Wir alle sterben. Manche früher, manche später. Und doch steht fest, dass unser aller Leben irgendwann ein Ende nimmt. Durch menschelnde digitale Netzwerke wie Facebook, Google+ oder Twitter können Lebenszeichen immerhin in der digitalen Welt konserviert, bewahrt und bei Interesse von Trauernden angesteuert werden. Doch wer kümmert sich um die Pflege von Profilen, die durch einen Todesfall verwaisen? Wer ist zur Löschung berechtigt? Wir haben uns umgeschaut und möchten Licht an einen eher dunklen, aber für uns alle relevanten Ort bringen.
Dem Tod ganz nah
Gibt es ein Leben nach dem Tod? Ich habe keine Ahnung. Was ich aber ganz sicher weiß: In sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder Twitter ist das Fortleben immerhin auf digitale Art und Weise für jedermann möglich. Dies machte mir ein Todesfall klar, der vor gar nicht langer Zeit recht verstörend auf mich wirkte. Als Germanwings-Flug 4u9525 verunglückte, erreichte mich Tage später die Nachricht, dass eine Person unter den Opfern sei, die ich kannte. Die Katastrophe war plötzlich ganz nah, ich wollte es nicht glauben. Ein Blick auf die Facebook-Seite der Person offenbarte dann jedoch sehr deutlich, dass die Information stimmte.
Vor Kurzem dann ein Gänsehaut-Moment: die Facebook-App auf meinem Smartphone erinnerte mich an den Geburtstag der verunglückten Person. Ich konnte kaum glauben, dass das Profil weiterhin online erreichbar und einsehbar war. Ein Blick zeigte mir auf der Pinnwand Glückwünsche von engen Freunden, angereichert mit persönlichen, gemeinsam Bildern und Erinnerungen. Im ersten Moment fand ich das verstörend, im zweiten Moment dann auf eine Weise emotional wertvoll.
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Diese ganz persönliche Erfahrung machte mich neugierig und gab letztlich den Impuls, mich näher mit dem Thema „Tod und soziale Medien“ auseinander zu setzen. Schließlich geht dieses Thema uns alle an. Zunächst ein Blick darauf, welche Möglichkeiten das populärste soziale Netzwerk seinen Nutzern und deren Angehörigen an die Hand gibt.
Facebook: Konto löschen oder in Gedenkzustand versetzen
Facebook bietet Angehörigen und Freunden die Option, ein aktives Konto eines Verstorbenen in den sogenannten „Gedenkzustand“ zu versetzen. Dazu ist das Ausfüllen eines Antrags notwendig, der über den Hilfe-Bereich von Facebook erreichbar ist:
Angehörige haben auch die Möglichkeit, Konten nach dem Ableben einer Person löschen zu lassen. Diese Option bietet sich insbesondere dann an, wenn der Gedenkzustand nicht infrage kommt. Um die Löschung der Konten auf den Weg zu bringen, steht ein spezielles Formular zur Verfügung, eine „Besondere Anfrage bzgl. des Kontos einer verstorbenen Person„. Neben Details zum Antragsteller und einem Link zum betroffenen Profil ist ein offizieller Nachweis erforderlich, der den Antragsteller als familienzugehörig ausweist:
Du musst ein offizielles Dokument, wie die Sterbeurkunde oder die Geburtsurkunde der verstorbenen Person oder einen rechtsgültigen Nachweis einer Behörde hochladen.
Nachdem Facebook die Angaben geprüft hat und das Konto gelöscht wurde, ist es nicht mehr abrufbar. Es kann dabei bis zu 90 Tage dauern, bis alle Fotos, Statusmeldungen „oder andere in den Sicherungssystemen gespeicherten Daten“ auch tatsächlich gelöscht sind. Angemerkt sei, dass Nachrichten, die mit anderen Facebook-Nutzern ausgetauscht und nicht zuvor gelöscht wurden, auch nach der Löschung sichtbar sind.
Facebook Gedenkzustand: Platz für Trauer und Anteilnahme
Der Gedenkzustand von Facebook-Profilen zeichnet sich durch verschiedene Merkmale aus. Wie auf dem anonymisierten Beispielbild unten zu sehen, wird rechts neben dem Profilbild und über dem Namen der Hinweis „In Erinnerung an“ ergänzt. Alle bis dahin enthaltenen Informationen, Pinnwandeinträge und Bilder bleiben erhalten. Auch ist es weiterhin möglich, Beiträge auf der Seite zu teilen, sofern in den Privatsphäre-Einstellungen erlaubt. In den Gedenkzustand versetzte Profile erscheinen nicht öffentlich, etwa als „Person, die du vielleicht kennst“, als Werbeanzeigen oder als Geburtstagserinnerung – auch ist ein Login nicht möglich.
