Nachdem Apple am 10. September nach der Vorstellung des neuen iPhone 6s und iPhone 6s Plus von mir ordentlich Kritik einstecken musste, habe ich nun das iPhone 6s vier Wochen lang im Dauertest in die Mangel genommen. Ergebnis: Die Kritik bleibt, aber das iPhone 6s punktet an anderer Stelle deutlich. // von Tobias Gillen
Ich tue mich nach wie vor sehr schwer mit Tim Cooks Ankündigung, einfach alles verändert und verbessert zu haben und mit dem iPhone 6s und dem iPhone 6s Plus das „fortschrittlichste Smartphone der Welt“ zu präsentieren. Denn das ist de facto einfach nicht wahr. Das iPhone 6s sieht exakt aus wie sein Vorgänger (bis auf das Modell in roségold), hat die gleiche Auflösung und auch sonst ist vieles gleich geblieben.
Auf den ersten Blick und die ersten Berührungen fühlt es sich sogar an wie ein Rückschritt: Es ist schwerer geworden – eigentlich komplett entgegen des Trends – und auch minimal größer. Das liegt hauptsächlich am Gehäuse, das mit seinem 7000er-Aluminium nun mehr als überzeugen kann. Das iPhone 6s kann nur noch mit roher Gewalt gebogen werden, Bendgate 2.0 ausgeschlossen. Und auch das Display hat deutlich an Stärke zugenommen. Während beim iPhone 6 nach kurzer Zeit schon feine Mikrokratzer erkennbar waren, hält das iPhone 6s sowohl der Hosentasche als auch der Umhängetasche sauber stand. Kratzer oder Macken nach vier Wochen Dauereinsatz? Fehlanzeige.
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Ohne Kratzer, dafür mit Extra-Gramm
Da stören dann auch die 14 zusätzlichen Gramm beim iPhone 6s und die 20 Extra-Gramm beim iPhone 6s Plus nicht, obwohl man sie tatsäschlich deutlicher merkt als man annehmen würde. Um das Äußere abzurunden, sollte man noch darauf eingehen, dass Apple die Kamera zwar von 8 MP auf 12 MP verbessert hat, aber immernoch – für mich absolut unverständlich – hinten rausstehen lässt. Das sieht nicht nur grauenhaft aus, sondern verhindert auch das wackelfreie Tippen, wenn das Gerät auf dem Tisch liegt.
Frontkamera-Update fällt auf
Die Frontkamera wurde ebenfalls einem Update unterzogen – und zwar einem, das man deutlich stärker merkt als die Veränderungen der iSight-Kamera. Der Sprung von 1,2 MP auf 5 MP ist dann doch ordentlich zu erkennen bei Selfies, Videotelefonie oder dem kurzen Blick in den „Spiegel“ vor einem wichtigen Meeting. Die 4K-Filmerei zieht wenig überraschend satten Speicherplatz, ist also für die zwecks Gewinnoptimierung immernoch im Portfolio behaltenen 16-GB-Modelle quasi unmöglich, wenn man mit seinem Gerät noch für etwas anderes anstellen möchte.
Aber auch mit den „großen Modellen“, sind wir ehrlich: Die in Apples Produktvideos zu sehende Kanufahrt durch die Eisschollen der Antarktis wird wohl kaum jemand unternehmen. Und die Skateboard-Freunde, die einander die Tricks filmen, werden dann vermutlich doch die robuste GoPro nehmen statt ein 730 Euro aufwärts teures Smartphone. 4K ist sicher nett, aber wohl für den Normalnutzer kein Kaufargument. Vielleicht liegt es aber auch generell an meiner Einstellung zu dem Thema: Ich bin mit der Kamera des iPhone 6 wunderbar zufrieden und bräuchte auch das Update auf die 12 MP nicht. Das geht aber wohl konträr zum ständigen Gebattle um die beste Smartphone-Kamera, bei dem sich die Unternehmen seit Jahren ständig überbieten. Wer es braucht? Eben, ab einem gewissen Level niemand mehr.
