Mit dem Nexus 6P hat Google im Laufe des Abends wie erwartet ein neues Smartphone von Huawei vorgestellt, zu dem bereits viele Angaben im Vorfeld durchgesickert waren. Myriam Joire war für uns live vor Ort und hat sowohl das Nexus 6P als auch das Nexus 5X in einem ersten Hands-On ausführlich unter die Lupe genommen.
Nachdem Google zuletzt auf (das ehemals eigene Tochter-Unternehmen und die jetzige Lenovo-Tochter) Motorola setzte, ist die diesjährige Wahl als Nexus-Lieferant ein ganz wichtiger Schritt für Huawei. Die Chinesen erhoffen sich dadurch sicherlich auf dem amerikanischen Kontinent eine größere Bekanntheit und höhere Akzeptanz. Umso mehr darf man natürlich hoffen, dass sie mit dem Nexus 6P tatsächlich „ihr Bestes geben“. Wirft man einen ersten Blick auf die Hardware, sieht das jedenfalls schon sehr gut aus.
[asa]B01725JYM0[/asa]Nexus 6P: Die Hardware
Das Smartphone besitzt ein WQHD-Display mit einer Bildschirmdiagonale von 5,7 Zoll, ordnet sich also (fast, irgendwie) in die Phablet-Klasse ein. Es handelt sich – wie von einigen erhofft, von anderen befürchtet – um ein AMOLED-Panel, auf dem sich im 16zu9-Format 2.560 x 1.440 Bildpunkte bei einer Pixeldichte von 518 ppi darstellen lassen. Sollten euch die Farben des AMOLED zu übersättigt erscheinen, werft einen Blick in die Entwickler-Einstellungen des Smartphones: dort lässt sich u.W. ein sRGB-Modus aktivieren, der eine wesentlich ausgewogenere Farbwiedergabe erzeugt.
Mit seinem 5,7 Zoll-Display soll das Nexus 6P gegenüber seinem Vorgänger insgesamt kompakter sein, und tatsächlich bleibt das Smartphone mit 159,4 x 77,8 Millimetern vergleichsweise handlich und mit 7,3 Millimetern zudem sehr dünn. In der Gegenüberstellung mit dem Vorgänger Nexus 6 sind das drei Millimeter weniger. Auch mit Vergleichen zum Apple iPhone 6s hat man sich während der Präsentation nicht zurückgehalten und so fällt auf, dass Huawei in einem vergleichbar dimensionierten Metall-Unibody einen etwas größeren Bildschirm unterbringt.
Ein derart großes Display verlangt trotz der recht stromsparenden AMOLED-Technologie nach einem adäquaten Akku, dementsprechend ist das Nexus 6P mit einer (offenbar nicht auswechselbaren) 3450mAh- Batterie bestückt. Geladen wird erstmals bei einem Nexus Smartphone via USB Type-C, und durch „Fast Charging“ soll das Device doppelt so schnell geladen sein wie das Apple iPhone 6 Plus. Google gibt an, dass schon 10 Minuten Ladezeit für weitere 7 Stunden fernab der Steckdose genügen.
Die tatsächlich erreichbaren Akku-Laufzeiten werden sich selbstverständlich erst in weiteren Tests zeigen, wobei die Hoffnungen hier auf einem in diesem Bereich optimierten Android 6.0 und dem neu vorgestellten Android Sensor Hub liegen (siehe unten). Nicht verschwiegen werden soll, dass das Nexus 6P kein kabelloses Laden (Qi Charging) beherrscht – das ist der Nachteil, den ein aus einem Stück bestehender Aluminiumrahmen mit sich bringt. Gleichzeitig muss man festhalten, dass Fast Charging via USB Type-C Lade-Geschwindigkeiten erreicht, die kabellos niemals zu erzielen wären. Insofern ist Huaweis Entscheidung gegen die Qi-Technologie nachvollziehbar bzw. „konsequent“.
Sollte jemand die Leaks der vergangenen Wochen verpasst und tatsächlich auf den Snapdragon 820 gehofft haben, müssen wir abwinken: der wird wohl frühestens zum Mobile World Congress 2016 in dann vorgestellten Smartphones zu finden sein.
Beim Prozessor handelt es sich vielmehr um einen Qualcomm Snapdragon 810 (v2.1), so dass sich eine insgesamt stimmige Gesamtkonfiguration ergibt. An dieser Stelle muss man angesichts der früheren Überhitzungsprobleme wohl immer wieder darauf hinweisen, dass es sich bei diesem Modell um eine überarbeite Version handelt, bei welcher die Wärme- und daraus resultierenden Taktungsprobleme längst behoben wurden. Der Snapdragon 810 kommt u.a. auch im OnePlus 2 zum Einsatz.
Der Käufer hat die Wahl zwischen Modellen mit 32, 64 und 128 Gigabyte internem Speicher. Einen Slot für microSD-Speicherkarten besitzt das Smartphone wie seine Nexus-Vorgänger nicht, anderslautende Meldungen entpuppten sich schon im Vorfeld als Ente bzw. Missverständnis. Beim Arbeitsspeicher ist man mit 3GB RAM über alle Modell-Varianten hinweg auf der sicheren Seite.
