Ich kann mich noch gut erinnern: Vor ein paar Jahren war ein ferngesteuerter Helikopter von Toys-R-Us der letzte Schrei: Als kleines Kind war ich geradezu verrückt nach diesen Dingern, die zwar weder Kamera noch anderen Schnickschnack hatten, aber unheimlich viel Spaß versprachen. Nun haben wir allerdings 2015 und aus dem kleinen, süßen Helikopter wurden Drohnen und Quadrokopter, die mit Full-HD-Kameras, WiFi und GPS ausgestattet sind. Verrückte Zeiten, in denen wir leben.
Zur Zeit gibt es einige Alternativen auf dem Drohnen-Markt, doch eines der meist gelobten Modelle ist die DJI Phantom 2 Vision +. Grund genug für uns, sie einem ausführlichen Test zu unterziehen. Wie steil ist die Lernkurve? Wie gut sind die Filmaufnahmen? Gibt es bessere Alternativen? Auf all diese Fragen werdet ihr im Laufe des Testberichts Antworten finden.
Drohnen müssen nicht angsteinflößend sein
Als das Paket bei mir zuhause angekommen ist, habe ich mich erstmal gewundert, wieso es so klein ist. Ich weiß auch nicht so genau, was mich zu der Annahme verleitet hat, die Phantom 2 Vision + wäre größer. Vermutlich ist der Name „Drohne“ schon so durch das Militär und die Medien geprägt worden, dass man gleich ein „Monster“ erwartet. In Wirklichkeit ist die DJI Phantom aber eher süß und das genaue Gegenteil von angsteinflößend. Das ändert sich jedoch schlagartig, sobald sie in der Luft ist – aber dazu später mehr.
Im Lieferumfang enthalten sind neben der Drohne natürlich der Controller samt WiFi-Verstärker und Smartphone-Halterung sowie Auflagekabel, Anleitungen und Accessoires für das Zusammenbauen der Drohne. Letzteres habe ich allerdings gar nicht erst gebraucht. Die Phantom 2 Vision + schmückt sich mit dem Attribut „ready to fly“, und das zurecht: Bis auf die vier Propeller, die noch angebracht werden müssen, kommt sie in einem Stück und ist nach wenigen Schritten sofort einsatzbereit.
Noch eine letzte, sehr persönliche Anmerkung: Richtig beeindruckt war ich von dem Design der Verpackung. Ich weiß, viele interessieren „Unboxing-Videos“ nicht wirklich, aber das Verpackung-Design der DJI verdient Anerkennung. Abgesehen von den Apple-Boxen habe ich selten so eine cleane, aufgeräumte und trotzdem praktische Verpackung gesehen. Chapeau von einem Designliebhaber, DJI!
Schickes Design, ungünstige Farbe
Die DJI Phantom 2 Vision + ist bis auf einige rote Akzente komplett weiß. Was zunächst ziemlich schick aussieht, ist weniger von Vorteil, wenn man auf einer Wiese landet. Man sieht, ähnlich wie bei weißen Autos, jedes Dreckteilchen sofort. Ich war also nach dem ersten Testflug erstmal wieder damit beschäftigt, mein neues Schätzchen zu putzen. Obwohl ich die DJI immer als Drohne bezeichne, ist sie eigentlich ein sogenannter Quadrokopter. Die vier Propeller, zu denen übrigens jeweils ein Ersatzpropeller mitgeliefert werden, lassen sich schnell und einfach am Fluggerät anbringen. Mit der Hand in die richtige Richtung festdrehen, fertig.
Die gute Mischung macht´s
Grundsätzlich ist die Drohne wirklich gut verarbeitet: Einerseits stabil genug, so dass nichts klappert oder wackelt. Andererseits aber auch speziell am unteren Ende so strapazierfähig, dass sie bei einem Absturz nicht gleich in tausend Einzelteile zerfällt. Auch das Material der vier Propeller ist ideal gewählt: Bei unseren ersten Testflügen ist die Drohne mehrmals nicht ordnungsgemäß gelandet, sondern danach umgekippt. Das hat dazu geführt, dass sich die noch laufenden Propeller in den Boden gegraben haben. Weil die aber aus dehnbarem Material sind, sehen sie immer noch fast wie neu aus. Auf jeden Fall ein großer Vorteil für Anfänger, die noch keine erfahrenen Drohnen-Piloten sind.
