Microsoft muss seit dem Release von Windows 10 viel Kritik von Tech-Seiten einstecken. Der Vorwurf: Microsoft spioniert seine Kunden aus. Harte Worte, aber stimmt das? Ich habe mich mit dem Thema eingehender beschäftigt und ein paar Antworten. // von Markus Werner
Mittlerweile sind rund drei Monate seit dem offiziellen Release von Windows 10 vergangen. Microsoft geht mit Windows 10 neue Wege – ein Betriebssystem für alle Geräte. Viele Fehler aus der Vergangenheit wurden behoben und tolle neue Funktionen sind eingeflossen. Das Upgrade ist für Windows 7 und 8 User für ein Jahr kostenlos. Microsoft hat einen großen Satz nach vorn gemacht und bewiesen, dass sie endlich für das neue Zeitalter bereit sind. Also sollte doch eigentlich alles prima sein. Leider nicht. Microsoft wird von vielen Tech-Seiten kritisiert und teilweise auch attackiert. Windows 10 sendet mehr Daten als jemals eine Windows-Version zuvor nach Hause. Teilweise ist die Kritik auch recht bösartig.
Die böse Datenkrake aus Redmond
Bei CHIP etwa lassen sich dann so Überschriften finden, wie „Windows 10 aufgedeckt: Hier schnüffelt es, so schalten Sie das ab“ oder „Windows 10: So legen Sie der Datenkrake das Handwerk!“ Das Perfide daran, CHIP verbreitet bereits in den Überschriften Halbwahrheiten und führt seine Leser damit in die Irre. Erst beim Lesen der Beiträge wird dann klar, dass alles halb so wild ist. Es wird relativiert, korrigiert und entkräftet. Nur wer bis zum Ende liest, findet die „Wahrheit“ heraus. Das machen aber nicht alle und so brennt sich schnell bei vielen Lesern folgendes Bild ein: Microsoft spioniert mich mit Windows 10 aus. Das stimmt so allerdings nicht ganz.
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Die Kritik an Microsoft will kein Ende nehmen. So berichtete vor wenigen Wochen leider Wired Germany in feinster CHIP-Manier, dass Microsoft nun ebenfalls die „Schnüffel-Funktionen“ an Windows 7 und 8 per Update verteilt. Die Patches beinhalten laut Beschreibung „Diagnose- und Telemetrie-Überwachungsdienste“, wie sie bereits in Windows 10 integriert sind. Diese sollen der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit dienen. Die Updates sind optional und damit nicht verpflichtend. Die Überwachungsdienste sammeln Informationen über das System und senden diese an zwei Microsoft Server. Zwar ist nicht eindeutig geklärt, welche Daten Microsoft sammelt, aber es handelt sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht um persönliche Daten.
Welche Daten sammelt Windows 10?
Microsoft hat sich zu all den Vorwürfen lange nicht äußern wollen und die ganze Kritik geschluckt bzw. hingenommen. Letzte Woche brach Terry Myerson im Windows Blog das Schweigen. Er erklärt, auf welche zwei Datenschutzprinzipien Microsoft bei Windows 10 setzt. Windows 10 sammelt Daten zur Produktverbesserung und der Nutzer hat jederzeit die Kontrolle, welche Daten gesammelt werden. Microsoft unterteilt die erfassten Daten in drei Kategorien:
- anonymisierte Daten zur Verbesserung der Sicherheit und Stabilität
- personenbezogene Daten, beispielsweise für die Sprach-Assistentin Cortana
- Daten zu Werbezwecken, die laut Microsoft aber nicht erfasst werden
Der Beitrag ist ein erster Versuch, um vielleicht etwas Klarheit in die Datennutzung von Windows 10 zu bringen. Dass Microsoft anonyme Daten über seine Systeme, wie Absturzberichte oder Ähnliches erfasst, ist nichts Ungewöhnliches. Microsoft möchte damit Fehler aufdecken, diese beheben und schlussendlich das Nutzungserlebnis verbessern. Das hat Microsoft schon seit jeher so gehandhabt, zumindest seit es das Internet gibt. Es ist aber immer etwas problematisch Nutzern zu erklären, warum jetzt bestimmte Daten gesendet werden und welchem Zweck sie dienen. Bei der ersten Kategorie handelt es sich ausschließlich um Informationen zu Supportzwecken.
