Egal, ob Smartphone oder Waschmaschine – moderne Technikprodukte haben eines gemeinsam: Sie sind hochkomplex, geben gerne kurz nach der Garantiezeit den Geist auf und sind schwer zu reparieren. Was die Industrie freut (und von ihr teilweise forciert wird), ärgert den Verbraucher und ist schädlich für die Umwelt. Das muss so nicht sein. Hilfe zur Selbsthilfe ist gefordert.
Die junge Webseite kaputt.de will bei defekten Geräten mit Rat und Tat zur Seite stehen, ob und wie man seine Geräte wieder in Schwung bekommt. Ich habe mich mit einem der Gründer, Moritz Zyrewitz, über das Projekt unterhalten.
„Reparieren lohnt sich wieder“ ist euer Slogan. Ich denke, das werden einige anzweifeln. Denn oft ist die Reparatur eines gebrauchten Smartphones fast genauso teuer, wie sich ein topaktuelles Gerät mit Vertrag zu holen. Warum sollte man dann eure Dienste in Anspruch nehmen?
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Wir bauen darauf, dass wir durch unsere Plattform langfristig zum nachhaltigen Umgang mit Elektrogeräten anstacheln. Ähnlich wie man früher noch am eigenen Auto schrauben konnte, so würden wir uns wünschen, dass eine junge tech-affine Generation heranwächst, die Stolz darauf ist, ihr Smartphone wieder selbst zu reparieren.
Wie du auf unserem Blog siehst, gibt es genug Leute, die sich das nicht einfach gefallen lassen möchten. Wir setzen auf Nutzer, die grundsätzlich etwas langfristiger denken und nicht unbedingt Interesse an einem Vertrag haben.
Und dann gibt es die, die im Vertrag stecken, die Reparatur aber nicht durch ihre Versicherung abgedeckt ist. Ich glaube, dass ist letztlich wie beim Fahrrad. Es gibt Leute, die lassen reparieren, andere sitzen am Wochenende gerne im Hof und reparieren, weil es ihnen Spaß macht.
Als kürzlich Samsung ankündigte, bei seinem S6 auf einen fest verbauten Akku zu setzen, haben bei euch sicherlich die Sektkorken geknallt, oder?
Auch wenn dies aus betriebswirtschaftlicher Sicht für kaputt.de und die Handyreparateure dort draußen von Vorteil ist, finden wir es doch bedenklich, dass sich mehr und mehr Firmen gegen Kundenfreundlichkeit und gegen Nachhaltigkeit entscheiden.
Wie du in deinem Blogartikel ja erwähnst, wird es dennoch möglich sein, den Akku zu tauschen.
Fest verklebte Komponenten, Spezialschrauben, Platinen und diverse andere Hindernisse: Können heutzutage überhaupt noch alle elektronische Geräte repariert werden?
Leider ist ein Großteil der günstigen Geräte tatsächlich schwer zu reparieren. Früher waren das vielleicht nur die Geräte der Discounter, heute verkaufen aber auch die Markenhersteller „Ramsch“.
Jedoch glauben wir, dass es auch in Zukunft weiterhin Geräte geben wird, die repariert werden müssen. Manchmal lohnt es sich finanziell, manchmal kommt eine emotionale Komponente hinzu und manchmal mag es der Impuls gegen das Einfach-Wegwerfen-Und-Neukaufen sein, der zur Reparatur führt.
Klar, wenn sich die Reparatur wirklich nicht mehr lohnt, wollen wir auf keinen Fall dogmatisch dagegen argumentieren.
Ich denke mal, die Industrie ist von eurer Idee „not amused“. Gab es aus dieser Richtung schon Gegenwind?
Wir sind noch zu klein, um wirklich Probleme zu bekommen. Gleichzeitig finden wir deshalb solche Initiativen wie z.B. „Murks Nein Danke“ gut, die das Problem thematisieren.
Wir hoffen, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft mit einigen Herstellern zusammen arbeiten können, die sich erhoffen, durch wartbare bzw. reparierbare Produkte aus der Masse der Wettbewerber heraus zu stechen.