„Schon wieder Akku leer?!“
Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten ist die Batterie bei der Phantom 2 Vision + wirklich gut umgesetzt: Sie ist in einem „Plastik-Block“ eingefertigt und lässt sich mit etwas Kraftaufwand aus der Halterung an der Drohne entfernen. Natürlich verbraucht das Fliegen sehr viel Strom, weshalb wir in unserem Test auch auf eine Flugzeit von etwa 25 Minuten kamen. Bei etwa 13 Prozent Akku landet die Drohne automatisch am Ausgangspunkt und lässt sich nicht mehr fliegen. Ein Abstürzen aufgrund von schwachem Akku ist also glücklicherweise ausgeschlossen. Wer allerdings längere Zeit mit der Phantom Vision Spaß haben will, der sollte sich unbedingt einen Ersatz-Akku zulegen. Mit 111 Euro ist der allerdings nicht gerade günstig.
Das Herzstück: Die Kamera
Ein ganz wichtiger Teil der Drohne ist die im Lieferumfang enthaltene Kamera. Sie kann 1080p Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufnehmen und Fotos mit bis zu 14 Megapixel schießen. Und ganz ehrlich: Ich habe deutlich mehr erwartet. Selbst bei perfekten Wetterbedingungen sind die Videos höchstens auf GoPro 2 Niveau. Bildrauschen ist an der Tagesordnung, Helligkeitsunterschiede werden nur unzureichend ausgeglichen. Kurzum: Mich als Hobbyfilmer hat die Kamera nicht überzeugt. Vielleicht noch wichtiger als die Kamera an sich ist die 3-Achsen-Gimbal, das Bildwackler und Luftstöße abfängt und so für ein unglaublich ruhiges Video mit nahezu keinem Ruckeln führt.
In der Theorie sollte das Gimbal die Kamera exakt parallel zum Boden ausrichten, doch bei dem von uns getesteten Exemplar funktionierte dies zunächst nicht richtig. Die Kamera stellte sich auch nach mehrfacher Kalibrierung immer wieder im 30-Grad-Winkel zum Untergrund ein. Das war zunächst sehr frustrierend und minderte auch die Qualität der Videoaufnahmen, weil der Horizont ständig „schief“ war. Nach längerer Recherche im Internet und verschiedenen Modellbau-Foren stellte sich heraus, dass das Problem nicht so leicht zu lösen ist. Einige Tipps, wie den FPV-Modus über die iPhone-App an- und wieder auszuschalten, blieben erfolglos.
Als einzige Alternative blieb die rabiate Option: Den Gimbal auseinanderzunehmen und somit den Garantieanspruch zu gefährden. Laut einem ausführlichen Youtube-Video sollte dies allerdings Abhilfe schaffen. Und glücklicherweise tat es das auch: Nachdem ich eine Blende entfernt habe, konnte ich die Kamera mechanisch neu ausrichten. Das dauerte zwar eine Stunde, weil die Abstufung wirklich fein ist und kleinste Grad-Abweichungen große Auswirkungen haben, aber es schien zu funktionieren.
Wie ich im Internet erfuhr, hat es sich beim falsch ausgerichteten Gimbal nicht um einen Einzelfall gehandelt: Auch andere Nutzer der DJI Vision + berichteten von ähnlichen Problemen. Bei einem „Spielzeug“, das mehr als 1000 Euro kostest, ist ein solcher Fehler eigentlich nicht zu entschuldigen. Ich war wirklich kurz davor, die Drohne zurückzuschicken und ein neues Exemplar von DJI zu fordern. Darauf hätte ich allerdings 3-4 Wochen warten müssen.
Erst Frust, dann Begeisterung
Endlich war das Problem (vorerst) gelöst, die erste Flugerfahrung konnte gesammelt werden. Vor dem ersten Flug muss man allerdings eine Reihe an Schritten durchführen. Nachdem man die App heruntergeladen und installiert hat, muss man natürlich Drohne, WiFi-Verstärker und Fernbedienung anschalten. Dann muss die Verbindung der Drohne mit dem Smartphone erfolgen.
