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Boris berät: Videodreh beim Arbeitgeber – so sieht die Rechtslage aus

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geschrieben von Boris Burow

In der wöchentlichen Kolumne Boris berät beantwortet euch Rechtsanwalt Boris Burow eure Fragen zum Thema Internet-, IT- und Social-Media-Recht. Dabei handelt es sich nicht um juristische Abhandlungen, sondern um eine verständliche Erklärungen der Rechtslage. Diesmal: Der Arbeitnehmer, das Unternehmensvideo und die Rechtslage. // von Boris Burow

Fotos sind immer noch beliebt, um die Firmenwebseite oder Informationsmaterial zu verschönern. Schließlich sagt ein Foto mehr als tausend Worte. Auch in den gängigen Social-Media-Kanälen bedienen sich Unternehmen einer Vielzahl von Fotos, um den eigenen Auftritt ansprechender zu gestalten. Oftmals ist es auch gerade für Kunden interessant zu wissen, mit wem sie es auf Seiten eines Unternehmens zu tun haben. Heutzutage finden viele Kontakte nur noch online bzw. per Telefon oder E-Mail statt, sodass ein persönliches Treffen nicht immer der Regelfall ist.

Neben dem legitimen Interesse eines Unternehmens, seine Mitarbeiter, die Außenkontakt zu Kunden, Lieferanten oder sonstigen Dritten haben, auch online zu präsentieren, greifen immer mehr Unternehmen aber auch auf Mitarbeiter als Werbeträger zurück. Hier werden oftmals Bilder von Mitarbeitern zu Werbezwecken für das Unternehmen genutzt. Die Entwicklung im Internet macht aber auch bei den Unternehmen nicht halt und so werden auch des Öfteren Videos mit Mitarbeitern gedreht und anschließend im Internet veröffentlicht.

Regelungen fehlen oft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Oftmals treffen die Unternehmen hier keine Regelungen, sodass sich die Frage stellt, wie die Rechtslage bei Mitarbeiterfotos und -videos ist. Besonders oft kommt es zu Problemen, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist und der ehemalige Mitarbeiter kein Interesse mehr daran hat, in einem Video mitzuwirken oder auf einem Foto abgebildet zu sein, wenn er mit dem Unternehmen nichts mehr zu tun hat.

Teilweise ist es in unserer Praxis auch schon vorgekommen, dass Unternehmen sehr weitreichende Regelungen getroffen haben, bei denen sich dann die Frage gestellt hat, ob eine solche weitreichende Regelung mit den Bestimmungen des Arbeitsrechts vereinbar ist. Das Bundesarbeitsgericht hat sich vor kurzem mit genau dieser Frage beschäftigt und einige sehr interessante Ausführung dazu gemacht, wie mit Videoaufnahmen eines Arbeitnehmers umzugehen ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet worden ist.

Videodreh beim Arbeitgeber

Der Arbeitgeber hatte mit seinem Arbeitnehmer einen Arbeitsvertrag abgeschlossen. Gut ein Jahr später hatten sich der Kläger sowie weitere 25 Mitarbeiter des Unternehmens durch Unterschrift auf einer Namensliste bereit erklärt, dass Filmaufnahmen zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit des Unternehmens veröffentlicht und ausgestrahlt werden dürfen. Auf dieser Grundlage hat das Unternehmen 2008 einen Werbefilm gefertigt, welcher schwerpunktmäßig dazu diente, das Unternehmen darzustellen. Der Mitarbeiter um den es in dem Fall vor dem Bundesarbeitsgericht ging, war am Anfang des Videos kurz zu sehen.

Bereits hier gab es einen ersten Streit, denn es war unklar, ob der Mitarbeiter tatsächlich zu erkennen war. Gegen Ende des Videos war der Mitarbeiter aber auch noch einmal für etwa zwei Sekunden auf einem Gruppenbild mit ca. 30 weiteren Mitarbeitern deutlich zu erkennen. Das Unternehmen hatte den Film im Rahmen seines neuen Internetauftritts auf der Webseite integriert. Hier konnte jeder das Video frei einsehen. 2011 endete das Arbeitsverhältnis und wenig später widerrief der ehemalige Arbeitnehmer seine möglicherweise erteilte Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder. Er forderte das Unternehmen auf, das Video von der Homepage umgehend zu entfernen. Da das Unternehmen dem Anspruch nicht nachkam, reichte der ehemalige Mitarbeiter Unterlassungsklage und Klage auf Zahlung von Schmerzensgeld ein.

