„Lastwagen beendet Überholmanöver nach 16 Jahren“, schrieb das Satiremagazin „Der Postillon“ einmal spöttisch. Fest steht: Die sogenannten Elefantenrennen unter LKW sind bei Autofahrern besonders unbeliebt. Gerade dann, wenn die Autobahn nur vierspurig ist, also pro Richtung zwei Fahrstreifen hat, wird es eng. Überholt ein LKW dann einen anderen, ist zähflüssiger Verkehr dahinter vorprogrammiert. Mit allen Folgen.
Als Autofahrer ist es natürlich immer leicht, sich über schwere und langsame LKW aufzuregen. Doch tut man sicher gut daran, sich einmal in die Situation der Fahrer zu versetzen, die oft unter massiven Zeitdruck stehen, weil sie ihre tonnenschwere Ladung rechtzeitig zum Ziel transportieren müssen. Wenn man dann noch bedenkt, dass andere Trucks ihnen wertvolle Minuten und auf die Dauer sogar Stunden stehlen, erscheint ein solcher Überholvorgang natürlich in völlig anderem Licht.
Dass selbst das Passieren eines anderen LKW an strenge Vorgaben gekoppelt ist, macht ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm klar, wonach ein LKW-Überholmanöver nur noch 45 Sekunden dauern darf. Im Beschluss heißt es hierzu zunächst:
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Es gilt (…) eine sowohl für LKW- als auch für Pkw-Fahrer zumutbare und für Verkehrsüberwachungsmaßnahmen praktikable Lösung zu finden.
Nur dann, wenn „der Verkehrsfluss durch einen LKW-Überholvorgang unangemessen behindert wird“, komme eine Ahndung nach § 5 Abs. 2 S. 2 StVO in Betracht. Dies sei beispielsweise dann nicht der Fall, wenn sich ein solcher Vorgang zu verkehrsarmer Zeit auf einer dreispurigen Autobahn abspielt, und der schnellere Pkw-Verkehr ohne weiteres auf die dritte (äußere linke) Spur ausweichen kann. Gleiches kann für eine ansonsten leere zweispurige Autobahn gelten.
Ahndungswürdig, wie es heißt, ist ein Überholen von/durch LKW (sog. „Elefantenrennen“) jedoch dann, wenn ein solcher Vorgang wegen zu geringer Differenzgeschwindigkeit eine unangemessene Zeitspanne in Anspruch nimmt und der schnellere Pkw-Verkehr „nicht nur kurzfristig behindert wird“.
Weiter heißt es:
Als Faustregel für einen noch regelkonformen Überholvorgang geht der Senat von einer Dauer von maximal 45 Sekunden aus.
Unter Berücksichtigung der Länge eines zu überholenden Fahrzeugs von knapp 25 Metern und den vor und nach dem Überholen vorgeschriebenen Sicherheitsabständen von jeweils 50 Metern entspräche dies einer Geschwindigkeit von 80 km/h für das überholende und einer solchen von 70 km/h für das zu überholende Fahrzeug, heißt es im Beschluss.
Der Senat sei sich allerdings bewusst, „dass mit dieser Faustregel den unterschiedlichen Interessen der Verkehrsteilnehmer und der Vielzahl denkbarer Verkehrssituationen (z. B. Überholen mehrerer LKW durch mehrere LKW) nicht immer hinreichend Rechnung getragen werden kann“. So sei es nach der gesetzlichen Regelung schlicht nicht möglich, jegliche Behinderung des schnelleren Verkehrs durch LKW-Überholvorgänge auszuschließen.
Trotzdem: Überholvorgänge auf zweispurigen Autobahnen, die bei einer Dauer von mehr als 45 Sekunden bzw. einer Differenzgeschwindigkeit von unter 10 km/h zu einer deutlichen Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer führen, unterliegen nach dieser Vorschrift einer bußgeldrechtlichen Ahndung.
Für LKW-Fahrer heißt das alles eigentlich nur eines: mehr Stress bei der Arbeit. Dass auch andere Verkehrsteilnehmer diese Belastung zu spüren bekommen, darf da nicht weiter wundern.