In der wöchentlichen Kolumne Boris berät beantwortet euch Rechtsanwalt Boris Burow eure Fragen zum Thema Internet-, IT- und Social-Media-Recht. Dabei handelt es sich nicht um juristische Abhandlungen, sondern um eine verständliche Erklärungen der Rechtslage.
Abmahnungen von Essensbildern
Widmen wir uns dem Thema Foodporn. Vor einigen Tagen stolperte ich über einen Artikel der Welt. „Das Fotografieren von Essen könnte teuer werden“ – so lautete die Überschrift und meine Neugier war sofort geweckt. Es war recht schnell klar, dass es hier wieder einmal um das Thema Abmahnungen für Bilder im Internet geht. Der Artikel der Welt bezog sich wiederum auf eine Veröffentlichung der Zeitschrift Finanztest, die ihren Lesern zuletzt geraten hatte, „Essen nicht einfach zu fotografieren“.
Daher nehme ich meine erste Kolumne zum Anlass, um der Frage nachzugehen, ob es wirklich rechtlich gefährlich ist, Essen zu fotografieren. Völlig einfach lässt sich die Frage beantworten, wenn ich mein Essen selbst gekocht, bzw. auf dem Teller arrangiert habe und davon persönlich ein Foto mache. In diesem Fall stehen mir sämtliche Rechte an dem Foto zu, sodass ich in keinem Fall die Rechte Dritter verletzen kann.
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Ausnahmen im Urheberrecht
Abzugrenzen ist die Problematik auch von einer Konstellation, die häufig im Internet anzutreffen ist. Sofern nicht ich selbst das Foto von dem Essen gemacht habe sondern ein Dritter, gilt, dass dieser Dritte grundsätzlich der Urheber des Fotos ist. Sofern das Foto selbst also kein urheberrechtlich geschütztes Werk enthält, habe ich dennoch das Urheberrecht des Fotografen zu beachten, sodass es mir zum Beispiel nicht erlaubt wäre, ein Foto, welches ein Schnitzel mit Pommes Frites und Salat zeigt, im Internet zu veröffentlichen, wenn dies von einem Dritten aufgenommen wurde.
Eine Ausnahme ist dort zu machen, wo der Dritte aktiv erlaubt hat, dass das Foto auf meiner eigenen Website verwendet werden darf. In solchen Fällen ist aber auch genau zu prüfen, wie und unter welchen Umständen ich das Foto verwenden darf. So kann ein Fotograf verfügen, dass das Foto auf einer privaten Webseite oder in einem Blog verwendet werden darf aber nicht zu kommerziellen Zwecken. Hier ergeben sich oft Abgrenzungsschwierigkeiten, sodass man solche rechtlichen Einschränkungen genau prüfen sollte, um nicht in die Gefahr zu geraten, abgemahnt zu werden. Gleiches gilt auch, wenn die Verwendung des Fotos für jegliche Zwecke erlaubt ist unter der Bedingung, dass der Name des Fotografen hinzugefügt wird.
Ist Essen Kunst?
Was rechtlich unproblematisch ist, ist fremde Fotos für private Zwecke zu vervielfältigen. So ist es mir erlaubt, ein Foto, welches ich im Internet gefunden habe, für meinen Computer als Bildschirmhintergrund zu benutzen oder es auszudrucken und als Poster an die Wand zu hängen. Weiterhin darf ich ein solches Foto auch einem Bekannten schicken.
Kommen wir nun zu der Konstellation, die dem Artikel der Welt zugrunde lag. Der klassische Fall ist, dass jemand sein Essen fotografiert und die Bilder bei Instagram, Facebook oder auf anderen Webseiten hochlädt; gerne auch garniert mit dem Hashtag #Foodporn. Die Welt kommt sodann zur Einschätzung, dass das Hochladen von Bildern in den sozialen Netzen ein Drahtseilakt darstellen würde.
Richtig ist, dass demjenigen, der Urheberrechte verletzt, eine Abmahnung droht. Abmahnung bedeutet im dem Fall, dass meist ein Rechtsanwalt im Namen des Rechteinhabers den Abgemahnten auf seine rechtswidrige Handlung hinweist, ihn aber auffordert, diese Handlung in Zukunft zu unterlassen und meist Schadensersatz und Ersatz von Rechtsanwaltskosten fordert. Solche Forderungen können gegenüber Privatpersonen und Unternehmen hohe Summen erreichen.