Auf der Vorderseite befinden sich zwei Front-Lautsprecher, auf der Rückseite fällt zuallererst der integrierte Imprint-Fingerabdruckscanner auf. Der soll, in Kombination mit dem Betriebssystem, sehr schnell und exakt funktionieren.
12,3 MP Kamera mit Sony-Linse
Bei der oberhalb des Fingerabdruckscanners, im Bereich des schwarzen Balkens integrierten Digitalkamera handelt es sich um Modell mit einem Sony-Sensor, der es auf eine Auflösung von 12,3 Megapixeln bringt. Angesichts sich gegenseitig übertrumpfender Megapixel-Konkurrenten sei darauf hingewiesen, dass die Linse sehr groß ((1.55 μM, F2.0) ist, was lt. Google besonders unter ungünstigeren Lichtverhältnissen wesentlich bessere Bilder ermöglichen soll. Auch hier sucht man ganz bewusst den Vergleich zum Apple iPhone 6s Plus, das wie seine Vorgänger wieder mit seiner guten Kamera punkten will.
Die gezeigten Ergebnisse sind – sollten sie sich in weiteren Tests bewahrheiten – tatsächlich beeindruckend und sprechen erneut für Sony als Kamera-Partner.
Gegenüber dem Nexus 6 soll das 6P eine um 92% erhöhte Effizienz beim Erfassen von (Rest-)Licht haben, ungünstigere Lichtverhältnisse und Aufnahmen im Innern dürften also kein Problem sein. Doch die Kamera im Nexus 6P kann noch mehr. Das Modell beherrscht Slow-Motion Aufnahmen und zeichnet auf Wunsch Videos im hochauflösenden 4K-Format auf. Beim Blitz handelt es sich um einen Dual-LED-Flash, das Zoomen übernimmt ein Laser Autofokus.
Mit der „Smart Burst“ getauften Technologie kann die Kamera Salven – also schnell aufeinander folgende Serien – von Bildern in einer bestimmten Situation aufnehmen. Das Ergebnis kann dann entweder in ein animiertes Gif umgewandelt werden oder man sucht sich die besten Einzelbilder aus der Serie heraus. Im Alltag dürfte besonders die Double Tap Funktion komfortabel sein: durch zweimaliges Tippen auf den Power-Knopf startet die Kamera-App, man erspart sich mehrere Schritte und kommt schneller zum Schnappschuss.
Die Front-Kamera kann HDR-Bilder anfertigen und punktet ebenfalls mit einem vergleichsweise großen Linsenbereich (1.4 μM).
Doch auch bei der Kamera gibt es einen echten Downer. Das Nexus 6P besitzt keinen optischen Bildstabilisator, der kleine Wackler, Vibrationen oder Zittern bei der Aufnahme von Bildern und Videos ausgleichen könnte. Für ein Smartphone, das ansonsten mit seiner Kamera punkten will, ist das auf den ersten Blick ein absolutes No-go. Der Grund scheint ausgerechnet der so lobend erwähnte 1.55µm Bildsensor zu sein, offenbar „vertragen“ sich diese beiden Komponenten im parallelen Einsatz nicht.
Technische Daten im Detail
- Display:
- 5,7″ (144,78 mm) Bildschirmdiagonale
- Auflösung: WQHD 2560 x 1440 Pixel (1440p), 518ppi Pixeldichte
- Gorilla Glass 4, AMOLED
- Prozessor: Qualcomm Snapdragon 810 (v2.1)
- Octa-Core mit bis zu 2GHz Taktfrequenz, 64bit Support
- GPU: Adreno 430 (630 MHz)
- Arbeitsspeicher: 3GB RAM
- Interner Speicher: 32GB, 64GB oder 128GB
- Netzwerk und Konnektivität:
- Bluetooth 4.1
- WiFi: Qualcomm VIVE Dual-Band, 802.11a/b/g/n/ac
- Mobile:
- LTE (FDD): Band 1, 2, 3, 4, 5, 7,
12, 13, 17, 20, 25, 26, 29 - UMTS/WCDMA: Band 1, 2, 4, 5, 8
- GSM/EDGE: 850/900/1800/1900MHz
- LTE (FDD): Band 1, 2, 3, 4, 5, 7,
- Digitalkamera:
- Auflösung: 12,3 Megapixel
- Video-Auflösung: max. 4K, max. 240 fps
- Linse: Sony, 1.55μm, f/2.0
- Slow-Motion Videos (High Frame Rate, HFR-Zeitlupe)
- Dual LED Blitz
- Laser Autofokus
- Smart Burst
- Front-Kamera: 8 Megapixel (1,4μm, f/2.4), HDR+
- Akku: 3450 mAh (Fast Charging, USB Type-C)
- Nexus Imprint Fingerabdrucksensor
- Gehäuse, Maße und Gewicht:
- Metall-Unibody, eloxiertes Aluminium
- Abmessungen: 159,4 x 77,8 x 7,3 Millimeter
- Gewicht: ca. 178 Gramm
- Farben: Aluminium, Weiß, Schwarz
- Betriebssystem Android™ 6.0 Marshmallow
- Android Sensor Hub (siehe unten)
- 3.5mm Audio-Out (Unterseite, neben USB Type-C)
Android Sensor Hub entlastet CPU und Akku
Während der Präsentation des Nexus 6P wurde mit dem Android Sensor Hub ein zusätzlicher Low-Power Prozessor erwähnt. Durch diesen erstmals verbauten Chip kann der Snapdragon 810 wesentlich öfter und länger in den Ruhezustand versetzt werden, was sich im Idealfall erheblich auf die Akku-Laufzeit auswirken könnte. Der Android Sensor Hub übernimmt stellvertretend das Management der im Smartphone integrierten Sensoren und interpretiert die Daten, die z.B. das Gyrometer oder der Fingerabdrucksensor in diesem Zustand liefern.
