Mancher Freitagabend auf der Couch artet in wildes Gezappe zwischen Not und Elend aus. Das lineare Fernsehprogramm verliert bei mir immer mehr an Interesse und Zuwendung, Mediatheken-Apps und On-Demand-Angebote hingegen gewinnen an Beliebtheit. Aus gegebenem Anlass ein Rund-um-Check eben dieser mobilen Apps.
Nein, dieser Text soll nicht ausarten in das übliche, leider trotzdem berechtigte Fernsehprogramm-Bashing. Es gibt nämlich durchaus die ein oder andere Bewegtbild-Perle, die es sich anzuschauen durchaus lohnt. Das Problem: Diese Perlen laufen meistens nicht, wenn ich vor dem Fernseher sitze.
Immerhin sind wir inzwischen so weit, dass man vieles davon mit Mediatheken-Apps auf Abruf nachschauen kann. Ich habe mir deshalb die Apps von der ARD, den Dritten Programmen, ZDF, die RTL-Now-Apps, die 7TV-App von ProSieben, Sat.1 und kabel eins sowie Sky, Zattoo und MySpass angeschaut. Ein kleiner Rund-um-Check.
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ARD Mediathek
Anders als beim ZDF hat Das Erste diverse Apps für das Hauptprogramm und die Dritten Sender. Dabei wird dem Nutzer auf Anhieb nicht ganz klar, welche der Apps er nun herunterladen muss, um ARD-Inhalte on-demand zu konsumieren. ARD Mediathek versucht dabei alles zu bündeln und zudem Livestreams zu den Dritten Programmen sowie Arte und 3sat anzubieten.
Was direkt auffällt, ist, dass die App nicht iPhone-6-optimiert ist. Bedeutet: Alles wird vom 4″-Display auf die größeren 4,7″- bzw. 5,5″-Displays hochskaliert. Das sieht nicht nur mies aus, sondern hat auch Einbußen in der Nutzerfreundlichkeit zur Folge. Nach einem Dreivierteljahr sollte ein Medienhaus eigentlich in der Lage sein, eine App nutzerfreundlich zu optimieren.
Ansonsten findet man alles, was man braucht. Inhalte werden unterteilt in Aktuelles, Nachrichten, Dokus und Reportagen, Filme oder beliebte Sendungen. Über das Menü kann man Sendungen von A bis Z suchen, zum Livestream aller ARD-Sender springen und Sendungen suchen.
Fazit: ARD Mediathek ist solide, aber nichts Besonderes. Man findet, was man erwartet, wird aber enttäuscht bei der Darstellung (zumindest als iPhone-6-Nutzer).
Dritte Programme (am Bsp.: WDR, rbb, BR, Arte)
Wer es regionaler mag, kann sich eine der vielen Apps der dritten Programme anschauen. Die App des Westdeutschen Rundfunks bietet einen Livestream zum WDR Fernsehen, Streams zu den vielen WDR-Hörfunkwellen (die leider allesamt regelmäßig abstürzen) und einen Link zur Mediathek.
Und mit Link ist leider tatsächlich ein Link gemeint, raus aus der App, rein in den mobilen Browser, zurück ins Jahr 2009. Wenn die ARD schon unzählige Apps rausbringt (für die Radiowellen und manche Sendungen gibt es ja teils auch noch eigene), dann sollten diese auch bitte einen angemessenen und nutzerfreundlichen Funktionsumfang haben.
Die rbb Mediathek ist quasi die ARD Mediathek mit regionalen Inhalten: Nicht optimiert, dafür der gleiche Aufbau und ein zufriedenstellender Funktionsumfang. Positiv fällt der Bayerische Rundfunk mit seiner BR Mediathek auf. Die ist optimiert, übersichtlich, bildlastig, schick und funktional. So wie eine Mediathek-App im Jahr 2015 aussehen sollte. Zudem kann man Sendungen abonnieren, eine Programmübersicht und favorisierte Sendungen abrufen. Der Süden geht positiv voraus. Da reiht sich übrigens auch die Arte-App ein, die sehr modern und übersichtlich ist
Fazit: Die Unterschiede in den Mediatheken-Apps sind überraschend groß. Während der WDR, sonst gerne digitaler Vorreiter, schlapp macht, liegt der rbb im Mittelfeld und der BR und Arte rocken.
RTL Now-Apps (RTL, RTL 2, VOX)
Qualitätsinhalte wie Berlin – Tag & Nacht oder Das Dschungelcamp – wer möchte die nicht auf Abruf per App anschauen? Entsprechend ist es schon fast ein Segen, dass die RTL-Senderfamilie seine Mediathek-Inhalte von RTL, RTL 2 und VOX in seinen Now-Apps kostenpflichtig versteckt. (Update, April 2016: Inzwischen in einer gesammelten App TV Now.)