Änderungen auf dem Profil können von einem Nachlasskontakt über den „Verwalten“-Button rechts unten auf dem Titelbild eingepflegt werden. Daran interessant: der Nachlasskontakt kann bereits zu Lebzeiten von allen Facebook-Mitgliedern über 18 definiert werden. Dazu sind folgende Schritte notwendig:
- die Facebook-Einstellungen (rechts oben) aufrufen
- dort auf Sicherheit klicken
- Nachlasskontakt aufrufen
- Namen eines Freundes eingeben und „hinzufügen“ klicken
- den neuen Nachlasskontakt mit einer Direktnachricht darüber informieren
Auf der Einstellungsseite lässt sich jedoch nicht nur ein Nachlasskontakt definieren, sondern auch selbst entscheiden, was nach dem Ableben mit der eigenen Facebook-Profilseite geschehen soll. Wem eine Seite im Gedenkzustand nicht zusagt, der kann die Kontoauflösung mit dem Setzen eines Häkchens forcieren:
Google: Löschung bei Inaktivität
Nachdem wir wissen, welche Möglichkeiten beim größten sozialen Netzwerk Facebook zur Verfügung stehen, werfen wir einen Blick auf die Nachlass-Verwaltungsoptionen von Google. Der Suchmaschinen-Riese geht einen ähnlichen Weg wie Facebook. Auf einer speziellen Kontaktseite haben Angehörige die Möglichkeit, Google-Konten von Verstorbenen löschen zu lassen. Dies umfasst alle Google-Dienste, von Blogger bis Gmail.
Eine weitere Option, die den digitalen Nachlass etwas bequemer organisieren lassen soll, ist der „Google Kontoinaktivitäts-Manager“.
Dieser erlaubt es Google-Kunden, eine individuelle Inaktivitäts-Frist zu definieren. Wird nach dieser Zeit keine Aktivität festgestellt, verschickt Google an den Konto-Inhaber eine SMS oder eine E-Mail mit der Aufforderung, weitere Schritte einzuleiten. Passiert auch dann nichts, schaltet Google zuvor definierte Angehörige ein. Wenn gewünscht, können diese Kontakte dann auch alle Daten aus dem Google-Konto herunterladen.
Auch Flickr, Xing und Twitter bieten Lösch-Möglichkeiten
Neben Google und Facebook haben auch andere soziale Netzwerke realisiert, dass der Tod ganz eindeutig zum Leben gehört. Allerdings bieten Twitter oder Flickr lediglich die Löschung von Accounts an und keinen Inaktivitäts-Manager oder einen Gedenkstatus.
Bei Twitter dauert es 30 Tage, bis die Daten von Verstorbenen gelöscht werden – ein Zugriff auf die Konten ist seitens Angehöriger nicht möglich. Twitter verlangt neben der Sterbeurkunde eine notarielle Beglaubigung, aus der die Beziehung zum Verstorbenen ersichtlich ist. Ein wenig unkomplizierter läuft es bei Xing: das Netzwerk für Berufstätige schaltet Profile von Verstorbenen nach dem Erhalt einer simplen Benachrichtigung inaktiv, leitet im Anschluss eine interne Prüfung ein und löscht nach mehrmaligem Anschreiben des Profil-Inhabers nach drei Monaten alle Daten.
Eine kompakte Übersicht darüber, wie die populärsten sozialen Netzwerke den Tod ihrer Mitglieder handhaben, bietet der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. auf der interaktiv gestalteten Infoseite machts-gut.de. Dort finden sich neben diversen Checklisten für Hinterbliebene und Interessierte auch Informationen darüber, wie die übrigen Internet-Anbieter mit Daten von Verstorbenen umgehen. Eine schöne Sache, wird durch die direkte Ansprache der Besucher doch die Wahrnehmung über das sensible Thema durchaus gesteigert.
ETER9: Postings über den Tod hinaus
Für alle, denen beim Gedanken an den Tod und die Löschung der digitalen Fußspuren unwohl wird, möchte ich abschließend noch auf das neue Netzwerk ETER9 hinweisen, das soziale Netzwerk für die Ewigkeit.
Nach der Anmeldung lernt die künstliche Intelligenz des Netzwerkes mit der Zeit, welche Beiträge geliked, geteilt oder erstellt werden und führt diese Aktivitäten bei Inaktivität oder nach dem Ableben selbstständig fort. ETER9 hat mittlerweile immerhin über 5.000 Mitglieder mit stark steigender Tendenz. Derzeit arbeiten die Entwickler an einer neuen Software, die auch Daten aus externen Netzwerken wie Facebook analysieren und nutzen können. Gruselig, wie ich finde.
Entscheidet selbst!
Ob ETER9 durch diese antrainierte Selbstständigkeit nicht vielleicht doch eher ein „asoziales“ oder „anti-soziales Netzwerk“ ist, das muss jeder für sich selbst entscheiden. Genau so, wie es nach dem Tod mit den eigenen digitalen Daten bei Facebook, Google und Co. weitergehen soll. Egal ob Gedenkstatus oder Löschung, ob reale oder digitale Fußabdrücke – der Tod gehört zu unserem Leben und wir sollten uns ernsthafte Gedanken darüber machen, wie es mit unserem Erbe weitergeht, wenn unsere Zeit endet.
Schön, dass die Internetriesen unserer Zeit sich der Wichtigkeit dessen bewusst sind und uns Werkzeuge an die Hand geben, mit denen wir selbst Herr über diese sensiblen Informationen bleiben. Unschön, dass ebendiese Riesen solch essentielle Punkte in undurchsichtigen Hilfe-Seiten verstecken, nur verhalten über die Möglichkeiten informieren und es Angehörigen damit nicht gerade einfacher machen.
Womöglich ändert sich das, wenn die Anzahl der Todesfälle durch eine alternde Internet-Nutzerschaft irgendwann deutlich ansteigt. Bis dahin ist es an jedem Einzelnen, durch eigene Vorsorge die notwendige Nachsorge durch selbst getroffene Entscheidungen möglichst gering zu halten.