Schneller entsperrt als du „Touch-ID“ sagen kannst
Ein Update, das dringend mal nötig war, ist das des Touch-ID-Sensors. Und tatsächlich: Mit der neuen Version rockt die Entsperrung per Fingerabdruck. Es reicht eine Berührung, die genauso schnell ist wie das Antippen einer heißen Herdplatte zum Entsperren. Es ist gar nicht mehr möglich, das Display über den Home-Button anzumachen, um auf die Uhr zu schauen, ohne dass sich das Gerät entsperrt. Das ist eine echte Verbesserung und erspart lästiges Warten, vor allem bei leicht feuchten Fingern – etwa nach dem Sport oder nachdem man sich die Hände gewaschen hat.
Die Schnelligkeit des Touch-ID-Sensors zieht sich dann auch durch das Gerät. Das iPhone 6s ist wirklich schnell, hat eine tolle Performance, harmoniert wunderbar mit iOS 9, auch wenn das in Version 9.0.2 immernoch diverse Macken hat (wo wir wieder beim derzeit mangelnden Perfektionsimus beispielsweise eines Steve Jobs wären). Trotzdem ist der 64-Bit A9-Chip (mit integrierter M9-Hilfe) eine deutliche Erweiterung zum A8-Chip (mit dem nicht integrierten M8).
3D-Touch: Nur wenig sinnvolle Anwendungszwecke
Die größte Neuerung am iPhone 6s ist aber das Display, das jetzt nicht nur auf X- und Y-Achse funktioniert, sondern auch auf der Z-Achse. Es erkennt also mittels „3D-Touch“ (Apple-Watch-Nutzern als „Force Touch“ bekannt), wie fest der Nutzer auf dem Display rumtippt. Das sieht natürlich in der Apple-Präsentation toll aus – und es funktioniert auch genauso toll. Die Frage ist aber, wann man es wirklich nutzt. Am Anfang natürlich ausgiebig, zumal die neue Vibration der Taptic Engine etwas wirklich feines ist. Aber dann, wenn man alles tausend Mal ausprobiert hat, brauche zumindest ich diese Funktion de facto nicht oder nur sehr selten, zumal man sie nicht individualisieren kann.
Wo ich mir zudem mehr gewünscht hätte: Beim Akku. Denn der ist wirklich mangelhaft und viel zu klein für die Power, die das Gerät sonst so liefert. Mir ist schon klar, dass man bei der Größe und dem Gewicht des iPhone 6s am Platz sparen muss, wo es nur geht. Aber der Akku ist definitiv die falsche Stelle, selbst das iPhone 6 ist hier besser. Über die Wochen hat sich die Laufzeit zwar ein bisschen eingependelt, man kommt bei „normaler Nutzung“ einen guten Tag über die Runden. Aber im Vergleich zu guten Android-Smartphones wie dem Galaxy S6 Edge ist das ungefähr nichts. Einzig durch die perfekte Symbiose mit iOS 9 und dem wirklich tollen Batteriespar-Modus punktet das iPhone 6s im Test in diesem Bereich.
Fazit: Schlechter als erhofft, besser als erwartet
Tja, was lässt sich nun also für ein Fazit ziehen nach einem Monat Dauertest mit dem „fortschrittlichsten Smartphone der Welt“? Fakt ist, dass es eine unfassbar gute Performance hinlegt, in der Schnelligkeit alles überragt und in Kamera und Touch-ID-Sensor einen guten Sprung gemacht hat. Das neue 3D-Touch überzeugt zwar in der Funktionalität, nicht aber (aktuell) im alltäglichen Gebrauch und beim Akku wurde an der falschen Stelle gespart.
Für 730 Euro in der kleinsten Variante, muss man sagen: Das iPhone 6s ist schlechter als erhofft. Nach wie vor finde ich, dass ein Apple-Smartphone mehr Innovationen vertragen könnte. Das „fortschrittlichste Smartphone der Welt“ ist es sicher nicht, auch wenn Apple das natürlich gerne groß verkündet. Allerdings ist es auch besser als erwartet, zumindest als die Erwartungen nach der Keynote Mitte September.
Lohnt also der Umstieg? Vom iPhone 6 sicher nicht. Wer damit zufrieden ist, sollte dabei bleiben und beim iPhone 7 (?) auf größere Sprünge hoffen. Von den Vorgängermodellen lohnt es sich derweil sicherlich, zumindest einen Blick auf die neuen 6s-Modelle zu werfen – oder auf das mit aktuell 629,- Euro und damit 100 Euro weniger zu Buche schlagende iPhone 6.