Denn wer die Apps herunterlädt, muss nach einer kostenlosen Testphase von 30 Tagen und einer Anmeldung bezahlen. 1,99 Euro monatlich, 9,99 Euro halbjährlich oder 17,99 Euro jährlich kostet das und dürfte die meisten Nutzer gleich abschrecken. Für die Gebühr kann man dann aber auch im Browser Inhalte abrufen.
Wer also Fan von RTL-Produktionen und bereit ist, dafür zu bezahlen, findet in den Apps dann eine angenehme Steuerung und optisch ansprechende Aufbereitung auf einem technischen Stand diesen Jahres.
Fazit: Die RTL Now-Apps sind alle gleich, bieten also den selben Funktionsumfang. Trotzdem sind Anmeldung und Bezahlung eine große Hürde für viele Nutzer. Und auf die Werbung könnte man dann auch verzichten.
7TV (ProSieben, Sat.1, kabel eins)
ProSiebenSat1 bündelt seine Sender-Mediatheken in einer App. In 7TV finden sich die Inhalte der Sender ProSieben, Sat.1, kabel eins, sixx, ProSieben MAXX und Sat.1 Gold – ein ganzer Packen also. Ich finde es angenehm, alle Sender in einer App gebündelt zu bekommen. Warum sollte man dem Nutzer innerhalb einer Senderfamilie auch zumuten, diverse Apps herunterzuladen (räusper, RTL)?
Über eine horizontale Menüleiste kann ich zwischen den Sendern wechseln, in der Vertikalen finde ich die Inhalte. Zudem gibt es eine Highlight-Übersicht, eine Mediathek mit allen Inhalten, Livestreams sowie eine Programmübersicht der Sender. Außerdem ein persönlicher Bereich, den man selbst füllen kann.
Fazit: Die 7TV-App wird seit Monaten ziemlich penetrant beworben. Wer sie aber heruntergeladen hat, wird nicht enttäuscht. Im Gegenteil: ProSiebenSat1 rockt ganz schön mit Einfachheit und Usability.
Sky Go
Von den privaten Free-TV-Sendern nun also zum Pay-TV. Bucht man kostenpflichtige Sky-Pakete, bekommt man gleich noch einen Zugang für die Sky Go-App dazu. Da Sky teuer genug ist, müsste man davon ausgehen, dass man auch eine Premium-App erhält. Leider weit gefehlt.
Zwar bietet Sky Go an Inhalten, was man eben erwartet: Streams und Mediathek, sortiert nach Genres. Aber an der Umsetzung mangelt es dann doch gewaltig. Nicht nur, dass die App unglaublich langsam ist. Sie stürzt auch alle Nase lang ab (meistens bei gut besuchten Livestreams wie dem der Bundesliga) und ist übersichtlich wie ein Kabelsalat.
Zumindest ist sie optisch ansprechend und für alle Displaygrößen optimiert. Werbung gibt es nur direkt vor den Videoinhalten, ansonsten wird man damit in Ruhe gelassen.
Fazit: Sky Go hat noch ordentlich Luft nach oben. Für einen Bezahlsender ist das aktuell definitiv zu wenig!
Amazon Instant Video, Netflix, Watchever
Besser als Sky Go macht es Amazon Instant Video, das Teil des Prime-Pakets ist. Die App ist fix geladen, läuft schnell und flüssig, ist vielleicht etwas zu bildlastig, was auf Kosten der Übersichtlichkeit geht und bietet ein ausführliches Menü zur treffsicheren Suche nach Inhalten an.
Allerdings kann man bei Amazon Instant Video noch lange nicht alle Inhalte kostenlos anschauen. Das geht nur mit solchen, die Teil des Prime-Pakets sind. Alle anderen Inhalte kauft man wie üblich über seinen Amazon-Account und kann sie dann anschauen, hier variieren die Kosten natürlich mit offenem Ende.
Trotzdem: Prime-Kuden bekommen eine moderne und übersichtliche App, die die kostenlosen Inhalte prominent platziert und gut sichtbar darstellt, was Geld kostet. Über eine Watchlist kann man Inhalte auch zum späteren Anschauen sichern. Die Komkurrenten Netflix und Watchever reihen sich hier ins positive Bild ein – wenngleich mir Netflix etwas besser gefällt.
Fazit: Amazon Instant Video ist eine angenehme Erweiterung des Prime-Pakets*. Das allerdings kostet nicht ganz billige 49 Euro pro Jahr (nach einem Testmonat). Es hapert vielleicht ein wenig an der Übersichtlichkeit, dafür ist die Usability top. Netflix macht das schon besser und Watchever liegt irgendwo dazwischen.
Zattoo
Zattoo ist weniger Mediathek- als Livestreaming-App. Allerdings führt man aktuell eine sogenannte Recall-Funktion ein, wie man sie bereits aus der Schweiz kennt. Damit können Nutzer Inhalte bis zu sieben Tage nach Ausstrahlung zeitversetzt anschauen. Bislang sind hier allerdings nur die Sender DMAX, joiz und TLC dabei – was noch reichlich wenig ist.