Rechtswirksame Vereinbarung notwendig

Das Bundesarbeitsgericht hat letztlich entschieden, dass der ehemalige Arbeitnehmer kein Anspruch darauf hat, dass das Video von der Webseite entfernt wird. Folglich hat der ehemalige Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Grundsätzlich ist es erforderlich, dass der Betroffene eine Einwilligung erteilen muss, wenn von ihm Film- oder Fotoaufnahmen gefertigt werden (§ 22 KUG). Hiervon gibt es zwar auch einige Ausnahmen aber der Grundsatz ist im Prinzip unumstößlich. Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die Einwilligung, die der ehemalige Arbeitnehmer erklärt hatte, nicht für die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet war. Einen Grund für einen Widerruf dieser Einwilligung hatte der ehemalige Arbeitnehmer nicht wirksam darlegen können.

Das Bundesarbeitsgericht befasst sich in rechtlicher Hinsicht mit den Anforderungen an eine wirksame Einwilligung. Es stellt zunächst klar, dass eine Person überhaupt erkennbar und individualisierbar sein muss, damit das Erfordernis einer Einwilligung notwendig wird. Es ist einleuchtend, dass eine Person, die man nicht erkennen kann, nicht um die entsprechende Einwilligung gebeten werden muss.

Datenschutzgesetze nicht anwendbar

Interessant in diesem Zusammenhang war auch, dass das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, dass ein Anspruch nach dem Bundesdatenschutzgesetz von vornherein nicht in Betracht kommt, da es spezielle Regelungen im Kunsturhebergesetz (KUG) gibt, die dem Bundesdatenschutzgesetz vorgehen.

Das KUG ist ein sehr altes Gesetz aus dem Jahr 1907, allerdings wurde es durch andere Gesetze ausdrücklich für weiterhin anwendbar erklärt. Auch wenn sich das Gesetz vom Grundsatz her nur auf Bildnisse bezieht, so wendet die Rechtsprechung seit vielen Jahren den Begriff Bildnisse auch auf Videoaufnahmen an. Daher gilt sowohl für Bilder als auch für Videoaufnahmen, dass der Abgebildete entsprechend eine Einwilligung erteilen muss.

Das Bundesarbeitsgericht stellt fest, dass sich ein Gericht mit der freiwilligen Einwilligung gar nicht erst befassen muss, wenn von vornherein klar ist, dass die betreffende Person gegebenenfalls nicht erkennbar ist. Im vorliegenden Fall gab es aber unstreitig eine Sequenz, auf der der ehemalige Arbeitnehmer für zwei Sekunden definitiv identifizierbar abgebildet worden war. Hier hatte nun also das Gericht zu entscheiden, wie die Rechtslage ist.

Einwilligung des Arbeitnehmers notwendig . . .

Das Gericht führt sodann aus, dass Bildnisse eben grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet und veröffentlicht zur Schau gestellt werden dürfen. Eine Einwilligung ist die sogenannte vorherige Zustimmung. Man muss als zuvor die Einwilligung einholen und erst dann dürfen die Aufnahmen gefertigt werden. Formerfordernisse für diese Einwilligung gibt es laut dem Gesetz nicht, sodass die Einwilligung nicht schriftlich erfolgen muss, sondern z. B. auch mündlich oder konkludent. Konkludent meint ein schlüssiges Handeln – also, dass eine Person, die ersichtlich erkennt, dass ein Werbevideo gedreht werden soll, welches auch veröffentlicht wird und sie hieran freiwillig teilnimmt, eine entsprechende Einwilligung abgibt.

. . . und zwar schriftlich (Tinte und Papier)

Im besonderen Fall eines Arbeitsverhältnisses kommt das Gericht jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Schriftform notwendig ist, damit dem Arbeitnehmer vor Augen geführt wird, in was genau er einwilligt und wie das Video verwertet werden soll. Weiterhin führt das BAG aus, dass der Arbeitnehmer zu solchen Aufnahmen nicht gezwungen werden darf und eine Teilnahme immer freiwillig sein muss.

Das Gericht stellt also fest, dass der ehemalige Arbeitnehmer sich in eine Namensliste mit der Überschrift „Thema Filmaufnahmen“ eingetragen hat und damit seine Zustimmung erteilt hat. Zudem heißt es, dass auf dem Blatt ausdrücklich vermerkt war, dass durch die Teilnahme dem Arbeitgeber erlaubt wird, die Videoaufnahmen zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu verwenden und diese auszustrahlen. Es handelt sich somit um eine anlassbezogene Einwilligung, die im Einzelfall eingeholt wurde, klar bezeichnet und nicht zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt wurde. Damit waren die Voraussetzungen, die das Bundesarbeitsgericht an eine wirksame Einwilligung des Arbeitnehmers stellt, erfüllt.