„Es ist unglaublich, wie sich die Ausstrahlung der Drohne ändert, sobald sie in der Luft schwebt. Die DJI mag im ausgeschalteten Zustand vielleicht ganz „süß“ wirken, aber in der Luft ist sie wirklich beeindruckend.“
Ganz wichtig ist außerdem, dass man die Drohne vor jedem ersten Flug neu kalibriert. Einfach den S1-Hebel an der Fernbedienung 5-mal von der obersten zur untersten Stufe stellen und sich erst horizontal, dann vertikal mit der Drohne 360-Grad im Kreis drehen. Wenn dann die LED-Lichter an der Drohne dauerhaft grün leuchten, ist sie kalibriert, ausreichend Satelliten für das GPS wurden gefunden und der Flug kann beginnen.
Und wie er beginnt: Es ist unglaublich, wie sich die Ausstrahlung der Drohne ändert, sobald sie in der Luft schwebt. Die DJI mag im ausgeschalteten Zustand vielleicht ganz „süß“ wirken, aber in der Luft ist sie wirklich beeindruckend. Vor allem, wenn sie direkt auf einen zufliegt, bekommt man es fast mit der Angst zu tun. Immer wieder schauen belustigte Passanten zu, und schrecken selbst zurück, wenn man über deren Köpfe fliegt.
Aufpassen muss man etwa bei schnellen Wendemanövern: Dann kann es bei ungünstiger Kamera-Ausrichtung dazu kommen, dass Teile der Propeller oder der Drohne auf dem Bildausschnitt zu sehen sind. Die Videos, die ich mit der Drohne aufgenommen habe, sind allerdings bestenfalls durchschnittlich. Selbst mit 60fps im 720p-Modus werden schnelle Flugabschnitte nicht wirklich gut aufgezeichnet. Fotos hingegen sind relativ farbenfroh, verwackeln selten und überzeugen.
Die Qual der Wahl
Wenn man kurz vor einer Kaufentscheidung steht, stellt sich folgende Frage: Phantom 2 Vision + mit verbauter Kamera oder die günstigere Variante ohne HD-Kamera, stattdessen mit GoPro-Halterung. Bei diesem Punkt gibt es für beide Seiten legitime Argumente: Die verbaute HD-Kamera der Vision + kann sicherlich mit keiner GoPro der letzten Jahre mithalten, für jemanden der aber nur aus Spaß ein wenig aus der Luft filmen will, dürfte die Qualität ausreichen. Die GoPro 4 Black Edition ist allerdings auf einem ganz anderen Level, auch aufgrund der Fähigkeit, 1080p Videos mit 60fps und 720p-Videos mit 120fps aufnehmen zu können. Was man allerdings beachten muss: Zusätzlich zur GoPro muss auch definitiv ein Gimbal dazugekauft werden, wenn man sich für die 500 Euro Variante der Phantom entscheidet. Dann landet man allerdings schon wieder bei knapp 1000 Euro. Obwohl ich auch eine GoPro 4 Black herumliegen habe, entschied ich mich für die Variante mit verbauter Kamera.
Wie sich nach einigen Flugstunden herausstellen sollte, eine fatale Fehlentscheidung. Trotz zwischenzeitiger Reparatur des Gimbal justiert sich die Kamera nicht immer parallel zum Horizont aus. Oft sind Filmaufnahmen „schief“. Das mag in manchen Situationen kaum auffallen, doch gerade bei einem Flug in Richtung Horizont ist es sehr störend.
Ich weiß, möglicherweise hatte ich einfach mit meiner Lieferung Pech. Der Großteil der DJI-Gimbals funktioniert einwandfrei, dennoch bin ich nicht der einzige mit genau diesem Problem. Von einer Drohne, die inklusive Kamera über 1000 Euro kostet, erwarte ich einfach ein funktionierendes Gimbal sowie eine Kamera, die nicht nur bei Fotos, sondern auch bei Filmaufnahmen überzeugen kann.
Wenn jeder innerhalb von Minuten zum Pilot wird
Aber zunächst einmal wieder zu den positiven Punkten: Von der Steuerung der Phantom 2 Vision + war ich wirklich am meisten überrascht: Vor dem Kauf hatte ich noch bedenken, wie steil die Lernkurve wirklich ist. Doch schon nach einigen Minuten auf dem Feld konnte ich die Drohne sicher steuern und sogar schon in luftige Höhen bringen. Möglich macht das die relativ einfach gestaltete Fernbedienung: Der Controller hat lediglich zwei Steuerknüppel, die man in jeweils 4 Richtungen bewegen kann. Die sind aber wirklich sehr fein abgestimmt und reagieren schon bei der kleinsten Bewegung. Besonders hilfreich ist auch die GPS-Funktion der Drohne: Die lässt das Gerät nämlich einfach an einem Punkt in der Luft stehen, wenn man keinen Finger mehr rührt. Auch stärkere Böhen bis zu 40 km/h werden so locker abgefangen.