Mit Windows 10 geht Microsoft wie bereits erwähnt neue Wege und da spielt natürlich auch die Cloud eine zentralere Rolle. Microsoft bietet nun auch seine Sprach-Assistentin Cortana für den heimischen PC an. Damit Cortana dich unterstützen kann, muss sie allerlei persönliche Daten über dich sammeln. Erst dann kann sie dir zum Beispiel sagen, wo du das nächste Restaurant in deiner Nähe findest oder ob du für den Friseurtermin heute noch Zeit hast. An dieser Stelle musst du einfach für dich den Kompromiss zwischen Komfort und Datenschutz finden. Um Cortana nutzen zu können, musst du die Funktion aber zunächst aktivieren und du wirst ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dadurch Benutzerdaten in der Microsoft Cloud gespeichert werden.
Über die letzte Kategorie scheiden sich allerdings die Geister. Auch wenn Microsoft sagt, dass sie solche Informationen nicht erfassen, muss man das noch lange nicht glauben.
Du entscheidest, welche Daten Windows 10 sendet
Dass der Nutzer mit Windows 10 nun deutlich mehr Gewalt über die gesendeten Daten hat, kehren CHIP und Co. gerne mal unter den Teppich. Das wird, wenn überhaupt, meist erst viel später in den Beiträgen erwähnt. Selbst Windows 8 hat schon mehr Daten als XP oder 7 gesammelt. Aber da schien es keinen so wirklich zu stören. Ein möglicher Grund könnte sein, dass Windows 8 von vielen PC-Anwendern nicht gut angenommen wurde und schlussendlich viele bei Windows 7 hängen geblieben sind. Bei der Ersteinrichtung von Windows 8 waren standardmäßig einige datenschutzbedenkliche Punkte aktiv, konnten aber vom Nutzer deaktiviert werden.
Unter Windows 10 ist das nicht anders. Es gibt sogar in den Einstellungen einen extra Menüpunkt, nur für den Datenschutz (Windows -> Einstellungen -> Datenschutz). Dort kannst du weitestgehend frei entscheiden, welche Informationen Windows 10 erfassen darf. So gesehen kannst du deine Privatsphäre besser als zuvor schützen. Trotzdem lässt sich nicht alles abschalten, sodass Windows 10 nicht mehr nach Hause telefoniert. Die meisten datenschutzkritischen Aktivitäten lassen sich aber einschränken bzw. abstellen.
Microsoft spioniert dich nicht aus, außer du erlaubst es
Wir sollten die Kirche im Dorf lassen. Es ist schon richtig, dass Windows 10 sowohl mehr Daten über das System als auch über seine User sammelt. Doch dabei darf nicht unter den Tisch fallen, wofür diese Daten anfallen. In den meisten Fällen werden sie benötigt, damit die Funktionen von Windows 10 sauber arbeiten können. Cortana ohne Informationen über den Nutzer, ist in etwa so, wie Autofahren durch eine unbekannte Stadt ohne Navi. Du schaust dir doch vorher auch die Fahrtroute an, damit du den Weg später findest. Genauso ähnlich geht es Cortana. Sie muss dich erstmal kennenlernen.
Die Kritik, dass Microsoft jetzt zügellos seine Nutzer überwachen würde, ist für meine Begriffe überzogen. Der Einstellungspunkt „Datenschutz“ lässt dem Nutzer die Wahl, welche Daten Windows 10 senden darf. Microsoft weist aber auch darauf hin, dass manche Features bei Einschränkungen unter Umständen nicht mehr einwandfrei funktionieren. Das finde ich fair. Microsoft sammelt eben Daten, so wie viele andere Unternehmen auch. Es macht aber einen großen Unterschied, ob der Nutzer ein Mitspracherecht hat oder es ihm verwehrt wird. Davon kann bei Windows 10 keine Rede sein.
Grundsätzlich solltest du bei der Erhebung personenbezogener Daten immer kritisch hinschauen, für welche Dienste personalisierte Daten anfallen und wie diese genutzt werden. Du kannst dich nur selbst hinterfragen, ob du eine bestimmte Funktion nutzen möchtest und welchen Preis du dafür bereit bist zu „zahlen“. Wichtig ist, dass du dabei ein gutes Gefühl hast.
» Hier geht es zum großen Windows-10-Test auf BASIC thinking
» Hier gibt es unsere Datenschutz-Serie „Durchgelesen“