Was passiert nach einer Kündigung?

Fraglich war noch, ob durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Änderung eingetreten ist. Da es sich im vorliegenden Fall um ein Video, das rein den Werbezwecken des Unternehmens dient, handelt, und nicht auf die individuelle Person des ehemaligen Arbeitnehmers zugeschnitten war, endet die Einwilligung nicht automatisch mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Es ging bei dem Video schwerpunktmäßig um die Darstellung von Arbeitsabläufen bei dem Unternehmen. Die zweite Frage, die noch zu beantworten war, war ob der ehemalige Arbeitnehmer seine erteilte Einwilligung widerrufen konnte, da er nun das Unternehmen verlassen hatte.

Aber auch diesem Ansinnen konnten die Richter nicht folgen. Da es sich um ein allgemeines Video über das Unternehmen handelte, war es dem ehemaligen Arbeitnehmer zuzumuten, dass das Video weiterhin online bleibt. Im Übrigen konnte das Gericht auf seine bereits vorgebrachten Argumente verweisen und ausführen, dass es sich eben nicht um ein Video handelte, bei dem es konkret um den ehemaligen Arbeitnehmer selbst ging, sondern um ein Video über das Unternehmen. Hier musste es der ehemalige Arbeitnehmer dulden, dass dieses Video, welches sehr kurze Sequenzen mit ihm enthielt, weiterhin online bleibt. Da der ehemalige Arbeitnehmer keine weiteren Argumente vorgetragen hatte, musste das Gericht auch insoweit keine weiteren Argumente mehr prüfen.

Je nach Art des Videos ergeben sich unterschiedliche Ergebnisse

Im Ergebnis durfte das Unternehmen das Video also weiterhin auf der Webseite online vorhalten. Die Lehren aus diesem Fall sind sehr klar. Arbeitgeber müssen mit ihren Arbeitnehmern schriftliche Vereinbarungen über die Nutzung von Videos und Bildern treffen. Handelt es sich um Videos bei denen es sich schwerpunktmäßig um die Präsentation des Unternehmens geht, so ist nach einer schriftlich erteilten Einwilligung des Arbeitnehmers das Video grundsätzlich auch nach Ausscheiden des Arbeitnehmers weiterhin verwendbar.

Sollte es sich allerdings um Fotos oder Videos handeln, bei denen es schwerpunktmäßig um den Arbeitnehmer geht und seinen konkreten Bezug zum Unternehmen, so sieht die Rechtslage wiederum anders aus. Hier wird man regelmäßig zugestehen müssen, dass mit Ausscheiden des Arbeitnehmers solche Video- und Bildaufnahmen zu löschen sind.

Weitere Fragen könnt Ihr gerne in den Kommentaren stellen. Ebenso freue ich mich über weitere Vorschläge für die nächste Kolumne!

⇒ Hier gibt es alle Teile von Boris berät.
⇒ Diese Serie wird präsentiert vom Spam-Krokodil.

Über den Autor

Boris Burow

Boris ist Rechtsanwalt aus Karlsruhe und hat seine Begeisterung für IT, Medien und Internet zum Schwerpunkt seiner Arbeit gemacht.

2 Kommentare

  • Also in den Arbeitsfeldern die ich kenne, würde nicht gefragt. Wenn man auf sein Einwilligungsrecht hinweisen würde, stände man als Kleingeist da. Wenn man dann noch bei dieser Einwilligungserklärung verlangen würde, dass die Kündigung mitbeachtet wird, dann hat man mehrere Schritte zum Status Querulant gemacht.

    Die Frage ist, wie freiwillig ist in einem Machtverhältnis Arbeitgeber-Arbeitnehmer solch eine Einwilligung? Hat eine eventuelle Scheinfreiwilligkeit juristisch Konsequenzen?

    Wer sich weigert einzuwilligen, dem liegt ja offensichtlich die Firma nicht am Herzen.

  • Klasse Kolumne!

    Es wäre toll, wenn mal ein Artikel zu der Frage erscheinen würde, in wie weit ein Arbeitgeber Websites wie beispielsweise YouTube oder Facebook blockieren darf. Ist das rechtens? Und wie sieht es während der Mittagspause o.ä. aus?