In der zweiwöchentlichen Serie „Unser Weg zum Start-up” berichtet Gründer Denis Rothhardt von seinem Weg zum eigenen Unternehmen und nimmt den Leser mit auf eine spannende Reise hinter die Kulissen der Start-up-Gründung. Diesmal: Erkenntnisse.
So simpel wie möglich
Die meisten Ideen, die man hat, sind eigentlich billig, lumpig oder klein. Meist verwirft man sie bevor sie überhaupt bis zum Ende erdacht wurden. Dennoch lohnt sich etliches davon auch tatsächlich entwickelt zu werden. Ich hatte schon vor einigen Jahren die Erkenntnis oder sagen wir eher die Theorie: Je simpler die Idee, desto erfolgreicher kann sie sein. Sind wir mal realistisch, komplizierte Sachen sind meist sehr spezifisch und für den Fachunkundigen in den meisten Fällen nicht mal im Ansatz umsetzungsfähig.
Simple Sachen hingegen sind oft alltagstauglich und mit ein bisschen Hirnschmalz und Fleiß auch umsetzbar. Wie simpel ist die Idee des Rades doch eigentlich? Wieso ist da z.B. bei den Maja oder Azteken, als hoch entwickelte Kulturen, keiner drauf gekommen? Ähnlich verhält es sich doch heute. Wenn man eine Idee hat, die völlig simpel klingt, wird man sie meistens nicht weiterspinnen und entwickeln, weil es das bestimmt schon gibt oder es zu simpel ist als dass sich da nicht schon jemand drum gekümmert hätte. Das ist der absolut falscheste Ansatz, den man annehmen darf. Besser ist es, die simpelste Idee als Priorität zu setzen und zu recherchieren.
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Hinter dem Produkt stehen
Meine Idee ist auch total simpel und eigentlich schon peinlich. Wirklich! Ich traue mich kaum, euch irgendwann mitzuteilen, was die simple Idee ist. Dennoch habe ich mich aber entschieden, dahinter zu stehen und es zumindest zu versuchen. Wenn ich am Ende scheitere, habe ich mir zumindest nicht vorzuwerfen, dass ich es nicht wenigstens gewagt habe. Derjenige, der die Fähnchen für Autos damals zur Fußball-WM entwickelt hat, muss doch auch reich geworden sein (soweit ich weiß, war es tatsächlich eine Einzelperson, die die Dinger erfunden hat). Denn mal ganz ehrlich, diese Idee ist an Einfachheit kaum zu übertreffen, oder?
Eigentlich ist diese Idee ja auch schon fast peinlich simpel. Das mit ernsthaftem Geschäftssinn zu verfolgen, ist aber wiederum mutig. Jeder, der davon hört, denkt doch als erstes, dass hier eine Idee aus einer Bierlaune entstanden ist und eigentlich auch nur im Halb-Suff weiterverfolgbar ist. Denn wenn ich an den Erfinder dieser Fähnchen denken muss – wohl gemerkt, ich kenne ihn wirklich nicht – denke ich eher an einen Typ mit kurzer Sporthose und einem viel zu kurzen Fußball-Trikot über dem dicken Bierbauch. Und nicht an einen tüftelnden Einstein.
Der Fehler des Nicht-Versuchens
Dennoch fragt man sich unweigerlich, warum da noch kein anderer drauf gekommen ist. Meine Theorie dazu ist eher die, dass zwar zig andere schon darauf gekommen sind, aber eben gedacht haben, es hat sich schon jemand anderes darum gekümmert, ist aber wahrscheinlich gescheitert, denn schließlich gibt es die Fähnchen ja nicht auf dem Markt. Oder vielleicht empfand man verständlicherweise auch diese Idee als so lächerlich, dass man sich damit selbst lächerlich machen würde.
Die Steine, die im Weg liegen
Der Stolz steht einem also oft im Weg. Leider musste ich auch eher auf die harte Tour feststellen, dass das, was man neben der Bürokratie und den Motivationslöchern noch überwinden muss, leider viel zu oft der eigene Charakter ist. Was habe ich für unsinnige Kämpfe und Gespräche mit mir selbst ausgetragen um meine eigene Psyche zu formen oder gar zu besiegen. Bloß mal eine kleine Aufzählung dessen, was auch mich täglich geplagt hat, überhaupt weiter zu machen:
- Stolz
- der Schweinehund, der sagt, dass da bestimmt schon jemand anderes dran ist
- die Angst zu scheitern
- die Angst vor dem weiten Weg bis es endlich läuft
- die Motivationsschwelle; jeden Tag aufs Neue weiter zu basteln und sich nicht von diversen Sachen ablenken zu lassen
- für eine Stunde lohnt das doch eigentlich nicht
- ich muss eigentlich auch noch den Spüler ausräumen
- eigentlich wollte ich mich doch mit einem Freund treffen
- eigentlich, eigentlich, eigentlich
Das Wort „eigentlich“ ist für jede Art von Vorankommen ein tödliches Wort. Ich muss jeden Tag dagegen ankämpfen. Allein schon deswegen, weil ich nach dem Hauptjob noch ein wenig Zeit mit meiner Familie verbringe, dann noch ein wenig Haushalt (irgendwas liegt immer an), duschen, rasieren, um dann festzustellen, dass man ja schon ganz schön K.O. ist. Und dann ist ja auch nur noch eine Stunde Zeit bevor man selber ins Bett will.
Ich muss mir dann jedes mal bewusst machen, dass das der falsche Ansatz ist. Denn wenn man einmal am Schreibtisch sitzt und seine Wohlfühl-Arbeitsatmosphäre geschaffen hat und im „Flow“ ist, dann kommt die Müdigkeit und Abgeschlagenheit kaum noch durch bzw. erst viel später. Das Wichtigste an der ganzen Sache ist einzig das Wissen über die eigenen Schwächen, um diese dann anzupacken und zu bewältigen. Ich für meinen Teil habe in etlichen Gesprächen bereits mitbekommen, dass es völlig normal ist, gegen den eigenen, manchmal extrem intelligenten Schweinehund zu kämpfen. Das ist oft, zumindest bei mir, ein wirklicher Krieg. Ich bin mir aber ganz im Sinne des Tsun-Zu bewusst, dass ich nicht jede Schlacht gewinnen muss um am Ende trotzdem den Krieg gegen meinen Schweinehund zu gewinnen.