1.000 Euro Schadensersatz für Bilder
Zwar wurde für Verbraucher in Bezug auf die Rechtsanwaltskosten eine Begrenzung eingeführt und die Gerichte tendieren auch dazu, bei Verbrauchern deutliche andere Schadensersatzbeträge in Ansatz zu bringen als bei Unternehmen, dennoch ist auch hier Vorsicht geboten. Bei Unternehmen sieht die Rechtslage zwar grundsätzlich ähnlich aus, jedoch mit dem Unterschied, dass hier schnell Beträge von 1.000 Euro und mehr für wenige Fotos als Schadensersatz und Ersatz für entstandene Rechtsanwaltskosten verlangt werden können.
Die Frage, die sich also stellt, ist, ob das Essen, das ich serviert bekomme, überhaupt urheberrechtlich geschützt sein kann. Wenn dies der Fall ist, ist es alleine dem Urheber vorbehalten, dieses Werk zum Beispiel zu vervielfältigen oder öffentlich zugänglich zu machen. Eine Vervielfältigung kann aber nicht nur dadurch geschehen, dass ich das gleiche Medium benutze, sondern der Begriff der Vervielfältigung ist weit auszulegen. Wenn also das Arrangement eines Essens urheberrechtlich geschützt ist, dann wäre es eben dem Urheber vorbehalten, dieses Arrangement zu benutzen und ein Dritter dürfte das Essen nicht in gleicher Art und Weise arrangieren.
Neue Regelungen bei der Schöpfungshöhe
Aber zusätzlich wäre es auch nicht gestattet, ein Foto von diesem Arrangement zu machen, weil auch dies als Vervielfältigung im Sinne des Gesetzes gilt. Das heißt, rein rechtlich kann das Foto von urheberrechtlich geschütztem Essen eine unrechtmäßige Vervielfältigung sein. Wobei hier zu sagen ist, dass das Foto, dass ich für rein private Zwecke fertige, wiederum von der sogenannten Privatkopie umfasst ist. Das Hochladen dieses Fotos ins Internet, in dem ich es auf einer Website bereitstelle, wäre dann aber eben ein Eingriff in das Recht zur öffentlichen Zugänglichmachung des Urhebers.
Die spannende Frage ist jetzt also die, ob das Arrangement eines Essens überhaupt urheberrechtlich geschützt sein kann. Richtig ist, dass der BGH mit einem Urteil vom 13.11.2013 im Bereich des Urheberrechts wesentliche Änderungen beschlossen hat, was die sogenannte Schöpfungshöhe von Werken der angewandten Kunst und der zweckfreien bildenden Kunst betrifft. Nach dem Urheberrechtsgesetz können nämlich Kunstwerke urheberrechtlichen Schutz genießen. Und ein solches Kunstwerk müsste das Essen sein, um einen urheberrechtlichen Schutz zu erhalten.
Es wird kompliziert: Geschmacksmusterrecht
Beim Thema Kunstwerk hat die Rechtsprechung immer zwischen dem Werk der angewandten Kunst und den Werken der bildenden Kunst unterschieden. Es ging hierbei darum, dass Kunst, die primär einen Zweck verfolgt, schwerer nach dem Urheberrecht zu schützen war als die sogenannte bildende Kunst. Wenn also jemand Möbel entworfen hat, handelte es sich hierbei um die Werke der angewandten Kunst, die schwerer urheberrechtlich zu schützen sind. Wenn jemand eine Kunstinstallation erschaffen hat, die zum Beispiel in einem Museum ausgestellt wurde, so waren die Anforderungen geringer.