Durch diese Funktion ist es auch möglich, gleichzeitig die Ausrichtung der Kamera über die dazugehörige App „DJI Vision“ zu ändern. Dort lässt sich unter anderem auch eine Flugroute bestimmen, die abgeflogen werden soll. An der Fernbedienung gibt es extra eine Smartphone-Halterung, um das gleichzeitige Fliegen der Drohne und Steuern der Kamera möglich zu machen. Für wirklich gute Aufnahmen empfehlen wir aber, die Drohne mit zwei Personen zu bedienen: Einem Piloten und einem Kameramann.
Die App ist sowohl im Google Play Store als auch bei Apple erhältlich und verbindet das Smartphone über WiFi mit der DJI. Die Reichweite wird nochmals durch einen WLAN-Verstärker verbessert, der an der Fernbedienung angebracht ist. Diesen muss man gesondert aufladen und einschalten.
[appbox appstore 669439159] [appbox googleplay com.dji.vision&hl=de]Im Nachhinein ist man immer klüger
Es macht einfach unheimlich viel Spaß, die Phantom 2 Vision + zu fliegen. Die Lernkurve ist steil, man lernt schnell und kann schon nach einigen Flugstunden sicher mit der Drohne umgehen. „Ready to fly“ ist wirklich sinnvoll für Anfänger, und die DJI setzt das gut um. Die Kamera geizt allerdings nicht nur bei den Spezifikationen (keine 60fps in 1080p!), sondern auch beim Resultat der Aufnahmen.
Die DJI Phantom 2 kann ich grundsätzlich weiterempfehlen, jedoch nur die Variante ohne verbaute Kamera. Für Hobbyflieger, für die Filmen vor allem Nebensache ist, könnte die Kamera – insofern das Gimbal funktioniert – zufriedenstellen. Die Abstimmung zwischen Fernsteuerung, Kamera und Smartphone-App funktioniert einwandfrei und es gibt keine großen Hürden bei der ersten Inbetriebnahme. Bei einer externen GoPro kann man zwar nur mit weiterem, teurem Zubehör einen Live-Feed der Kamera anzeigen lassen, aber dafür sind professionellere Filmaufnahmen möglich. Der Grund: Es werden nun zwei Personen zum Benutzen der Drohne benötigt. Während der Pilot die Drohne steuert, ist der Kameramann ausschließlich für die Ausrichtung der GoPro verantwortlich. Außerdem erhält man gewohnte GoPro-Qualität und kann mit sehr vielem Frames die Sekunde aufnehmen, was zu einem ruhigen Video führt.
Leider musste ich sowohl mit dem Gimbal als auch mit der verbauten Kamera schlechte Erfahrungen machen, weshalb ich mich definitiv nicht nochmal für die Vision + entscheiden würde.
Die Sache mit dem Preis…
Günstig ist die DJI Phantom 2 Vision + mit 1159 Euro nicht. Das Preis/Leistungsverhältnis ist alles andere als gut, nicht zuletzt aufgrund der schlechten Kamera. Die Parrot Drohnen sind zwar etwas günstiger, lassen sich dafür aber nur mit dem iPhone steuern und überzeugen kameratechnisch ebenso wenig. Hätte ich die Wahl, meine Vision + gegen eine Phantom 2 inklusive externem GoPro-Gimbal einzutauschen, würde ich definitiv nicht Nein sagen.
Am Ende kann man aber über den Preis nicht objektiv urteilen: Eine Drohne ist und bleibt ein Spielzeug für das Kind im Mann. Es gibt keine objektiven Gründe, weshalb ich eine Drohne bräuchte. Ich fliege sie nur ein, zwei Mal im Monat. Und zum professionellen Drohnen-Piloten hat es auch noch nicht gereicht. Trotzdem freue ich mich jedes Mal wie ein kleines Kind, wenn es wieder heißt „Tower, we are ready for take-off!“