Auf eurer Seite prangen extrem viele Logos von Programmen und Unterstützern. Waren so viele nötig, um eure Idee umzusetzen?
Da wir uns seit gut einem Jahr in Vollzeit mit kaputt.de beschäftigen, haben wir einfach versucht möglichst viele Unterstützer auf dem Weg zu finden. Oftmals sind die Programme Mentorenprogramme oder Wettbewerbe gewesen, an denen wir erfolgreich teilgenommen haben.
Das Exist-Gründungsstipendium (verantwortlich für die ganze letzte untere Reihe der Logos) ermöglicht uns in Ruhe ohne zuviel finanziellen Druck an einer sinnvollen konzeptuellen Ausarbeitung zu feilen.
Seht ihr euch als Start-Up oder eher als „ganz normale“ Web-Neugründung?
Ich verstehe den Unterschied nicht ganz. Ich bewundere persönlich jeden, vom kleinen Reparateur über den Döner-Buden-Besitzer bis hin zur kleinen Anwaltskanzlei, der sich selbstständig macht. In Investorenkreisen gehört zu Start-Up immer ganz klar der Zusatz „Scaling“, der bedeutet, dass man mit einem kleinem Team und technologischen Synergien extrem rasch wachsen kann.
Wenn unsere Plattform funktioniert und von den Nutzern angenommen wird, wäre es natürlich ein „Leichtes“ deutschlandweit Reparateure zu listen. Das hieße dann an wenigen Stellschrauben zu drehen und groß auf Vertrieb zu setzen. Wir wollen dahin kommen, aber gleichzeitig ohne zu schnell zu wachsen – gut Ding will Weile haben 🙂
Eine Webseite und Community wie eure benötigt ja ein gewisses Wachstum, um rentabel zu sein. Trotzdem wollt ihr nicht zu schnell groß werden. Wie könnt ihr dann den erforderlichen Cashflow und die finanziellen Erwartungen der Investoren erfüllen?
Momentan habe wir keine Investoren. Das kann sich natürlich schnell andern. Ich möchte im Einklang mit meiner Umwelt und meinem Team leben. Investoren werden wichtig, aber ein ausgebranntes Team, dass sich nicht kennt, weil es zu schnell wächst, bringt langfristig auch den Investoren nichts.
Welche Probleme hattet ihr, um eure Idee umzusetzen?
Letztlich muss man sich selbst motivieren und durchbeißen. Wir kommen alle von der Uni und sind an viele Fragestellungen zu verkopft rangegangen.
Was meinst du mit „verkopft“ genau?
Es gibt die Idee vom MVP (Minimum Viable Product). Generell würde ich in Zukunft viel schneller Nutzertests machen. Wir haben sogar schon ein Forum programmiert, was aber bis heute keiner braucht. Also minimieren und fragen, was aus Nutzersicht am wertvollsten ist.
Was sind eure nächsten großen Herausforderungen?
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob unsere Vision von den Nutzern geteilt wird. Wir setzen darauf eine starke Community aufzubauen. Wir wünschen uns, dass diese aus Laien, Bastlern und Profis besteht.
Nur gemeinsam macht eine Plattform dieser Größe Sinn. Das muss man sich dann so wie Yelp vorstellen, nur mit dem Zusatz, dass der Koch des bewerteten Restaurants dann aktiv mit den Gästen über Kochkünste diskutiert und seine besten Rezepte zum Nachkochen online stellt.
Wie wollt ihr nächster Zukunft auf euch aufmerksam machen? Werdet ihr nun beispielsweise massiv in SEM und Facebook-Ads investieren? Oder habt ihr andere, eventuell kreative Wege der Vermarktung angedacht?
Wir kommen um SEO nicht drum herum. SEM wird testweise genutzt, ist aber teuer.
Wir bauen auf die Marke kaputt.de und das Zusammenspiel aus DIY, Reparatur Cafés, Profis und den einfachen Nutzern. Das ist aufwendig und wird spannendes Guerilla Marketing erfordern und fleißig PR, aber das macht mehr Spaß, als von Google abhängig zu sein.
Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurem Vorhaben! Vielen Dank für das Interview.