sozialen Netzwerke. Facebook setzt zunehmend auf die Verbreitung von Nachrichten. Mit Instant Articles und der neuen integrierten Suche ist absehbar, dass die weitreichenden Ziele des Konzerns noch lange nicht ausgeschöpft sind. Von einem langsamen Sterben Facebooks, wie es die Princeton University Anfang 2014 vorausgesagt hatte, kann also keineswegs die Rede sein.