In der Bahn unterwegs und keine Lust darauf, noch die Nachrichtenwebsites und -Apps zu durchforsten und sich auf den neusten Stand zu bringen? Oder vielleicht im Auto und keine Hand frei, um einen Text zu lesen? Die App Phonicle hat dafür eine Lösung geschaffen und will Verlagsinhalte hörbar machen. Keine neue Idee, aber eine sehr gut umgesetzte. // von Tobias Gillen
Die Medienwelt steht vor großen Veränderungen. Bis vor ein paar Wochen war das immer so ein Satz, bei dem man sich gefragt hat: Wann kommen sie denn nun endlich, die ganz großen Veränderungen? Jetzt sind sie da: Facebook Instant Articles, Blendle, Apple News sorgen aktuell für Schlagzeilen. Es wird diskutiert, wie Inhalte wo angezeigt werden sollten, was sie idealerweise kosten und wie hoch der Anteil der Werbebeteiligung sein muss.
Spannende Zeiten also, in die das Start-up Phonicle aktuell reinwächst. Auch hier liegt die Kooperation eines Technik-Unternehmens (wenn auch – noch – eines sehr kleinen) mit der Verlagswelt zugrunde. Doch von Anfang: Was ist Phonicle eigentlich?
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Nachrichteninhalte hörbar machen
Die App, die es für iOS und Android gibt, bietet ihren Nutzern an, Artikel von großen Nachrichtenseiten oder Debattenmagazinen zu hören statt sie zu lesen. Zugegeben: Eine neue Idee ist das jetzt nicht, immerhin bieten viele Websites (meist aus dem Tech-Bereich) inzwischen gesprochene Inhalte an. Und auch das Text-to-Speech-Konzept ist keine neue Erfindung. Aber die Umsetzung überzeugt dann doch.
Entstanden ist die Idee, das verrät Mit-Gründerin Rona Brunko auf BASIC thinking-Nachfrage, während einer Autofahrt Ende 2014. Da liest sie Mit-Gründer Ben Ege einen Artikel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vor. Witzigerweise ist es dann, sechs Monate später, auch eben diese Frankfurter Allgemeine Zeitung, die als erstes Medienhaus mit Phonicle kooperiert und die Inhalte zur Verfügung stellt.
24-köpfiges Team, darunter 16 Sprecher
Ege und Brunko haben noch weitere Verlage und Medien gefunden. Aktuell sind es neben der FAZ noch der Kicker, das Handelsblatt, die Wirtschaftswoche und dpa, AFX sowie Cicero und das Debattenmagazin The European. Zudem sei man mit weiteren Verlagen in Verhandlung, dürfe „dazu aber leider noch nichts öffentlich machen“, lässt sich die Unternehmenssprecherin zitieren. Zudem bietet man Nachrichten aus dem eigenen Haus an.
Das Team besteht aktuell aus 24 Mitgliedern, wie Phonicle auf BASIC thinking-Nachfrage mitteilt: den zwei Gründern, drei IT-Mitarbeitern, drei Werksstudenten für Social Media und Design sowie einem 16-köpfigen Sprecherpool, der durch eine Kooperation mit dem beliebten Webradio detektor.fm bei der Vertonung der Inhalte hilft.
Mit dem Sessel-Modus chronologisch hören
Die App überzeugt mit Übersichtlichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Über ein Menü kann man seine Lieblingsthemen auswählen. Zur Verfügung stehen News, Politik, Wirtschaft, Feuilleton, Gesellschaft und Sport. Hat man das erledigt, sortiert Phonicle die neusten Berichte aus den Bereichen in einer Art Newsstream.
Hier sieht man das Medium, den Titel, die Anzahl der Hörerschaft (die aktuell noch bei recht mageren 10 bis 80 Klicks liegt) sowie die Dauer der Aufzeichnung. Über einen sogenannten „Sessel-Modus“ kann man sich gleich alle Nachrichten chronologisch vorlesen lassen.
Preis für Komfort: Nutzer verlieren Auswahl-Hoheit
Klar ist aber auch, dass Phonicle nicht in der Lage ist, alle Artikel der teilnehmenden Medien einzusprechen. Entsprechend übernimmt die Vorauswahl das Redaktionsteam. Man hört also, was andere ausgesucht haben, was gegebenenfalls dann doch nicht so hundertprozentig ins Interessensgebiet passt. Eine genauere Auswahl durch spezifischere Kategorien wäre hier sicher ein Lösungsansatz (bspw.: Politik -> Ausland; Technik -> Apple; Sport -> Fussball). Trotzdem verliert der Nutzer die Hoheit über die Auswahl der konsumierten Inhalte, sind seine Themen eben nicht dabei, muss er die App verlasen. Das ist eben der Preis für den Komfort.
Die Frage ist nun, warum genau ein Medium seine Inhalte an Phonicle abgeben sollte. Laut einer Phonicle-Sprecherin sei es für die Medien „ein erweiterter Kanal zu publizieren“. Klingt bei den noch sehr geringen Klick- bzw. Hörerzahlen eher weniger nach einem schlagkräftigen Argument für Millionen Klicks schwere Nachrichtenseiten.
Zukünftig sollen aber auch Werbeeinnahmen hinzukommen. Während der Beta-Phase bleibe Phonicle noch komplett kostenlos, danach komme zudem eine Freemium- und Premium-Version hinzu, mit der dann auch Phonicle die laufenden Ausgaben decken will. Wünschenswert wäre zudem noch eine Offline-Funktion, um unterwegs nicht so viel Datenvolumen zu verbrauchen.
Fazit: Keine neue Idee, aber eine gut umgesetzte
Die Idee von Phonicle ist nicht neu, aber ziemlich gut umgesetzt. Das liegt zum Großteil auch an der Unterstützung durch detektor.fm, das qualitativ hochwertige Aufnahmen bereitstellt. Wenn es Phonicle nach der Beta-Phase schafft, die üblichen Probleme eines Start-ups – Finanzierung, Beteiligung der Verlage, … – zu lösen, könnte daraus ein toller Service für Nachrichtenjunkies werden, die viel unterwegs sind. Dazu braucht es dann aber noch eine Offline-Funktion sowie eine größere Auswahl an Medienhäusern und spezifischere Auswahlmöglichkeiten.