Ansonsten erfüllt die App natürlich ihren Zweck, sowohl in der kostenlosen als auch in der Premium-Variante. Letztere ist aber auch saftig teuer und schlägt mit 1,59 Euro pro Tag oder 99,99 Euro pro Jahr zu Buche. Dafür gibt es dann noch HD-Kanäle und die ProSiebenSat1-und RTL-Familien.
Wenn die Recall-Funktion noch ausgeweitet wird, könnte Zattoo also auch auf dem Markt der Mediatheken-Apps Fuß fassen und wäre auf Grund der vielen Sender eine Universallösung. Problematisch ist hier aber natürlich die Verfügbarkeit der Inhalte von nur sieben Tagen (was bei vielen öffentlich-rechtlichen Inhalten natürlich ähnlich ist).
Fazit: Zattoo bietet eine tolle App, die aber noch nicht als Mediathek taugt. Der Preis ist hingegen happig, wenn man die Premium-Vorteile nutzen möchte.
MySpass
Die Produktionsfirma Brainpool bietet über die kostenlose aber werbefinanzierte MySpass-App einige seiner Inhalte an, darunter etwa TV total, Stromberg, Pastewka und Co. So weit so gut, anonsten fragt man sich aber leider: Wer hat das denn verbrochen?
Die App ist technisch auf dem Stand von 2010, stürzt regelmäßig ab und ist unfassbar schlecht zu bedienen. Etwa wenn man aus einer einzelnen Sendung wieder raus möchte: Zurück zur Übersicht geht nicht, es wird direkt ins Menü geleitet. Da fasst man sich schon an den Kopf.
Ein anderer Punkt ist die denkbar schmale horizontale Menüleiste, über die man beispielsweise zwischen Staffeln wechseln kann. Die ist so schmal, dass man gerne mal einen Werbebanner anklickt – und dann raus in den Safari-Browser geschickt wird.
Fazit: MySpass ist langsam, unhandlich und hässlich. Die Inhalte sind dafür umso besser (wer liebt Stromberg und Pastewka nicht?). Wer also etwas Geduld mitbringt, kann hier durchaus Spannendes finden.
ZDF (ZDF neo, ZDF kultur, ZDF info, …)
Das ZDF hat strategisch vieles richtig gemacht in der Vergangenheit. Während die ARD für alles neue Apps baut und pusht, bündelt das ZDF alle Inhalte in einer App. Beispiel: Die Fußball-WM 2014 in Brasilien. Die ARD hat eine eigene WM-App beworben, das ZDF seine Haupt-App, in die alle WM-Inhalte eingebaut wurden. Das brachte ordentlich Nutzer, auch nach der WM noch. Das Erste hingegen hat bei seiner Haupt-App nicht nachhaltig profitiert.
Zudem werden die Sender ZDF neo und ZDF kultur sowie ZDF info, 3sat und Arte in der App per Livestream angeboten. Die aktuelle Nachrichtensendung kann sofort angeschaut werden, Inhalte werden übersichtlich und gut auffindbar dargestellt und es wird mit Second-Screen-Ideen experimentiert.
Leider ist die App nicht für größere Displays optimiert und hat noch ein weiteres, wirklich nerviges Manko: Schaut man ein Video im Querformat an und dreht das Display kurz, springt die App zurück zur Übersichtsseite und dreht nicht einfach das Video mit ins Hochformat. Klickt man die Sendung dann wieder an, fängt sie von vorne an und man beginnt mit dem auf Smartphones so nervigen Scrollen. Das ist zwar gut gemeint, aber schlecht umgesetzt.
Fazit: Die ZDF-App bündelt alle ZDF-Inhalte übersichtlich und klar, bietet eine moderne Optik und verpatzt sich den tollen Gesamteindruck leider mit dem Drehproblem.
Fazit: Von Medienhäusern erwartet man mehr
Unter den getesteten Apps sind viele tolle Perlen dabei. Die App des Bayerischen Rundfunks oder von Arte etwa, oder die 7TV-App. Bei den Bezahl-Inhalten konnte nur Amazon Instant Video überzeugen, Zattoo fehlt es dafür noch an Schlagkraft im Mediathek-Bereich. Schlecht schneiden hingegen die App-Flut der ARD sowie MySpass ab.
Am Ende muss man aber sagen, dass man von fast allen Medienhäusern mehr erwarten würde. Schließlich sind diese Unternehmen darauf fokussiert, Inhalte an Frau und Mann zu bringen. Wer dabei durchfällt, macht in seinem Job was falsch – und wer es in diesem Bereich drauf hat, macht ihn zumindest ein bisschen besser.
Wie seht ihr das? Worüber konsumiert ihr eure Lieblingsinhalte? Welche Apps könnt ihr empfehlen? Schreibt es mir gerne unten in den Kommentaren!
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