Da es parallel eine Neugestaltung des Geschmacksmusterrechts gab (das Wort Geschmacksmuster lässt sich am einfachsten mit dem Wort Design gleichsetzen) und dadurch das Urheberrecht und das Geschmacksmusterrecht in unterschiedliche Richtungen gehen, hat der BGH also festgestellt, dass an den Urheberrechtsschutz von den Werken der angewandten Kunst keine anderen Anforderungen zu stellen sind als an den Urheberrechtsschutz von Werken der zweckfreien bildenden Kunst. Es genügt daher, dass sie eine Gestaltungshöhe erreichen, die es nach Auffassung der für kunstempfänglichen und mit Kunstanschauungen einigermaßen vertrauten Kreise rechtfertigt, von einer künstlerischen Leistung zu sprechen. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass sie die Durchschnittsgestaltung deutlich überragen.
Farbliche Besonderheiten beim Arrangement von Essen?
Die Frage lässt sich also – wie so oft in der Juristerei – nicht eindeutig mit Ja oder Nein beantworten. Es kommt leider wie so oft auf die Umstände des Einzelfalls an. Man wird aber sagen können, dass ein Großteil des Essens, das wir serviert bekommen, definitiv nicht urheberrechtlich geschützt ist. Erst wenn ein Koch beim Essen eine kreative Leistung erbringt, die über das Normalmaß hinausgeht und die sich nicht in Notwendigkeiten erschöpft, wird man eventuell von einer urheberrechtlich geschützten künstlerischen Leistung sprechen können.
So ist es zum Beispiel logisch, dass die Speisen auf dem Teller getrennt angeordnet werden. Etwas anderes kann gelten, wenn verschiedene Saucen arrangiert werden, sodass sich Muster ergeben und das Essen sowohl farblich als auch ästhetisch eine Besonderheit darstellt. In diesen Fällen könnte ein urheberrechtlicher Schutz gegeben sein. In diesem Fall ist es dann formaljuristisch eine Urheberrechtsverletzung, wenn man das Essen fotografiert und ein solches Foto im Internet hochlädt.
Wahrscheinlichkeit für Abmahnung eher gering
Richtig ist auch, dass juristischer Ärger droht, wenn man sich an ein generelles Fotografieverbot im Restaurant nicht hält. Dies hat mit dem Urheberrecht aber nichts zu tun, hier geht es allein um das Hausrecht des Eigentümers, der Fotos im Innenbereich verbieten darf.
Selbst wenn man nun aber ein Foto rechtswidrig im Internet veröffentlicht hat, stellt sich die Frage, wie wahrscheinlich ist es, dass man abgemahnt wird. Ich halte dies für hochgradig unwahrscheinlich. Ein Restaurantbesitzer wird sich gegen Fotos seines Essens höchstwahrscheinlich nicht wehren. Vielleicht wehrt er sich, wenn es mit dem Foto eine schlechte Kritik gibt. Ansonsten ist aber auch zu beachten, dass nicht jeder zwingend berechtigt ist, die Verletzung von Urheberrechten zivilrechtlich zu verfolgen.
#Foodporn ist kein Minenfeld
Grundsätzlich stehen nämlich die Rechte nur dem Urheber zu. Wenn also der Koch derjenige ist, der das Essen arrangiert hat, stehen ihm die Urheberrechte zu. Waren es zum Beispiel mehrere Köche gemeinsam, so stehen ihnen auch nur gemeinschaftlich die Urheberrechte zu. Wenn Arbeitnehmer aber urheberrechtlich geschützte Werke erschaffen, so kann es sein, dass per Arbeitsvertrag die Rechte hieran auf den Arbeitgeber übertragen werden. In diesem Fall hätte dann der Arbeitgeber die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte und könnte entsprechende Ansprüche geltend machen. Das heißt, auch hier müsste erstmal geklärt werden, wer überhaupt letztlich Urheber ist bzw. wem die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte zustehen.
Zusammengefasst gilt, wie so oft: das Urheberrecht ist ein Minenfeld, bei dem es sehr viele Details und Spezialfälle zu beachten gibt. Ein Sachverhalt im Urheberrecht kann völlig unproblematisch sein, während kleine Veränderungen ergeben, dass plötzlich ein urheberrechtswidriges Handeln vorliegt. Das Fotografieren von Essen und Veröffentlichen im Internet ist aber meines Erachtens kein Minenfeld. Einzig und allein bei extrem kreativen Leistungen sollte man ggf. vorsichtig sein und einfach um Erlaubnis fragen.
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