Diese im Laufe eines Tages evtl. hundert- wenn nicht gar tausendfach eingehenden Signale wie z.B. das Berühren des Displays oder Bewegungen des Smartphones erzeugen bisher ein stetes „Bombardement“ für den Haupt-Prozessor, der somit nie richtig in den Schlummermodus oder Tiefschlaf fällt. Der Android Sensor Hub soll hier Abhilfe schaffen.
Hands-On Bilder
Hochauflösende Produktbilder des Herstellers (siehe unten) zeigen das Nexus 6P von verschiedenen Seiten in aller Deutlichkeit, doch im Hands-On erhält man stets den besten Eindruck von den Dimensionen.
Preise und Verfügbarkeit
[asa]B01725JYM0[/asa]Das Nexus 6P soll in über dreissig Ländern angeboten werden, wird aber vorerst nur eingeschränkt verfügbar sein. Zwar kann man sich bereits heute im Google Store mit nur einem Klick auf die Warte- bzw. Benachrichtigungsliste setzen lassen, doch bis zur Bestellmöglichkeit oder gar bis zur Auslieferung wird es wohl noch etwas dauern – bis auf weiteres ist das Nexus 6P nur in den USA, in Kanada, Großbritannien, Irland und in Japan vorbestellbar. Während des Events merkte Google an, dass beide Nexus-Smartphones nun doch auch bei ausgewählten Mobilfunkbetreibern angeboten werden könnten. Welche das (international) sein werden steht allerdings zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. Grundsätzlich soll das Smartphone „unlocked“ sein, man ist also in nach heutigem Stand nicht an einen bestimmten Anbieter gebunden.
In Deutschland und den den Vereinigten Staaten wird das Modell in drei verschiedenen Farben angeboten und kostet je nach Speichervariante 499 USD (32GB), 549 USD (64GB) bzw. 649 USD (128GB). Das waren einigermaßen vorhersehbare Preissprünge. Wenn man bedenkt, dass das LG Nexus 5X in der 32GB-Speichervariante 429 USD kosten soll, dann relativiert sich der Preis des Smartphones ein wenig. Wirft man dann noch einen Blick auf potentielle Konkurrenten wie z.B. das Samsung Galaxy Note 5 (ca. 700 USD) oder Apple iPhone 6s Plus (ca. 750 USD), dann weiss man, welche Marke Huawei respektive Google hier zumindest preislich im anvisierten US-Markt setzen wollen.
Aber, und jetzt folgt ein großes Aber: in Deutschland bzw. Europa sieht das mit den Preisen schon etwas düsterer aus. Nach den bisher vorliegenden Informationen werden für das Nexus 6P hierzulande Preise von 649 EUR (32GB), 699 EUR (64GB) und 799 EUR (128GB) erwartet. US-Preise werden zwar immer exklusive Steuern ausgewiesen, aber angesichts des eigentlich noch einigermaßen moderaten Wechselkurses hinterlassen die Aufschläge einen bitteren Beigeschmack.
Das Design des Nexus 6P kann man mögen oder nicht, und die Specs sind völlig in Ordnung – aber die hierzulande verlangten Preise sind unterirdisch bzw. abgehoben, je nachdem aus welcher Perspektive man es betrachtet. Schade.
Im Zusammenhang mit den beiden Nexus Smartphones hat Google noch ein bald auch international verfügbares Garantieprogramm angekündigt, in dem sich die Smartphones für 24 Monate gegen alle erdenklichen Schäden (ver)sichern lassen. Diese Garantie wird 89 USD kosten. Erwirbt man das Nexus 6P über den Google Play Store, ist im Preis des Smartphones bereits ein dreimonatiges Google Play Music Abonnement enthalten.
Hersteller-Infos zum Nexus 6P
Das offizielle Produktvideo zum Google Nexus 6P
Die Aufzeichnung des Events vom 29. September
Weiterführende Infos: Google Blog